Dominik Kaiser (gestern offiziell [broken Link] als Neuzugang verkündet): Die LVZ brachte heute den “Hallo Herr Kaiser”-Klassiker. Sein Spitzname in Hoffenheim lautete Franz. Stanislawski wird von der LVZ zugeschrieben, dass er einmal der Meinung war, dass aus Kaiser in Hoffenheim ein König werden könne. Und ich ließ mich gestern bei Twitter dazu hinreißen, den Leipziger Kronkaiser auszurufen. Also leicht hat es der Mathematik (!) studierende (!!) Neuzugang bei RB Leipzig Dominik Kaiser ob seines Namens ganz sicher nicht. Zumal es vermutlich noch unzählige mehr oder minder kreative Variationen des Namensspiels gibt.
Dominik Kaiser also, 23 Jahre alt, defensiver Mittelfeldspieler. Eine absolut folgerichtige Verpflichtung, nachdem vor zwei Tagen gleich drei Sechser das RB-Zeitliche segnen mussten. Dominik Kaiser kommt von der TSG Hoffenheim, wo er unter Trainer Markus Babbel keine realistischen Chancen mehr hatte, sich im Bundesliga-Team durchzusetzen. Das sah am Anfang der vergangenen Saison noch anders aus, als er nach zwei Jahren bei der Hoffenheimer U23 in den Profikader aufrückte und dort unter Stanislawski relativ konstant spielen durfte und so insgesamt acht Spiele in Bundesliga und DFB-Pokal sammelte. Aber ab Ende Oktober rückte Kaiser ins zweite Glied und später auch wieder in die zweite Mannschaft. Was sich nach dem Trainerwechsel Anfang des Jahres hin zu Babbel nicht mehr positiv veränderte, sondern manifestierte. Und für die nächste Spielzeit sah Babbel offenbar in Kaiser keine wichtige Option beim ausgegebenen Kampf um die Plätze hinter Dortmund und Bayern.
Dominik Kaiser ist offenbar so etwas wie der absolute Wunschtransfer von Coach Alexander Zorniger. Schon bei Normannia Gmünd arbeiteten die beiden von 2007-2009 zusammen. Damals startete Dominik Kaiser als 18jähriger seine Männerkarriere und lief insgesamt 61 mal in der Oberliga Baden-Württemberg auf, bevor Ralf Rangnick in Hoffenheim auf ihn aufmerksam wurde. Im ersten Jahr spielte er dort dann dort 32 mal wieder in der Oberliga Baden-Württemberg und stieg mit Hoffenheim auf und hängte im Jahr darauf noch mal 22 Regionalligaspiele dran. Allerdings stand er zu dieser Zeit schon einige Male im Profikader und kam schließlich am letzten Spieltag 2010/2011 zu ersten Bundesliga-Einsatzminuten (allerdings schon unter Pezzaiuoli und nicht mehr unter Rangnick).
Sportbild-Journalist David Riedel hatte gestern via Twitter erzählt, dass Rangnick ihm zu Hoffenheimer Trainerzeiten “immer wieder von Kaiser vorgeschwärmt” habe. Das zusammen mit der Wertschätzung, die Kaiser durch Alexander Zorniger erfährt, ist schon ziemlich viel an Einigkeit, was einen Wunschtransfer angeht. Aus diesem Blickwinkel könnte die Personalie Kaiser auch der wichtigste Transfer dieses Sommers gewesen sein. Coach Zorniger jedenfalls lässt sich mit viel Vorschusslorbeeren zitieren: “Dominik ist genau der Spielertyp fürs Mittelfeld, den ich für unsere Philosophie brauche und dazu ein richtig guter Charakterspieler.” Das ist schon Lob auf sehr hohem Niveau. Davon ab steht Kaiser für aggressive Balleroberung (in diesem Zusammenhang wird von Zorniger der Begriff “Balljäger” geboren) und vor allem schnelle Verarbeitung. Also genau jene Qualitäten, die man bisher bei RB Leipzig tatsächlich vermisste, wie man sehr gut noch mal beim ersten Test gegen Grün-Weiß Piesteritz demonstriert bekam.
Insgesamt gibt man Dominik Kaiser einen ganz schönen Rucksack mit auf den Weg. Nämlich den, der Prototyp Spieler für das System Zornigers zu sein. Was natürlich sofort die Frage aufwirft, was wohl der Rest des Teams davon hält, dass nun ein Neuer kommt, der gleichzeitig in Fragen der Spielkultur als jemand aufgebaut wird, zu dem man aufschauen und von dem man vielleicht lernen soll. Fühlt sich aus der Außensicht zumindest komisch an.
