Für ein, zwei Tage fühlte sich das ja hier in diesem Blog fast schon wie Bundesliga an, nun geht es aber wieder weiter mit der geliebten Regionalliga Nord. Und auf die Meinung von gestern folgen heute wieder mal die zumindest für RB Leipzig harten Fakten. Nicht an den Leser denken inklusive.
Ich hatte mich in meinem kurzen Einwurf zum Havelse-Spiel ja darüber mokiert, dass Tom Geißler erst eine Minute vor Schluss in das Spiel geworfen wurde, eine Maßnahme, die mir arg sinnlos vorkam, weil sie dem Spieler keine Spielpraxis zukommen lässt und auf das Spiel keinen Einfluss haben kann. Ach doch, gewöhnlich wechselt man in der 89.Minute aus, um das Spiel über die Runden zu kriegen. Hmm, da es für RB Leipzig aber beim Tabellenvorletzten 0:0 stand, scheidet die Option wohl eher aus. Obwohl, sicher bin ich mir da natürlich auch nicht..
Wie auch immer, da ich an der einen oder anderen Stelle (wo hab ich vergessen) las, dass Tomas Oral vorgeworfen wird, zu spät zu wechseln, werfen wir heute mal einen Blick auf die Auswechslungen und vor allem deren Einfluss auf das Spiel. Als Vergleichsbasis für die Daten von RB Leipzig halten die beiden Top-Teams Chemnitzer FC und VfB Lübeck her. Zuerst einmal natürlich die Frage, wie oft gewechselt wurde und wie lange die Wechselspieler auf dem Platz standen. RB Leipzig wechselte demnach in 23 Spielen 67 mal (nur gegen Chemnitz ließ man 2 Optionen verstreichen), wobei die 67 Einwechsler insgesamt 1246 Minuten auf dem Platz standen:
- RB Leipzig: 67 Wechsel – 1246 Minuten – 23 Spiele
- VfB Lübeck: 62 Wechsel – 1150 Minuten – 22 Spiele
- Chemnitzer FC: 60 Wechsel – 1159 Minuten – 22 Spiele
Insgesamt heißt das, dass beim Chemnitzer FC die Einwechselspieler am längsten auf dem Platz standen, wobei die Differenzen nicht wirklich riesig sind. Das heißt auch, dass Tomas Oral seinen Einwechselspielern nicht weniger Einsatzzeit schenkt als seine Trainerkollegen, was zumindest diesen Mythos zerstört:
- Chemnitzer FC: 19,3 Minuten pro Wechselspieler
- RB Leipzig: 18,6 Minuten pro Wechselspieler
- VfB Lübeck: 16,9 Minuten pro Wechselspieler
Noch interessanter folgende Statistiken, die zeigen, dass die Einwechselspieler des Chemnitzer FC am effektivsten sind. Aufgelistet wird, wie viele Scorerpunkte (also Vorlagen und Tore) die Einwechselspieler erzielten. Chemnitz beispielsweise hat 11 Scorerpunkte erzielt. Setzt man das in Beziehung zu den 1159 Minuten, die die Einwechselspieler auf dem Platz standen, kommt man darauf, dass die Einwechsler pro Scorerpunkt 105 Minuten brauchten. Desaströs dieses Verhältnis bei RB Leipzig und auch beim VfB Lübeck. Die Leipziger Einwechsler bilden das Schlusslicht der kleinen Tabelle und brauchten doppelt so lange für jeden Scorerpunkt wie die Chemnitzer :
- Chemnitzer FC: 11 Scorerpunkte, 105 Minuten pro Scorerpunkt
- VfB Lübeck: 7 Scorerpunkte, 193 Minuten pro Scorerpunkt
- RB Leipzig: 6 Scorerpunkte, 208 Minuten pro Scorerpunkt
