Grün-weiße (Nicht-)Fusionen

Man steckt ja nicht drin, von daher sollte man sich auch mit Bewertungen zurück halten, aber die derzeitige Situation zwischen den beiden grün-weißen Vereinen BSG und FC Sachsen ist zumindest skurril. Da bietet die eine Seite – die BSG – an, bedingungslos beizutreten, wenn die andere Seite – der FC Sachsen – sich dazu entschließt, den Namen der BSG anzunehmen. Darauf reagiert die Mitgliederversammlung der anderen Seite mit dem Angebot in ergebnisoffene Verhandlungen zu treten. Ähm, um es mit Jens Fuge zu sagen: „Mir fällt nichts ein, über was man (…) noch verhandeln soll.“ [broken Link]

Eigentlich liegen die Karten also auf dem Tisch und vermutlich scheitert alles an den (vorsichtig ausgedrückt) Animositäten, zwischen Diablos und restlicher Fankultur bzw. zwischen BSG-‘Verrätern’ und FC-Sachsen-Getreuen. Das ist tatsächlich kleingeistig bei einem Verein, der immer noch unter der Knute des Insolvenzverwalters steht und dessen nahe Zukunft keinesfalls gesichert ist. Das einzige gute Argument gegen die Fusion unter der Bedingung des Namenswechsels, das ich bisher gehört habe, ist der Wunsch, den FC Sachsen als Marke zu erhalten, da mit dieser Marke eine mittelfristige Orientierung nach oben leichter wäre, als unter dem nostalgischen Titel BSG. Das ist sicher richtig (schließlich funktioniert der Name Sachsen Leipzig analog zu Bayern München) und bedenkenswert. Ob man aber unter den derzeitigen Gegebenheiten überhaupt so etwas wie eine mittelfristige Zukunft hat und es nicht wichtiger wäre, die ganz kurzfristigen Möglichkeiten auszunutzen, wäre die sich daran anschließende Frage.

Wie auch immer diese Geschichte ausgeht, das grün-weiße Fanlager erscheint zerstritten wie lange nicht und dass von einer Fusion ein positives Signal ausgehen könnte, glaubt vermutlich auch niemand mehr. Was insgesamt schräg ist, weil das einzige (aber dafür mächtige) Kapital der alten Leipziger Vereine in der aktuellen Situation mit Konkurrent RasenBallsport Leipzig tatsächlich ihre Anhängerschaft und ihre Mitglieder sind. Genau die sollten sich doch eigentlich zusammenraufen und ihre Vereine tragen und fördern, wo immer dies möglich ist und sich nicht in selbstzerstörerischen Befindlichkeiten üben. Nur so hätten Lok und Chemie/ FC Sachsen eine Zukunft neben der Finanzkraft und sportlichen Kompetenz von Red Bull.

3 Gedanken zu „Grün-weiße (Nicht-)Fusionen“

  1. Verfahrene Situation. Es gibt Regionen in Deutschland, wo einstige Bundesligavereine im Niemandsland rumdümpeln. 1. FC Saarbrücken, Eintracht Braunschweig, Rot-Weiß Essen, Unterhaching, Uerdingen etc., Hansa Rostock, Dynamo Dresden. 1860 München etc..

    Die Leipziger Situation ist sehr kompliziert. Lokomotive Leipzig hatte einst das Zentralstadion (das alte mit dem riesigen Fassungsvermögen von offiziell 100.000 Zuschauern) gut gefüllt, begeisternde Europacup Spiele geliefert. CF Barcelona oder der SSC Neapel mit Diego Maradona liefen dort auf. 1987 reichte es bis ins Finale, nur ein gewisser Marco van Basten von Ajax Amsterdam bezwang Weltklassekeeper Rene Müller.

    Chemie Leipzig wurde in der DDR Sensationsmeister, konnte sich jedoch nie dauerhaft in der Oberliga etablieren. Der Fahrstuhlcharakter, ähnlich wie bei Energie Cottbus, Hansa Rostock oder Union Berlin blieb. Andere BSG Mannschaften wie Sachsenring Zwickau waren da stabiler.

    Ja, es gab politische Einflußnahmen. Natürlich gab es im damaligen Bezirk Leipzig ein Ungleichgewicht. Sicherlich nie so krass wie beim Berliner Duell zwischen dem BFC Dynamo mit all seinen Nationalspielern, geschmeidigen Schiedsrichterpfiffen, der offensichtlichen Unterstützung eines ungeliebten Ministeriums und Union Berlin, dem Underdog. Dabei amüsieren mich gelegentlich gezogene Vergleiche zwischen St. Pauli und Union. Das ist Äpfel mit Birnen mischen.

    Aber sei es drum. Vergangenheit. Nach der Wende ist es ja keinem DDR Verein gelungen sich dauerhaft in der 1. oder 2. Bundesliga positiv mit gesunden Finanzen und attraktiven sportlichen Leistungen festzusetzten und nachhaltige Perspektiven aufzuzeigen. 1993 stieg der damalige VfB Leipzig im Zentralstadion im Spiel gegen Mainz auf. Ich war live dabei mit zahlreichen Schulkumpels von früher und ich glaube die Zuschauerzahl betrug so ca. 38.000 Zuschauer. Erstes Bundesligaspiel im Zentralstadion war dann die Partie gegen Dynamo Dresden. Lang, Lang ist es her.

