Testspiel Nummer 9 von 10. Wieder mal im Leipziger Umland. In Sandersdorf. Und auch wenn die sachsen-anhaltinische Industrieregion Bitterfeld-Wolfen, zu dessen Dunstkreis Sandersdorf gehört, sicherlich einen deutlichen Hang in Richtung Halle hat, wie man auch an großen Teilen des Ex-HFC-Spielerkaders sehen kann, ist doch nicht zu verhehlen, dass dies zu dem Revier gehört, in dem RB Leipzig zuschauertechnisch kurz- bis mittelfristig wildern will/ wird. Bzw. auch schon wildert, wie man ausgerechnet am Sandersdorfer Kapitän Michael Stelzl, der von der Union-Website als eifriger Besucher der Red Bull Arena geoutet wird, sehen kann. Und dass Sandersdorf auch fußballerisch eine Schlagseite gen Leipzig hat, dafür stehen die Namen Kansy, Gröbel und Gugna und nicht zuletzt der des Trainers Rainer Lisiewicz, der aufgrund seiner sehr erfolgreichen Arbeit bei Lok Leipzig wohl auf ziemlich ewig einen kleinen Platz in der Leipziger Fußballhistorie inne hat.
Sandersdorf also, in Meuselwitz-Entfernung, nur nicht im Süden, sondern im Norden. Nichtsdestotrotz eine Entfernung, die von einigen RB-Fans offenbar als geringfügig wahrgenommen wurde, sodass auch mit reichlich Gastunterstützung beachtliche 1.000 Zuschauer den Weg zum vorletzten Test von RB Leipzig gefunden hatten. Inwieweit dabei die Tatsache eine Rolle spielte, dass das letzte Testspiel gegen einen wenig attraktiven Testgegner (tschechischer Drittligist) am Samstag schon wieder in Grimma ausgetragen wird und manch einem wenig reiseverlockend erscheint, bleibt Spekulation.
Nun, ich kann das hier alles so locker leicht herunter plaudern, weil das Testspiel selbst wenig aufregendes zu bieten hatte, wenn man nicht gerade aus Sechstliga-Gastgebersicht stolz über einen eigenen Treffer und letztlich nur vier Gegentore ist. Aus Gäste-Sicht gehörte der Auftritt eher zu den schlechteren Auftritten der Vorbereitung. Was ich persönlich recht gut verstehen kann, denn dieses testgespiele zieht sich jetzt schon eine ganze Weile und so richtig viel motivierende Gegnerschaft war nicht unbedingt dabei. Weswegen man mittwochs 18.30 Uhr bei einem Testkick gegen einen Sechstligisten vermutlich nicht den allerletzten Schritt geht.
Am spannendsten an der Partie sicherlich die Startaufstellung von RB Leipzig, die im Gegensatz zur allgemeinen Erwartung nun wirklich nichts mit der möglichen Startelf am 12.08. im ersten Pflichtspiel gegen Union Berlin zu tun hatte. Vielmehr hatte man das Gefühl, dass dies die Chance für die aktuell zweite Garde war, Argumente zu liefern, warum man sie zur ersten 11 hinzufügen sollte. Zumindest vermute ich dieses Motiv für die Herren Bellot (der aber wohl chancenlos bleibt), Sebastian, Hoffmann, Schinke, Röttger, Ernst, Schulz, Wallner und Kammlott (einer von beiden wird wohl gegen Union in der Startelf stehen und beide lieferten gegen Sandersdorf Argumente für sich). Christian Müller auf rechts spielte wohl, weil er nach Verletzung ein bisschen zusätzliche Spielpraxis gebrauchen kann. Und Thiago Rockenbach ist entweder auch in Testspielen unverzichtbar oder steht auch auf dem Prüfstand. Schwer zu glauben eigentlich, zweiteres.