Zudem wird auch in der Öffentlichkeit ein Erwartungsdruck aufgebaut, der nur schwerlich erfüllbar ist. Man hat ein bisschen das Gefühl, als dächte man im RasenBallsport-Teil von Leipzig, dass jetzt ein Überspieler kommt, der im Mittelfeld den Ball erjagt, dann einen genialen Pass spielt und zum Schluss per Fallrückzieher versenkt. Dabei sollte man eher einen ballerobernden und verarbeitenden Sechser und Teamplayer erwarten, der mit quasi mathematischer Methodik, unspektakulär, aber hochgradig präzise im Mittelfeld den Rhythmus bestimmt, ohne unbedingt an den ganz großen Szenen des Spiels direkt beteiligt zu sein. Kaiser ist ein Baustein, der für bestimmte zukunftsfähige sportliche Qualitätsmerkmale steht, aber er ist auch keine eierlegende Wollmilchsau. Ich hoffe, dass er in den nächsten Wochen nicht von den Erwartungen erschlagen wird und dass sich die euphorisierten Erwartungen bei der Erdung nicht in ihr leipzigtypisches extreme Gegenteil verkehren.
Die Verpflichtung von Dominik Kaiser ist eine schicke Geschichte. Erstens natürlich, weil dadurch ein hochklassiger Fußballer zu RB Leipzig kommt. Un zweitens natürlich auch, weil seine Anwesenheit ein weiterer Schritt auf dem Weg zum neuen Gesicht von Mannschaft und modernem spieltaktischen Auftreten ist. Schon morgen im Test gegen Teplice (in Grimma, 17 Uhr) werden die Augen ganz besonders auf ihn gerichtet sein. Was nachvollziehbar ist, aber man darf natürlich auch nicht vergessen, dass Kaiser dann gerade mal einen Tag in Leipzig gewesen sein wird, also auch noch am Ankommen ist.
Zumindest angemerkt sein soll auch, dass Kaiser kein U23-Spieler mehr ist, also nichts mit der Ankündigung Zornigers in diesem Alterssegment noch aktiv zu werden, um auch die Verbandsanforderungen (vier U23-Spieler am Spieltag im 18er-Kader) erfüllen zu können, zu tun hat. Ein Jahr jünger und Kaiser würde noch als U23 gelten, so aber nicht. Das heißt aber gleichzeitig, dass im alterstechnisch niedrigeren Bereich noch was passieren wird. Und jeder Transfer erhöht den Druck auf den aktuellen Kader und auf mögliche Kandidaten für den Abschied..
Fazit: Ein sehr schöner Neuzugang, wenn man es denn hinkriegt, die von mir so wahrgenommene, an Dominik Kaiser drangepappte Superheldenerwartung ein wenig auf Normalflamme runter zu kochen. Für Kaiser ist RB Leipzig nachdem er in Hoffenheim stagnierte, die Chance sich als Spieler im Alltag (und er dürfte wohl, wenn nichts ungewöhnliches passiert, gesetzt sein) zu beweisen (ob Viertligafußball der von Rangnick proklamierte nächste Karriereschritt ist, sei einmal dahingestellt). Ich vermute, dass die Personalien Rangnick und Zorniger und das damit verbundene Vertrauen Ausschlag gegeben haben dürften für die Vertragsunterschrift. Einerseits natürlich, weil dadurch ein starkes Interesse seitens RB Leipzig bestand. Andererseits, weil Kaiser mit Zorniger und Rangnick offenbar so gute Erfahrungen gemacht hat, dass er sogar nich der vierten Liga anfängt. Für vier Jahre soll Kaiser laut VZ unterschrieben haben. Wenn er wirklich so lange bleibt, muss es absolut überzeugend gewesen sein, was Dominik Kaiser auf den Rasen gezaubert hat.
Clemens Fandrich (Quelle: BILD von heute): Mit Clemens Fandrich, derzeit bei Energie Cottbus unter Vertrag und bisher vor allem in der zweiten Mannschaft aktiv, befindet sich seit heute ein weiterer interessanter Name auf der Gerüchteliste. Auch für ihn gilt wie für Dominik Kaiser, dass seine Karriere gerade ein wenig stagniert und er sich sicherlich überlegen muss, wie es weitergeht. Clemens Fandrich würde mit seinen 21 Jahren ins gesuchte Raster der U23-Spieler passen und kann im Mittelfeld so ziemlich alles spielen von ganz rechts bis nach ganz links (ich würde im Gegensatz zu transfermarkt.de sogar behaupten, dass Fandrich beidbeinig agiert). Aus meiner Sicht wäre er aufgrund seiner Technik und seiner körperlichen Statur – wenn er denn im im zentralen Mittelfeld aufgestellt würde – eher der kreative Achter als ausschließlich der balljagende Sechser.