Was insgesamt dazu führte, dass der Chemnitzer FC durch Einwechseltore und Torvorlagen 10 zusätzliche Punkte einheimste, während dies bei RB Leipzig und beim VfB Lübeck nur 6 bzw. 5 waren. Dafür, dass man eigentlich immer annahm, dass die Bank von RB Leipzig ein positiver Faktor für die Regionalliga-Saison sein könnte, sind diese Zahlen deprimierend. Doch es geht noch schlimmer, wenn man sich nur Spiele anguckt, in denen es bei Einwechslung Unentschieden stand oder der jeweilige Verein zurücklag, man also in einer Situation steckte, in der noch zusätzliche Punkte zu holen waren. Der Chemnitzer FC hatte erwartungsgemäß die wenigsten dieser engen Spiele zu bestreiten, trotzdem heimsten deren Einwechselspieler die meisten Scorerpunkte ein:
- Chemnitzer FC: 9 Spiele, 7 Scorerpunkte
- VfB Lübeck: 11 Spiele, 4 Scorerpunkte
- RB Leipzig: 14 Spiele, 2 Scorerpunkte
Wenn man hier noch einmal die Scorerpunkte zur Anzahl der Spielminuten, die Einwechsler in diesen engen Spielen hatten, in Beziehung setzt, dann wird die Statistik zur Ohrfeige. Sechs mal so viel Zeit wie der Chemnitzer FC brauchten RB Leipzigs Einwechselspieler für einen Scorerpunkt:
- Chemnitzer FC: 71 Minuten pro Scorerpunkt
- VfB Lübeck: 168 Minuten pro Scorerpunkt
- RB Leipzig: 426 Minuten pro Scorerpunkt
Nur mal zum Vergleich dieselben Statistiken für Spiele, in denen gewechselt wurde, wenn das eigene Team in Führung lag. Statisktiken, die belegen, dass RB Leipzigs Einwechselspieler durchaus scoren können, dummerweise vor allem dann, wenn man für die Galerie spielt:
- RB Leipzig: 9 Spiele, 4 Scorerpunkte, 99 Minuten pro Scorerpunkt
- VfB Lübeck: 11 Spiele, 3 Scorerpunkte, 126 Minuten pro Scorerpunkt
- Chemnitzer FC: 13 Spiele, 4 Scorerpunkte,166 Minuten pro Scorerpunkt
An Tagen wo das Spiel bei RB Leipzig funktioniert, ist somit alles eitel Sonnenschein. Da kommen gar Spieler von der Bank und netzen Bälle ein. Läuft es nicht, bricht das ganze System oft einfach weg, wie man am schmerzlichsten gegen Kiel erfahren durfte. Dass von der Bank bei RB Leipzig, wenn es drauf ankommt nichts/ nada/ nothing kommt, ist ein Armutszeugnis für einen in seiner Qualität breit aufgestellten Kader, aber auch für die sportliche Leitung, die es offenbar nicht schafft, mit Einwechslungen Akzente zu setzen. Vielleicht interpretiere ich das zu hoch, aber die Angst vor dem Versagen prägt viel mehr das Handeln bei RB Leipzig, als die Lust auf das Spiel, die Lust auf den Sieg in der letzten Minute, die Lust darauf, das entscheidende Rädchen zu sein, einen Grottenkick wie in Havelse noch zu einem Erfolg zu machen. Was zudem schwierig ist, wenn man erst in Minute 89 aufs Feld kommt..
Fazit: der breite Kader von RB Leipzig ist nicht nur kein Faktor, er ist im Vergleich mit den schmalen Bänken in Chemnitz und Lübeck in Bezug auf die Einwechslereffektivität sogar wesentlich schlechter. Wer das vor der Saison prognostiziert hätte, wäre vermutlich ausgelacht worden. Erstaunliche Saison.
Schöne (Beängstigende) Statistik :-)
Aber klasse das du dir für solche Analysen Zeit nimmst…
Kannst du diese dem RB Trainerstab zukommen lassen?
Grüße und weiter so….
Hoffi
Ich lass mich doch nicht durch Verbindungen zum aktuellen und in der Kritik stehenden Trainerteam verbrennen. ;-)