Viertes Testspiel der Vorbereitung. Diesmal unter dem Label Emirates Cup. Klingt schön und man kann am Ende einen Titel gewinnen, aber so richtig relevant ist es eigentlich nicht. Es sind und bleiben Testspiele, deren Ergebnisse nicht die ganz große Wichtigkeit haben. Aber im Sinne auch der Vorbereitung auf europäische Aufgaben sicherlich absolut sinnvoll mal in einem großen internationalen Stadion wie dem von Arsenal gegen Gegner mit ordentlicher internationaler Qualität zu spielen.
Mit dem FC Sevilla hatte RB Leipzig im ersten Spiel des Mini-Turniers den Vierten Spaniens aus der Vorsaison als Gegner. Zwischen 2006 und 2016 gewann der Verein insgesamt fünfmal die Europa League, zwischen 2014 und 2016 gar dreimal in Folge. Das ist ein Team mit sehr hoher Qualität und davon stand auch praktisch alles, was man hat, auf dem Platz.
Überraschend bei RB Leipzig die Besetzung der Mannschaft. Ralph Hasenhüttl hatte vor dem Turnier erklärt, dass er die Teams so aufstellen wird, dass gegen Sevilla und Benifca gleichstarke Besetzungen auflaufen. Und dann war es gegen Sevilla dann doch so etwas wie die (angesichts der Ausfälle von Werner und Demme) aktuelle A-Elf, die auflief, sodass gegen Benfica am heutigen Sonntag eine (nominell) deutlich schwächere Mannschaft auf dem Platz stehen wird.
Nicht so überraschend, aber doch ein wenig erstaunlich, dass man die RB-Elf (bis auf Klostermann, der von seiner Auswechslung zehn Minuten vor dem Ende wenig begeistert schien) die kompletten 90 Minuten durchspielen ließ. Direkt nach dem Trainingslager eine ganz ordentliche Belastungseinheit (wobei das Spiel nicht gerade durchgängig ein Hochgeschwindigkeitskick war). Und damit verbunden auch, dass man gegen Sevilla und Benfica zusammen nur zwei Formationen testen kann. Vier Formationen wären es gewesen, wenn man in beiden Spielen zur Pause gewechselt hätte.
Egal wie, die erste Halbzeit von RB Leipzig gegen den FC Sevilla sah insgesamt sehr ordentlich aus. Man agierte im üblichen 4-2-2-2 und war über praktisch die gesamten 45 Minuten die dominante Mannschaft. Man hatte guten Ballbesitz und stellte bei Ballverlusten den Gegner sofort wieder gut zu. Und wenn sich Sevilla dann doch mal aus dem Gegenpressing befreite, war man schnell genug wieder gut organisiert hinter dem Ball, um nicht in Gegenangriffe zu laufen. Das sah in der Gesamtorganisation durchaus schon sehr ordentlich aus. Von Vorteil dabei vermutlich auch, dass mit Jean-Kevin Augustin nur ein Neuzugang im Team stand, der sich mit seiner Art zu spielen, zudem bereits sehr ordentlich in die RB-Spielidee hineingefunden hat.
Besonders gut funktionierte das Offensivspiel, als Forsberg mit der Begegnung warmgeworden war und nach einer Viertelstunde zusammen mit Sabitzer und Keita in den Räumen vor der Abwehr für Betrieb sorgte. Auch wenn die Spanier recht massiv verteidigten, konnte man sich immmer mal wieder gut in Szene setzen. Manko wie schon gegen Konyaspor die offensive Durchschlagskraft. Augustin hatte einen schönen Abschluss, bei dem er etwas Pech hatte. Ansonsten war das meiste, was man im Strafraum so anstellte und an Schüssen versuchte, relativ harmlos. Überlegen, dominant und in der ganzen Spielanlage sehr gut, aber harmlos.
Auf der anderen Seite kam vom FC Sevilla praktisch gar nichts. Bis Montoya nach mehr als einer halben Stunde im Strafraum gefoult wird. Bzw. gefoult worden sein soll. Denn faktisch spielte Bernardo bei seinem Tackling von der Seite den Ball (eine dieser interessanten Szenen, bei der man gespannt sein darf, ob ein Video-Assistent hier eingegriffen und dem Schiedsrichter eine Änderung seiner Entscheidung empfohlen hätte). Wobei es letztlich auch egal ist, denn Entscheidung hin oder her ist beim Verteidigen was falsch gelaufen, wenn der Angreifer mit Vorsprung in den Strafraum eindringt und man mit einem Tackling von der Seite bzw. sogar leicht von hinten eingreifen muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Situation eine Elfmeterpfiff herauskommt, ist dann doch durchaus einigermaßen hoch, weil man mit dem Ball auch immer noch den Gegner mittrifft und der Schiedsrichter nur die Sicht von hinten hat.
