Bis gestern Mittag, nachdem das für morgen angesetzte Regionalligaspiel beim HSV II abgesagt wurde, hieß es, dass RB Leipzig am Wochenende kein Freundschaftsspiel bestreiten würde. Dann gab man bekannt, dass für Sonntag, also morgen 14 Uhr ein Test gegen Germania Schöneiche (5.Liga) angesetzt sei. Und in den freitäglichen Abendstunden machte das Gerücht die Runde [broken Link], dass RB kurzfristig für heute gar ein zweites Testspiel gegen Carl Zeiss Jena vereinbart habe.
Und so kam es dann tatsächlich auch. Am Cottaweg zu Gast war in herrlicher Wintersonne der abstiegsbedrohte Drittligist Carl Zeiss Jena. Als kurzfristig am Freitag vereinbartes Testspiel musste der Kick aber ohne Zuschauer stattfinden. Traurig, aber nachvollziehbar, da man bei einem offiziellen Freundschaftsspiel mit Zuschauern entsprechende Sicherheitsauflagen hätte erfüllen müssen, diese aber in der Kürze der Zeit und am Cottaweg nicht hätte erfüllen können. Sicherheitsauflagen, die aufgrund der Vorkommnisse beim ersten RB-Pflichtspiel überhaupt 2009 bei der zweiten Mannschaft von Carl Zeiss Jena auch nicht sehr locker gewesen wären. Die Wahl war also testen gegen einen Drittligisten ohne Zuschauer oder nicht testen auch ohne Zuschauer..
Dass man sich für ersteres entschieden hat, war natürlich im Hinblick auf die Rückrundenvorbereitung absolut nachvollziehbar. Zumal RB Leipzig mit den Jenensern einen hochklassigen und vor allem sehr gut organisierten Gegner an Land gezogen hatte. Da sieht man schon ein wenig die Handschrift eines Petrick Sanders, der dem Team ein ziemlich ansehnliches 4-2-3-1 verpasst hat, gegen das es RB Leipzig zumindest 45 Minuten lang sehr schwer fiel, Torchancen zu erarbeiten. Und auf der anderen Seite setzen die Gäste immer wieder kleine, gefährliche Nadelstiche, die sie höchsteffektiv in eine 2:0-Führung umwandelten. In der Anfangsphase konnte man tatsächlich ein wenig Angst um die RasenBallsportler bekommen, die im Defensivverbund nicht immer 100% sattelfest wirkten. Nimmt man eine weitere Großchance der Jenaer Gäste hinzu, hätte es auch leicht mal 3:1 zur Pause stehen können.
Auf der anderen Seite zeigte RB Leipzig schon in der ersten Hälfte in Ansätzen, was für einen hochklassigen Fußball sie spielen können, wenn sie denn den Ball mal laufen lassen und direkt spielen. Vor allem über das Duo auf der rechten Seite Müller/ Röttger liefen einige passable Versuche. Die beiden scheinen gerade richtig Bock auf Fußball und viel Freude an gelingenden Kombinationen zu haben.
Dazu kam ein Roman Wallner, der schon zeigen konnte, wie wertvoll er als Anspielstation und Ballsicherer im Pacultschen 4-4-2 ist. Kaum leichte Ballverluste, immer mit dem Blick für den Mitspieler und dazu noch mit gelegentlichen, gefährlichen Versuchen Richtung Tor. Wallner ist noch lange nicht zu 100% ins Spiel integriert und trotzdem schon fast ein unverzichtbarer Faktor. Ein Fest, wenn das alles mal zu 100% passen wird.
In der zweiten Halbzeit machten die RasenBallsportler da weiter, wo sie in der ersten Hälfte aufgehört hatten, während man auf Jenaer Seite in Sachen Pressing und Engagement etwas nachließ und später durch diverse Wechsel auch spielerisch ein wenig den Faden verlor. Die Folge war, dass RB Leipzig in den zweiten 45 Minuten eigentlich permanent am Drücker und überlegen war und sich aufgrunddessen den Sieg auch verdiente. Vor allem die beiden zentralen Mittelfeldspieler Ernst und Geißler kamen im Laufe der Partie immer besser zum Zuge und trugen ihren Teil zum Prestigeerfolg bei.