    Eine Region kommt auch ohne Bundesligafußball zurecht. Übrigens gibt es ja Aushängeschilder in Leipzig. Was die Frauen vom HCL leisten. Respekt. Riesen Arbeit vom Manager Hähner. Solide Sponsorenarbeit, nachhaltige Medienarbeit, professioneller Umgang intern und extern, Magnetwirkung für Spielerinnen, Zuschauer werden gehegt und gepflegt. Es geht also.

    Die unendliche Geschichte im Leipziger Fußball hat nun seit einem Jahr die Komponente Red Bull mit RB Leipzig bekommen. Die Geschichte lehrt das einstige ungeliebte Mannschaften wie die Werkself aus Leverkusen oder die Mannschaft aus der Autostadt oder der Kraichgauer Fußballverein mit der Finanzspritze von SAP-Gründer Dietmar Hopp mit Vorurteilen, Ablehnung und Anfeindungen leben müssen. Speziell sogenannte Traditionsvereine mokieren sich öfters über die Emporkömmlinge.

    Leverkusen hat über Jahre mit den Publikumsliebling Völler oder der Anfass-Manager-Figur Calmund und aufopferungsvoll spielenden Akteuren wie Kirsten ganz gut die Kurve bekommen. Das Lied – Erfolg macht sexy – haben sie in der Wolfsburger Autostadt voriges Jahr mit der Meisterschaft auch ganz gut angestimmt. Hoffenheim kämpft noch um so ein dauerhaftes Erfolgsjahr. Die Anzahl der mitreisenden Fans zu Auswärtsspielen speziell bei Wolfsburg und Hoffenheim ist nachwievor sehr gering. Das zeigt auch den steinigen Weg für Red Bull in der Perspektive auf. Dabei sind sie auf einem guten Weg. Sportliche Kompetenz geht einher mit solider Planung und finanzieller Red Bull Power. Es werden keine Sprüche geklopft, Provokantes Auftreten wird vermieden. Das sieht insgesamt alles sehr vielversprechend aus.

    Mein Bauchgefühl sagt mir: In der Perspektive können Lok und der FC Sachsen sich nur um den zweiten Platz hinter RB Leipzig streiten.

  2. Dass der HCL eine Riesenarbeit leistet sehe ich genauso. Vor allem, dass der Verein tatsächlich auch ein Zuschauermagnet ist, ist unglaublich. 6000 Zuschauer beim zweiten Finalspiel gegen Leverkusen sind für eine – mal ganz direkt ausgedrückt – Randsportart (wenn man mediales Erscheinen mal als Ausdruck für den Stellenwert nimmt) sehr, sehr viel. Man wird aber sehen müssen, wie sie sich gegen die künftige Konkurrenz der RBL-Fußballer und vor allem der DHfK-Handballer (die mit Kretzschmar als Aushängeschild in die Bundesliga wollen) behaupten werden.

    Und zu Lok und FC Sachsen: Ich meinte auch nicht, dass die Clubs sportliche Konkurrenten von RasenBallsport sind. Konkurrenz bezieht sich eher darauf, dass RB Leipzig natürlich ein bestimmtes Interessensfeld besetzt und zwar nicht auf die selben Sponsoren schielt wie Lok und FC Sachsen, aber die letzteren vermutlich trotzdem erhebliche Schwierigkeiten haben werden, neue/ zusätzliche Gelder zu aquirieren. Konkurrenz bezieht sich also eher darauf, dass alle drei Vereine den Mannschaftssport Fußball betreiben und sich so auch ein wenig im Weg stehen. Andererseits sind natürlich durchaus Synergieeffekte gerade bei der Jugendarbeit denkbar. Ich wollte nur darauf hinaus, dass Lok und FC Sachsen in der aktuellen Situation des im zweiten Glied stehens ganz besonders von ihren aktiven Mitgliedern abhängig sind. Neben dem Streit um die sportliche Nummer Zwei geht es also vor allem auch um die Konsolidierung der Vereine, um finanziell-vernünftiges Arbeiten und um kreative Unterstützung durch Fans und Mitglieder.

  3. Richtig. Die Konsolidierung der Vereine Sachsen Leipzig und Lok mit entsprechender seriöser Arbeit im finanziellen Bereich ist für beide ein schwieriger und steiniger Weg. Gerade im Sponsoring ist sicherlich die letzten Jahre viel Porzellan kaputt gegangen. Die Wirtschaft will aus meiner erfahrung heraus immer auch seriöse und verlässliche Ansprechpartner. Wo dies gewährleistet ist, wie beim HCL oder in Bamberg bei den Basketballern von Brose Basket (Etat um die 6 Millionen bei einer Einwohnerzahl von 70,000) sind auch entsprechende Sponsorengelder langfristig und nachhaltig zu akquirieren.

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