Der einzige, auch nachhaltig relevante Fingerzeig für die nahe Kaderzukunft war dummerweise ein bitterer Moment. Nämlich der, in der sich der Wieder-mal-Torschütze Tom Nattermann nach einem Zweikampf offenbar die Schulter auskugelte und sofort auf den Weg Richtung Krankenhaus geschickt wurde. Was bitter für ihn ist, der in der Vorbereitung gezeigt hat, dass er eine flexibel einsetzbare Offensivoption ist. Und was auch bedeutet, dass RB Leipzig aktuell im Kader nur noch vier U23-Spieler zu stehen hat. Also jene vier, die man zu jedem Spiel im Kader haben muss. Gut für Kammlott, Schinke, Koronkiewicz und Bellot, die somit alle einen Platz zumindest auf der Bank sicher haben. Schlecht für Nattermann und die Auswahlmöglichkeiten des Trainers. Ob Zorniger nun von seiner Aussage abweicht, dass man mögliche Engpässe bei der Erfüllung der U23-Kaderregel durch Zugriff auf Spieler aus der zweiten Mannschaft oder von den A-Junioren lösen wird, wird sich wohl erst dann zeigen, wenn man weiß, wie lange Nattermann ausfällt.
19 Feldspieler hat RB Leipzig nach der Verletzung von Natermann und dem langfristigen Ausfall von Kocin noch im Kader. 16 dürfen neben den Keepern im Kader stehen. Bleiben drei, die schon mal einen Blick auf gute Tribünenplätze werfen müssen. Es dürfte auf Sebastian oder Hoffmann und Schulz oder Ernst oder Karikari und einen der drei Stürmer Kutschke, Wallner, Kammlott oder Heidinger hinauslaufen. Diese Saison wird Entscheidungen bereit halten, die für einige Spieler ziemlich bitter schmecken werden. Bleibt zu hoffen, dass Zorniger all seinen Jungs das Gefühl vermitteln kann, dass sie auch mit wenig Einsatzzeit zur Mannschaft 100% dazugehören.
Fazit: Ein unaufgeregter Testspielzwischenstopp in Sandersdorf. Der mit einem 4:1 erfolgreich, aber wenig euphorisch endete. Was aber auch nicht sonderlich schlimm ist. Das letzte Testspiel am Samstag, 13.30 Uhr in Grimma bringt den tschechischen Drittligisten FK Arsenal Česká Lípa als Gegner. Also den nächsten Gegner, der maximal über deutsches Fünftliganiveau verfügt (gegen sehr viel Klasse hat man im Laufe der Vorbereitung nicht getestet, Großaspach war der einzige ernsthafte Gegner). Und gegen den dann wohl so ziemlich die endgültige Startformation für das erste Pflichtspiel zu sehen sein wird. Man darf gespannt sein, ob da irgend eine Überraschung aus dem Hut gezaubert wird.
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Tore: 0:1 Wallner (4.), 0:2 Wallner (30./FE), 0:3 Kammlott (40.), 0:4 Nattermann (61.), 1:4 Gugna (68.)
Aufstellung 1. Halbzeit: Bellot – Müller, Sebastian, Hoffmann, Schinke – Röttger, Ernst, Schulz, Rockenbach – Kammlott, Wallner
Aufstellung 2. Halbzeit: Coltorti – Müller, Hoheneder, Franke, Schinke – Röttger, Ernst, Schulz, Rockenbach – Kutschke, Frahn
Aufstellung ab 60. Minute: Coltorti – Koronkiewicz, Hoheneder, Franke, Judt – Heidinger, Kaiser, Karikari, Nattermann – Kutschke, Frahn
Zuschauer: etwa 1.000
Links: RBL-Bericht [broken Link], Union-Spielbericht [broken Link]
Für mich ist Bellot als Torhüter kein Ersatz. Was seine Abwürfe und Abschläge anbetrifft ist er treffgenauer als Coltorti. Darauf kommt es meiner Meinung nach besonders an, wenn der auf dem Rückweg befindliche, noch nicht geordnete Angreifer erfolgreich bespielt werden soll. Gerade bei ansonsten defensiv spielenden Gegnern müssen solche Situationen konsequent genutzt werden.
Auch auf der Linie war er in Chemnitz und auch gestern top , bei zugegeben wenigen Prüfungen.
Ich glaub nicht, dass Zorniger auch nur answatzweise zögert. Zu sehr hat er sich schon lobend in Coltorti verbissen, als dass er ihn wird fallen lassen. Aber vermutlich ist sowieso Perry Bräutigam der einzige, der das Leistungsvermögen der Keeper halbwegs realistisch einschätzen kann, weil er der einzige ist, der sie in der Vorbereitung an der Leistungsgrenze gesehen hat. Im Training..