Siebtes Testspiel der Vorbereitung auf die Bundesliga für RB Leipzig. Das letzte im Trainingslager, das vorletzte überhaupt vor dem Spiel bei Dynamo Dresden am 20.08.2016. Gegner war beim quasi internen Duell das Nachwuchsteam von Red Bull Salzburg, der FC Liefering. Nach vielen Fehlern in der Defensive kämpfte sich RB Leipzig am Ende noch zu einem 4:4-Unentschieden und sicherte so zumindest die (unwichtige) Ungeschlagen-Serie in der Vorbereitung.
Bei ollem Wetter und tiefem Boden mit Pfützen schickte Ralph Hasenhüttl bis auf Gulacsi und Nukan im Unterschied zu den letzten beiden Spielen noch mal zwei komplett unterschiedliche Teams in die jeweiligen Halbzeiten. Wobei man allen Feldspielern die fehlende Frische am Ende der Vorbereitung eher recht deutlich anzumerken schien.
Das nutzte der FC Liefering, der auch nicht mit seiner Stammformation auftrat, sondern sein Team bunt durcheinandergewürfelt hatte, besonders in den ersten 25 Minuten beider Hälften fast schon gnadenlos aus. Mit starkem Pressing und viel Geschwindigkeit in die Tiefe brachte man den großen Bruder aus Leipzig immer wieder in Verlegenheit.
Dass es nach 20 Minuten aus RB-Sicht bereits 0:3 stand, war aber nicht nur der Klasse der Lieferinger Jugend zu verdanken, sondern hatte auch mit erheblichen individuellen Schnitzern auf Leipziger Seite zu tun. Das 0:1 hatte Nukan direkt mitverursacht, beim 0:3 bliebt Dominik Kaiser ein Rückpass auf Gulacsi im Wasser stecken.
Aber auch jenseits der individuellen Schnitzer war man dem FC Liefering in manchen Situationen nicht gewachsen. Über die gesamte Spielzeit tat man sich schwer, defensive Zweikämpfe zu gewinnen. Offensiv verzettelte man sich zu oft in Einzelaktionen, während man bei schnellem Passspiel den österreichischen Zweitligisten recht schnell in große Verlegenheit bringen konnte.
Was man mit diesem Testspiel anfangen soll, weiß man hinterher auch nicht so richtig. Auf beiden Seiten wurden noch diverse Hochkaräter liegengelassen, sodass die Partie auch hätte 8:8 ausgehen können. Allein diese Tatsache verweist darauf, dass dieser Test nicht sonderlich aussagekräftig gewesen sein kann. Für einen neutralen Beobachter mag es unterhaltsam gewesen sein, der Erkenntisgewinn war eher überschaubar.
Wenn man etwas gelernt hat, dass die Anfälligkeit von RB Leipzig für Geschwindigkeit durchaus recht hoch ist. Wenn man denn im Pressing halbherzig agiert wie beispielsweise vor dem 2:4, als Nukan irgendwo in der gegnerischen Hälfte versuchte den Ball zu finden, um Druck auf ihn auzuüben und man gnadenlos ausgekontert wurde. Sprich, wenn man defensive Stabilität wie in den ersten fünf Testspielen will, in denen man ohne Gegentor blieb, dann wird man auch entsprechend genau im Verbund attackieren müssen. Ansonsten läuft man gegen schnelle Gegner auch ganz schnell in die (Gegentor-)Falle. Und da muss dann nicht mal unbedingt ein Pierre-Emerick Aubameyang kommen.
Durchspielen durfte gegen Liefering im Tor Peter Gulacsi, weil seine Konkurrenten schon in den beiden Testspielen zuvor jeweils insgesamt 90 Minuten im Tor gestanden hatten. In den ersten 20 Minuten war Gulacsi damit beschäftigt, den Ball zum Anstoßpunkt zurückzukicken. Anschließend hatte er vor allem in der zweiten Halbzeit noch ein paar Möglichkeiten, sich auszuzeichnen. Insgesamt war es nicht überragend, aber seine Reflexe auf der Linie sind über die Sommerpause großartig geblieben, wie er in zwei, drei Szenen bewies.
