Eintracht Braunschweig II vs. RasenBallsport Leipzig 0:0

Wenn man es positiv wenden will, dann könnte man sagen, dass man beim bisherigen Tabellenführer einen Punkt erkämpft hat. Ähm ja, schlechter Versuch. Oder, dass RB Leipzig immer noch unbesiegt ist. Auch nicht besser. Oder, dass es nach grottigen 30 Minuten zwar nicht gut, aber immerhin besser wurde. Auch nicht wirklich überzeugend.

Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr an meine letzte Auswärtstour erinnern und vermutlich wird der Ausflug nach Braunschweig auch einer meiner letzten in dieser Saison gewesen sein. Was absolut nicht an der Leistung der Mannschaft liegt, sondern vornehmlich am persönlichen Zeitbudget. Zumal es gar nicht mal unschick war in Braunschweig, eigentlich eine Stadt, die ich in vorigen außerfußballerischen Besuchen vorsichtig gesagt nicht gerade liebgewonnen hatte. Aber freundliche Polizisten und eine familiäre Atmosphäre beim Ordner- und Gastrodienst machten den Aufenthalt durchaus zu einem netten. Wobei die familiäre Atmosphäre der Braunschweiger auch gut zur familiären Atmosphäre des Gästeblocks passte, in dem sich handgeschätzte 50 RasenBallsport-Anhänger versammelten und versuchten den Heimfans etwas entgegen zu setzen, was mal besser mal schlechter gelang. Zumal die Braunschweiger von 1600 gelegentlich begeisterten Zuschauern unterstützt wurden, die damit auch die im Stadion platzierte Aufforderung Red Bull zu boykottieren, einfach ignorierten. Womit sie sich wesentlich angenehmer und sportlicher benahmen als jene Deppen, die in der Nacht zuvor den Bus der RasenBallsportler beschmierten.

An der Bus-Attacke wird das mittelprächtige Spiel der RasenBallsportler jedenfalls nicht gelegen haben. Vielmehr wurde deutlich, dass die Mannschaft das Oralsche 4-4-2 noch nicht ausfüllen kann. Gedacht als ein System, das den Gegner unter Druck setzt und zu Fehlern zwingt, wird es zum Bumerang, wenn jegliche Passsicherheit und jegliches Tempo im Spiel fehlen. Viele Ballverluste im Mittelfeld führen zwangsläufig zu ungünstigen Defensivsituationen, die wiederum häufig zu Fouls und Standards führten, bei denen die Hintermannschaft von RB Leipzig nie sicher wirkte.

Die Hauptbaustelle des Bullen-Spiels ist aber das Mittelfeld. Timo Rost wird in diesem Leben vermutlich niemand mehr, der die 6er-Position als Ballverteiler und Spieleröffner ausfüllt. Dafür ist er aber auch gar nicht der richtige Spielertyp, sodass neben ihm jemand mit Ballsicherheit auflaufen sollte. Wenn dort dann aber Benjamin Baier steht, der einen komplett gebrauchten Tag erwischt, gedanklich immer einen Schritt zu langsam ist und körperlich zumindest in diesem Spiel den Anforderungen nicht gewachsen scheint, dann liegt das komplette zentrale Mittelfeld als Herz eines möglicherweise druckvollen Spiels brach, was kaum zu kompensieren ist. Zumal, wenn dazu die zwei Außenpärchen Ismaili/ Lewerenz und Müller/ Geißler auch noch nicht 100% aufeinander abgestimmt sind. Dann wird aus dem geplanten, druckvollen Offensivspiel ein Gekicke, bei dem (fast) alles Stückwerk bleibt.

Und so bestand das Spiel der RasenBallsportler vornehmlich darin sich in der Viererkette den Ball hin und her zu schieben, um ihn dann irgendwie Richtung Stürmer zu chippen und zu hoffen, dass man den Ball behaupten und nachrücken kann. Das ging komplett daneben und wurde als Stilmittel erst ansatzweise sinnvoll als Stefan Kutschke kurz vor Schluss eingewechselt als köpfelnder Ballverteiler im Sturmzentrum agierte. Dass man mit dieser Spielweise aber die taktische Spielanlage komplett ad absurdum führt, liegt auf der Hand. Und so wundert es nicht, dass RasenBallsport Leipzig nur sehr wenige Chancen generieren konnte. Ein Lattentreffer von Lewerenz, eine gute Schusschance von Frommer, eine gute Szene von Kammlott, das war es schon fast, was man von den offensiven Bullen berichten kann. Auf der Gegenseite wurde es da bei diversen Standards und Torschüssen wesentlich gefährlicher und niemand hätte sich über eine Niederlage beschweren dürfen (auch wenn das 0:0 sicher das richtige Ergebnis zum Spiel ist).

Man sollte auf keinen Fall das Knie über Mannschaft und Taktik brechen. Man sieht schon jetzt in Ansätzen, was möglich wird, wenn die Taktik dem Team in Fleisch und Blut übergegangen ist. Nur wird es vermutlich noch ein paar Spiele brauchen, bis die Laufwege stimmen und somit Passsicherheit und Tempo ins Spiel kommen. Wenn man den großen Vergleich wagen will, dann könnte man darauf hinweisen, dass die Bayern im letzten Jahr nach drei Spielen lediglich 2 Punkte auf dem Konto hatten, weil sie sich erst in ihr neues System hinein finden mussten. Am Ende kam eine gar nicht mal so schlechte Saison heraus. Wenn man bei RasenBallsport im kleineren Rahmen ähnliche Erfolge feiern will, wird man aber aufhören müssen, so in die Spiele zu gehen, als hätte man 90 Minuten Zeit zum gewinnen. Man muss eher mit dem Gefühl auflaufen, dass jede der 90 Minuten eine spielentscheidende ist..

Randbemerkung 1: Dass sich die Wechselspieler schon nach 15 Minuten warm laufen, scheint keine Ausnahme des Türkiyemspor-Spiels gewesen zu sein, sondern ist offenbar ein Spleen des Trainers Oral, den er auch in Braunschweig pflegte.

Randbemerkung 2: Daniel Frahn, der in der Halbzeitpause diverse Bälle aus 20m in den Winkel zauberte, 90 Minuten auf der Bank, der immer agile Kammlott früh vom Feld. Stärker werden die Spieler, auf die man vor der Saison verstärkt setzte (wenn man das Zahlen von Ablösesummen als Indiz in diese Richtung nehmen möchte) auch nicht. Und ganz klar gesagt: an den Stürmern liegt es nicht, dass die bisherige Torquote bei 0,5 Treffern pro Partie liegt.

Lichtblicke:

  • Patrick Bick: kam in der 67.Minute für Benjamin Baier ins zentrale Mittelfeld und fiel schon deswegen auf, weil er den Abwehrspielern entgegen ging und den Ball forderte, sodass diese den Ball nicht mangels Anspielstation automatisch dem Gegner in die Beine spielen mussten. Da das Spiel aber besonders gegen Ende des Spiels fast ausschließlich dem Motto hoch und weit gehorchte, blieb auch Bicks Versuchen der Erfolg verwehrt. Trotzdem ist das Doppel Rost/ Bick meiner Meinung nach eine gute Option für die Mittelfeldzentrale.

Schattenblicke:

  • Benjamin Baier: wie schon geschrieben komplett neben den Schuhen, fiel in einem Team, das sich noch nicht gefunden hat, auch individuell ab.

Links: RBL-Bericht [broken Link], Braunschweig-Bericht [broken Link], MDR-Bericht [broken Link]

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