Zur Halbzeit stand es durch den Foulelfmeter 1:0 für Sevilla. Unter der Maßgabe, dass Ergebnisse in Testspielen eher irrelevant sind, machte das wenig. Es bleibt aber der Fakt, dass die offensive Durchschlagskraft aus dem Ballbesitz heraus bei den RasenBallsportlern nun schon im zweiten Testspiel in Folge überschaubar groß war. Gegen aber einen (zugegebenermaßen) Gegner mit völlig anderem Kaliber als Konyaspor.
In der zweiten Halbzeit zerfiel das Offensivspiel von RB Leipzig dann aber völlig. Forsberg ging im Laufe der Partie immer mehr unter. Sabitzer war auch nur noch selten zu sehen. Von Keita kamen immer mal wieder ein paar Geistesblitze. Kollegen, die damit etwas anfangen konnten, fand er nur selten. Poulsen war in seinem Spiel seltsam fehlerhaft. Augustin hing in der Luft. Und von den Außenverteidigern kam auch wenig Unterstützung. Dass Klostermann weiterhin sehr zurückhaltend spielt, darf man inzwischen durchaus bemerkenswert finden und die Frage stellen, wie viel Vorgabe da drin steckt und wie viel Eigeninterpretation des Spielers. Aber auch Bernardo wirkt nun auf der linken Abwehrseite bei weitem noch nicht so stabil wie in der Vorsaison. Der ganz große Offensivgeist war er ja aber noch nie.
Zum zerfallenden Offensivspiel kamen nun auch einige Fehler in der Defensive dazu. Ilsanker bedient Correa mit perfektem (Rück)Pass. Aber der scheitert an einer starken Fußabwehr von Gulacsi. Auch Upamecano patzt nun wiederholt im Defensivspiel und erinnert gelegentlich im Zweikampf an seine Leipziger Anfangstage. Nach knapp 70 Minuten lässt dann Bernardo seinen Gegenspieler Montoya aus den Augen, hat aber das Glück, dass der aus Nahdistanz nur die Latte trifft. In der zweiten Halbzeit hatte Leipzig dann durchaus Glück, dass nicht noch ein, zwei Treffer für den Gegner dazukamen.
Die letzten 20 Minuten plätscherten dann noch mal so dahin. Sevilla wollte nicht mehr, RB konnte nicht mehr. Hier mal eine Einzelaktion, dort mal ein Zerren an den Ketten. Aber ein kontrolliertes oder gar schnelles Zusammenspiel mit Zug zum Tor gab es nicht mehr. Da wurde es dann irgendwann durchaus einigermaßen schwierig, dem Spiel noch mit voller Aufmerksamkeit beizuwohnen. Vielleicht auch irgendwann in der letzten halben Stunde eine Frage von Spritzigkeit und Frische direkt nach den Trainingslagertagen und gegen einen Gegner, der einige Wechsel durchführte und damit auch noch mal Frische ins Spiel brachte. Immerhin sind es noch zwei Wochen bis zum Saisonstart. Wenn man das Spiel gegen Dorfmerkingen als letzte Partie der Vorbereitung nimmt, dann sind es sogar noch drei Wochen, in denen man sich auch noch die nötige Frische erarbeiten kann.
Wenn man nur die zweite Halbzeit nimmt, dann war das Spiel von RB Leipzig gegen den FC Sevilla vielleicht die gemessen an den Erwartungen enttäuschendste Vorstellung bisher. Wobei man halt immer auch mitdenken muss, dass man hier nicht mehr gegen irgendein Durchschnittsteam spielte, sondern gegen ein Team, das man guten Gewissens auch zu Europas erweiterter Spitze zählen darf. Die Klubrangliste der UEFA weist den Verein als Sechsten auf. Das darf man vielleicht als etwas arg übertrieben ansehen, aber irgendwo in den Top 20 ist der Verein schon drin.
Von daher muss man mit seinen Interpretationen nach diesem Test auch ein wenig vorsichtig sein. Es bleibt aber festzustellen, dass die Abläufe im Offensivspiel noch nicht wirklich zusammenpassen und da noch einiges an Arbeit wartet. Klar fehlt die Geschwindigkeit von Werner als Option, die andere Möglichkeiten des Spiels eröffnen, derzeit. Aber auch damit wird man im Saisonverlauf immer wieder umgehen müssen. Genauso wie man in sehr vielen Spielen Torgefahr aus dem Ballbesitz heraus wird organisieren müssen. Das dürfte in den kommenden zwei, drei Wochen die Hauptaufgabe bei RB sein.
Heutige Aufgabe ist erstmal die Partie gegen Benfica Lissabon. Nummer 2 und Schluss beim Emirates Cup. Spielen werden jene Akteure, die gestern nicht zum Einsatz kamen. Also auch die Akteure auf den Kaderpositionen 16 bis 22. Benfica Lissabon ist sicherlich nicht so stark einzuschätzen wie Sevilla, aber trotzdem noch sehr ordentliches europäisches Kaliber. Von daher wird das für Spieler wie Palacios oder Abouchabaka oder Kühn (je nachdem, wer aufläuft) und all die anderen durchaus eine ordentliche Herausforderung, sich in diesem Spiel zu beweisen und gegenzuhalten. Zumal erneut über 90 Minuten..
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Tore: 0:1 Ben Yedder (35./ FE)
Aufstellung RB Leipzig: Gulacsi – Klostermann (81. Ludewig), Orban, Upamecano, Bernardo – Ilsanker, Keita – Sabitzer, Forsberg – Augustin, Poulsen
Aufstellung FC Sevilla: Sergio Rico – Corchia, Daniel Carrico (46. Mercado), Lenglet, Escudero (46. Sarabia) – Borja Lasso, Pizarro, Banega (46. Ganso), Montoya (71. Krohn-Dehli) – Nolito (46. Pozo), Ben Yedder (46. Correa)
Zuschauer: 10.000 aufwärts (davon 400 RB-Fans; in London/ Stadion füllte sich während des Spiels, weil anschließend Arsenal spielte)
Links: RBL-Bericht
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Bisherige Testspiele 2017/2018
- 25.07.2017: RB Leipzig vs. Konyaspor 1:0
- 18.07.2017: ZFC Meuselwitz vs. RB Leipzig 0:6
- 14.07.2017: SV Dessau 05 vs. RB Leipzig 0:7
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Testspieltorschützen 2017/2018
Augustin – 3; Bernardo, Abouchabaka – je 2; Kühn, Kaiser, Compper, Sabitzer, Poulsen, Forsberg – je 1; Eigentore – 1
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Testspieleinsatzzeiten 2017/2018
- Klostermann – 225 Minuten
- Orban – 225 Minuten
- Upamecano – 225 Minuten
- Augustin – 225 Minuten
- Bernardo – 225 Minuten
- Ilsanker – 216 Minuten
- Sabitzer – 205 Minuten
- Keita – 180 Minuten
- Forsberg – 180 Minuten
- Poulsen – 180 Minuten
- Palacios – 139 Minuten
- Halstenberg – 135 Minuten
- Schmitz – 135 Minuten
- Konaté – 135 Minuten
- Kaiser – 135 Minuten
- Abouchabaka – 135 Minuten
- Burke – 135 Minuten
- Gulacsi – 135 Minuten
- Coltorti – 90 Minuten
- Köhn – 90 Minuten
- Compper – 90 Minuten
- Laimer – 90 Minuten
- Kühn – 90 Minuten
- Ludewig – 54 Minuten
- Demme – 45 Minuten
- Majetschak – 45 Minuten
- Yilmaz – 45 Minuten
- Dauter – 45 Minuten
- Mvogo – 45 Minuten
- Bruma – 45 Minuten
- Werner – 16 Minuten
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Ist echt kompliziert einen Kommentar zu verfassen, wenn gerade das 2. Spiel zu Ende gegangen ist ;-)
Ich fand es gar nicht mal so schlecht, wenn Hasenhüttl 2 verschiedene Teams spielen lässt. Nur eben die Klostermann-Auswechlsung habe ich auch nicht verstanden. Sprich, wenn er wechselt, dann doch 3x?!
Ich denke, man ist im Plan. Ein bischen Feinschliff noch, dann passt das.