Durchgespielt hat neben Gulacsi auch Atinc Nukan, der damit aktuell der RB-Spieler mit der meisten Einsatzzeit in Testspielen ist. Einsatzzeit ist tatsächlich etwas, was er auch mittelfristig noch viel bräuchte, wie man an manchen Patzern gegen Liefering nicht nur vor dem 0:1 gesehen hat. Einsatzzeit zu kriegen, wird allerdings perspektivisch schwer. In der Bundesliga wird die Luft für Nukan leistungstechnisch sehr dünn bzw. zu dünn. Und in der Regionalliga darf er nicht spielen. Vielleicht ist die Abwesenheit von Marvin Compper, der sich zuletzt Problemen herumschlug, die auch längerer Natur sein könnten, Nukans Chance. Würde nicht bei jedem zu einem übergroßen Sicherheitsgefühl in Bezug auf die RB-Abwehr beitragen. Bei allem Talent, das Nukan mitbringt.
Ansonsten wurden die Mannschaften der beiden Halbzeiten bunt durcheinander gemixt und nicht entlang der Grenze gebildet, wer zu einer möglichen Pflichtspielstartelf gehören könnte und wer nicht. Zsolt Kalmár zeigte sich in der ersten Halbzeit bemüht, seine Chance, über das Ende der Transferperiode hinaus in Leipzig bleiben zu können, zu nutzen. Dass er zielstrebiger mit dem Ball und punktgenauer gegen den Ball spielt als noch vor einem halben Jahr ist deutlich zu sehen. Gegen Liefering blieb er trotzdem in vielen Situationen glücklos. Mal sehen, was er zusammen mit dem Verein nach dem Trainingslager beschließt.
Auffällig auch Gino Fechner, der rechts hinten verteidigen durfte. Wobei sich das Wort auffällig gar nicht so sehr auf eine überragende spielerische Leistung bezieht. Das war ordentlich. Vielmehr ist es durchaus erstaunlich, wie ruhig und abgeklärt der gerade mal 18jährige selbst dann agiert, wenn er von mehreren Spielern unter Druck gesetzt wird. Das fiel schon letzte Saison in der U23 auf, dass er dort im Vergleich mit manch anderen jungen Spielern nicht aus der Ruhe geriet und oft eine Lösung für eine Situation fand, in der andere schon in Panik verfallen wären. Vielleicht nicht die schlechteste Grundeigenschaft (jenseits des fußballerischen), um sich gut zu entwickeln.
Interessant, dass in der ersten Halbzeit Timo Werner und Marcel Sabitzer zusammen im Sturm aufliefen. Eine Doppelspitze, die viel Geschwindigkeit in die Tiefe mitbringt, die sie aber nur selten ausspielen konnten.
In der zweiten Halbzeit spielte Stefan Ilsanker dann wie schon in den letzten Testspielen wieder in der Innenverteidigung und war gelegentlich sichtbar verzweifelt, wie oft ihnen die Lieferinger Jungspunde um die Beine wuselten und frei vor Gulacsi auftauchten. Auch Halstenberg und Poulsen wirkten richtiggehend genervt vom Spielverlauf.
Auffällig agierte Naby Keita im zentralen Mittelfeld an der Seite von Diego Demme. Einige Male, dass er mit Dynamik und Ball am Fuß durch das Mittelfeld gen gegnerischem Tor zog. Wenn er noch das richtige Maß zwischen Dribbling und Abspiel findet, kann das gut werden. Aber Luft nach oben gibt es beim Einbau von Keita durchaus noch.
Interessant vielleicht auch die Szene vor dem 4:4, das am Ende Poulsen per Foulelfmeter erzielt. Mit Boyd, Poulsen und Forsberg drängten sich drei Spieler an den Elfmeterpunkt. Bei Boyd war die Sache noch einfach, der musste den Ball auf Poulsens Geheiß einfach abgeben. Ganz glücklich sah er dabei nicht aus. Zwischen Poulsen und Forsberg fiel die Entscheidung dann allerdings per Schnick-Schnack-Schnuck.
Bei den Bayern wurde bei einer ähnlichen Geschichte bei einem Spiel bei Hertha BSC mal die Respektsfrage diskutiert. Das ist natürlich eher albern, aber eine feste Reihenfolge bei den Elfmeterschützen wäre in einem Pflichtspiel von RB Leipzig dann künftig doch ganz hübsch.
Insgesamt sollte man von dem Testspiel gegen Liefering nicht allzu viel im Gedächtnis behalten. Am Ende des Trainingslagers fehlte den RasenBallsportlern in vielerlei Hinsicht die Frische, die der FC Liefering hatte. