VfL Wolfsburg II vs RasenBallsport Leipzig 1:0

Was für drei Tage. Am Freitag demontiert Red Bull seine sportliche Leitung für den Gesamtbereich Fußball Dietmar Beiersdorfer. Wegen Erfolglosigkeit? Weil er in Salzburg an Huub Stevens festhielt? Weil RasenBallsport Leipzig eine unterdurchschnittliche Saison spielt? Weswegen eigentlich? Beiersdorfer hat in Leipzig so ziemlich alles an Strukturen administrativ eingefädelt. Inklusive Trainer. Beiersdorfers Entlassung ist also auch für RasenBallsport Leipzig und seine Angestellten von höchst irritierendem Ausmaß (wie auch Thomas Linkes Äußerungen beim MDR zeigten).

Am Samstag trugen die Medien ihren Teil zu den Demontagetagen bei Red Bull bei und brachten via LVZ und österreichischem Kurier Peter Pacult (derzeit bei Rapid Wien tätig) als fast schon feststehenden Trainer bei RasenBallsport Leipzig ins Gespräch. Fast schien es als wäre es nur noch die Frage, wann er anfängt, nicht ob. Sicher allerdings, dass dies bei RasenBallsport Leipzig und vor allem beim aktuellen Coach Tomas Oral als Message angekommen ist.

Noch am selben Tag, also auch am Samstag ließ sich Red Bull Salzburg nicht lumpen und demontierte sich in der österreichischen Liga mit einem Heim-0:1 gegen den Tabellenletzten selbst. Und einen Tag später zog RasenBallsport Leipzig nach und verspielte auch die letzten vagen Aufstiegshoffnungen durch ein 0:1 beim derzeitigen Tabellenzweiten der Regionalliga Nord VfL Wolfsburg. Augenzeugen berichten von Freundschaftsspielatmosphäre.

Man hatte vor dem Spiel nicht den Eindruck als ginge es bei RasenBallsport derzeit noch groß um Fußball und nach dem Spiel auch nicht. So verkommt es tatsächlich zur Randnotiz, dass mit Kevin Scheidhauer ausgerechnet ein ehemaliger Spieler der Lok-Jugend RasenBallsport Leipzig abschießt. Also einer jener Spieler, von denen man bei RasenBallsport Leipzig träumt, dass man sie zukünftig in der eigenen Jugendabteilung ausbilden kann. Dann würden sie zumindest keine Gegentore mehr schießen. Wäre doch auch schon mal was.

Interessanteres Ergebnis des Wolfsburg-Ausflugs: das Spiel brachte RasenBallsport Leipzig das vierte (!) sieglose Auswärtsspiel in Serie. Für einen Verein mit großen Aufstiegsambitionen ist diese Zahl vor allem bei den beteiligten Gegnern (Magdeburg, Havelse, Wilhelmshaven, Wolfsburg II) ein vernichtendes, sportliches Zeugnis. Man kann nun diskutieren, was zuerst war. Die Auswärtsschwäche verknüpft mit spielerischer Armut und offensiver Harmlosigkeit oder die Selbstdemontage Marke Red Bull. Es dürfte wohl beides in diese Auswärtsniederlage hinein gespielt haben. Schade eigentlich, ich hatte ein wenig gehofft, die Mannschaft würde aufgrund der Ereignisse von oben ein wenig zusammenrücken und eine Trotzreaktion zeigen. Zur Stärkung des eigenen Egos.

Fast noch unglaublicher als die RasenBallsport-Auswärtsbilanz ist die Tatsache, dass sich der Chemnitzer FC offenbar tatsächlich noch aufmachen will, seinen exorbitanten Vorsprung von vor der Rückrunde noch zu vertändeln. Bis zur 88. Spielminute hatten die Chemnitzer 7 Punkte Vorsprung auf Lübeck und 8 auf Wolfsburg. Dann kassierten sie den Ausgleich gegen Hannover und Wolfsburg schoss seinen Siegtreffer. Und schon wurde nach nur 5 Punkten aus den letzten 4 Spielen aus einem beruhigenden Vorsprung  ein fast schon spannendes Aufstiegsrennen. 4 Punkte Vorsprung auf Wolfsburg, 5 auf Lübeck. Wer vor Rückrundenbeginn prophezeit hätte, dass das Aufstriegsrennen noch mal spannend wird UND dass dies reineweg gar nichts mit RasenBallsport Leipzig zu tun haben wird, dem hätte man wohl guten Gewissens einen Vogel gezeigt. Und spätestens jetzt den Finger verschämt in der Hosentasche verschwinden lassen.