Da morgen ja Testspiel Nummer zwei ansteht, durften heute gegen Jena alle Spieler 90 Minuten durchspielen (und morgen wahrscheinlich verschnaufen). Dadurch kann man auch davon ausgehen, dass gegen Jena inetwa jene Mannschaft spielte, die in einer Woche gegen Wilhelmshaven auch auflaufen wird. Fragezeichen bleiben aus meiner Sicht weiterhin der nicht immer sichere Fabian Franke (den Niklas Hoheneder eventuell noch verdrängen könnte) und die beiden zentralen Spieler Ernst und Geißler, die gegen Jena aber nach Anlaufschwierigkeiten Argumente für sich sammeln konnten. Für Schulz und Lagerblom wird es jedenfalls nicht einfach, sich noch in die Mannschaft zu spielen.
Es war insgesamt eine recht runde Mannschaftsleistung mit vielen, vielen Lichtblicken, so zum Beispiel der Tatsache, dass auch Wisio und Rockenbach auf links bereits wesentlich besser harmonieren als noch vor einer Woche gegen Linz. Auch die Wichtigkeit von Wallner fürs Team hatte ich ja schon beschrieben. Auffällig in diesem Zusammenhang aber, dass Kapitän Daniel Frahn eher unauffällig blieb. Der geht zwar weite Wege und dem Ball entgegen und hilft so dem Spielfluss. Allerdings blieb er auf diese Art völlig blass als bälleversenkender Stoßstürmer. Einen Kopfball nach suboptimaler Flanke habe ich auf meinem Gedächtniszettel. Mir scheint da insgesamt die Abstimmung mit Sturmkollege Roman Wallner noch nicht perfekt. Auffällig auch, dass die beiden im Gegensatz zum Duo Frahn/ Kutschke kaum kommunikativ interagieren. Woraus – ohne das zu hoch hängen zu wollen – die paradoxe Situation entstehen könnte, dass Wallner dem Spiel von RB Leipzig gut tut, aber Daniel Frahn schwächt. Wird sicherlich spannend, wie sich das entwickelt.
Nimmt man das sich entwickelnde, spieltaktische Gesamtkomzept RB Leipzig als Maßstab und vergleicht die Spiele gegen Linz und gegen Jena miteinander, dann bleibt auffällig, dass sich innerhalb einer Woche das Zusammenspiel schon wesentlich verbessert hat, ohne natürlich perfekt zu sein. Insgesamt würde ich behaupten, dass die zusätzliche spielfreie Woche RB Leipzig mehr als gelegen kam. Hätte man schon an diesem Wochenende gegen defensiv gut organisierte und offensiv schnell konternde Hamburger spielen müssen, dann hätte leicht ein Punktverlust rausspringen können. So hat man spielerisch einen Schritt nach vorn machen dürfen und darf bis nächste Woche am nächsten Schritt arbeiten und spielt irgendwann ohne Eis und Schnee in Hamburg.
Fazit: Jena war sicherlich der namhafteste aller Testspielgegner und sportlich ein echter Prüfstein (auch weil sie schon wesentlich länger im Vorbereitungssaft stehen als RB). Bei Namen wie Simak, Hähnge oder Ramaj (um nur die offensive Dreierreihe zu nennen) schnalzt der eine oder andere Anhänger des Fußballsports sicher mit der Zunge. Schade, dass nur sehr wenige Zuschauer in den Genuss kamen, dem zumindest 60 Minuten lang beidseitig hochklassigen Treiben auf dem Rasen beizuwohnen. Letztlich war es über die gesamten 90 Minuten gesehen ein eher glücklicher Sieg von RB Leipzig im Duell zweier Mannschaften auf Augenhöhe. Dass diese Jenaer tatsächlich in der dritten Liga ein Abstiegskandidat sind, kann man gar nicht glauben, wenn man sie Fußball spielen sieht. Sei es drum, erst noch Germania Schöneiche und dann eine Woche Geduld bis sich die Tore der Red Bull Arena wieder für ein Pflichtspiel öffnen. Zeit wird es.
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Tore: 0:1 Boskovic (13.), 0:2 Hähnge (25.), 1:2 Geißler (35.), 2:2 Wallner (72.), 3:2 Rockenbach (75.)
Aufstellung: Borel – Müller, Hoffmann, Franke, Wisio – Röttger, Ernst, Geißler, Rockenbach – Wallner, Frahn
Zuschauer: 50
Links: FCCZ-Bericht [broken Link]
Sehe ich auch so, daß eine weitere Woche Vorbereitung angesichts des späten Dazustoßens der Neuzugänge optimal war.
Es scheint der Wettergott mag RBL. Bestes Wetter zur Freikartenaktion, bei den Topspielen gegen Kiel und Halle und nun die gelegen kommende Spielverschiebung. Und wer hätts gedacht – Wettervorhersage für Sonntag: geradezu tropische 5 Grad :)