Fandrichs Start bei den Profis begann traumhaft. Noch als 18jähriger A-Junior kam er 2009 bei seiner zweiten Einwechslung bei den Zweitliga-Männern von Energie Cottbus zu seinem ersten Tor. Was der Ausgleich kurz vor Schluss bei einem Auswärtsspiel in Aachen war. In den folgenden zwei Spielzeiten sammelte Fandrich von 2009 bis 2011 insgesamt 17 Zweitligaeinsätze und ein paar Regionalligaspiele. Der Beginn einer wunderbaren Karriere dachte er vermutlich auch selbst. Doch nachdem er die Rückrunde 2010/2011 verletzungsbedingt praktisch komplett verpasst hatte, kam er auch im folgenden Jahr, also in der abgelaufenen Spielzeit nicht mehr recht auf die Füße. 10 Kaderberufungen für die zweite Liga, gänzlich ohne Spielminute stehen zu Buche. Ergänzt wird die Statistik durch 13 Regionalligaspiele mit zwei Toren.
Witzigerweise trat Clemens Fandrich in keinem der vier möglichen Spiele gegen RB Leipzig in den letzten zwei Jahren an (mal verletzt, mal bei den Profis). Beobachten durfte ich ihn trotzdem mal, nämlich im Spiel von Energie gegen Holstein Kiel, das ich das Vergnügen hatte mir im Frühling anzuschauen. Um es mal so zu sagen: In einer schwachen Cottbuser Mannschaft schien mir Fandrich der einzige zu sein, der über Fähigkeiten verfügt, die ihn deutlich von seinem Umfeld abheben und ihn für höheres empfehlen. Technisch hochbegabt kreierte er als einziger auf Cottbuser Seite gefährliche Situationen durch kluge Pässe oder gekonnte Einzelaktionen und stichelte so gegen die sichere Kieler Defensive. Ich erinnere mich nicht mehr genau seiner Position, aber ich erinnere mich, dass er viel mit dem Rechtsaußen zusammen zu spielen versuchte. Müsste ich raten, dann würde ich behaupten, dass Fandrich defensiv ein Sechser und offensiv ein Achter mit Hang nach rechts war. Aber wie gesagt, Fandrich hat von rechts nach links und von der fünften bis zur zweiten Liga im Mittelfeld schon so ziemlich alles gespielt. Negativ in Erinnerung blieb mir die Tatsache, dass Fandrich bei weitem nicht bei 100% Fitness zu sein schien.
Ich finde das Gerücht Clemens Fandrich gut, weil es zeigt, dass RB Leipzig anfängt seine Scoutingerkenntnisse zu benutzen (oder sollte der Name, wenn er denn stimmt, tatsächlich von Zornigers oder Rangnicks Zettel kommen?). Auf Fandrich kann man eigentlich nur kommen, wenn man ihn mal spielen gesehen hat. Es wäre ein erster, richtiger Schritt, in der weiteren Region zu gucken, wo Talente mit höherklassigem Potenzial agieren. Fandrich wäre genau so einer. Ob er als Ur-Cottbuser mit dem zu meinen jugendlichen Fanzeiten aktiven, populären ehemaligen Energiespieler Holger Fandrich als Vater tatsächlich bereits mit 21 seinen Verein verlassen will, weiß ich nicht. Es wäre sicher keine ganz einfache Entscheidung. Zumal in Leipzig auch kein Stammplatz wartet. Andererseits würde ich vermuten, dass Fandrich jetzt beim Zweitliga-Coach Rudi Bommer nicht die allergrößten Chancen auf massig Einsätze hat. In Leipzig würde man vermutlich erklären, dass dies keine Frage der Qualität sei, sondern an unterschiedlichen Spielphilosophien läge. Von dieser Seite her machte ein Wechsel dann eventuell doch Sinn.
Fazit: Ich würde mich freuen, käme Clemens Fandrich. Nicht nur, weil es mir meine Cottbuser Fußballvergangenheit wieder näher bringen würde, sondern weil er ein talentierter Fußballer ist, dem man gerne beim Kicken zuguckt, der tatsächlich noch mal ein ganz anderer Typ zentraler Mittelfeldspieler wäre als alle anderen Anwesenden (Kaiser, Karikari, Schulz) und der sowieso auch auf den Außenbahnen agieren könnte. Da Fandrich aber noch bis 2013 in Cottbus Vertrag hat, dürften die Gespräche auch eher schwierig werden..