Angesichts der Tatsache, dass auf Chemnitz am Ende der Saison mit RB Leipzig und vor allem Wolfsburg die sportlichen Kracher noch warten, sollten dort die Alarmlampen schon mal angehen. Bei hoffentlich sportlich ruhiger Hand. Ich persönlich – da bin ich ganz ehrlich – habe keinen Bock auf noch ein Jahr Chemnitz als Konkurrenz in der Regionalliga und wünsche ihnen schon deshalb den Aufstieg. Aber auch, weil bei Nichtaufstieg zu befürchten ist, dass die Mannschaft auseinanderbrechen könnte.

Sowieso, die nächste Regionalliga-Saison wird nicht einfacher als die aktuelle. Halle wird im neuen Stadion eine ganz andere Nummer als in dieser Saison werden. Holstein Kiel, die in dieser Saison den Auswärts-Ostschreck spielten und in Chemnitz, Leipzig, und Halle bei 10:1 Toren optimale 9 Punkte holten, habe ich fürs neue Jahr ganz stark auf der Rechnung. Magdeburg und diverse Zweitteams sollte man nie abschreiben. Und in Liga 3 steht für Carl Zeiss Jena, vor allem Werder Bremen und eventuell Babelsberg 03 der Abstieg und damit die Konkurrenz zu RasenBallsport Leipzig immer noch auf der aktuellen Agenda.

Schöne Aussichten, für die man sich ein wenig mehr an sportlicher Ruhe und gewissenhaftem Arbeiten wünscht, als es unter den derzeitigen Bedingungen des Wegfalls des obersten Fußball-Chefs bei Red Bull, Dietmar Beiersdorfer und den daraus eventuell resultierenden strategischen Änderungen, die dann auch RasenBallsport Leipzig treffen würden, möglich scheint. Bedenkt man dazu noch, dass Lok und FC Sachsen Leipzig immer stärker in den Abstiegsstrudel rutschen (in Liga 5!), darf man sich in Fußballleipzig derzeit gerne im falschen Film finden. Obwohl, eigentlich ist es wie immer in Leipzig. Skandale, Skandälchen, viel ausgegebenes Geld, wenig sportliche Konstanz und genausowenig sportlicher Erfolg. Und da sage noch einer, RasenBallsport Leipzig wäre kein ganz normaler Leipziger Verein. Nur froh darf man damit derzeit nicht unbedingt sein.

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Tore: 1:0 Scheidhauer (90.)

Aufstellung: Neuhaus – Albert, Kläsener, Franke, Müller – Rosin (68. Kutschke), Laas (87. Baier) – Kammlott (76. Ismaili), Rockenbach, Schinke – Frahn

Zuschauer: 263

Links: RBL-Bericht [broken Link], RBL-Liveticker [broken Link], RB-Fans-Bericht [broken Link], MDR-Bericht [broken Link], VfL-Bericht [broken Link]

7 Gedanken zu „VfL Wolfsburg II vs RasenBallsport Leipzig 1:0“

  1. Hm, und wenn Du uns jetzt noch mitteilst, nach dem Lesen Deines Blogs, warum Du es nicht verstehst warum Beiersdorfer geht/gehen muß/gehen wird – 12 Punkte Vorsprung vom CFC, jetzt wird es zum Dreikampf und wer ist NICHT dabei? Und das bei den Voraussetzungen?!
    Oder anders gefragt: Was würde kommende Saison alles besser wenn Dietmar bliebe?

  2. Mit dem Zusatz “(…) via LVZ und österreichischem Kurier (…)” hat sich das Thema Pacult meiner Meinung nach erledigt. Mal sehen, wann die LVZ den Namen René Müller in den Ring wirft …

  3. @Kojote: Zwar nicht die LVZ, aber die BILD ist Deiner Aufforderung heute gefolgt. Müller habe seinen laufenden Vertrag bei Nürnberg II aufgelöst und sei nun frei für einen neuen Job..

  4. Und nun endgültig auch noch Holger Stanislawski. Dazu wird Dirk Heyne von BILD derzeit für eine Trainerentlassung beim FC Sachsen warmgeschossen. Und Achim Steffens steht nachdem Marcel Rozgonyi bei Lok so etwas wie Sportdirektor geworden ist, ohne Jobperspektive da. Steffens sprach irgendwann mal davon, dass der einzige Fehler, den Red Bull in Leipzig beim Einstieg gemacht habe, der gewesen wäre, dass man ihn nicht verpflichtet habe. Na dann..

    Alles nur mit Augenzwinkern zu verstehen. Auch ohne Smileys.

  5. Und weiter das Karussell anschiebend: Petrick Sander setzt seinen Koblenzer Arbeitgeber öffentlich derart unter Druck, dass man denken könnte, dass er ein wenig darum bettelt, dass sein Vertrag nicht verlängert wird.

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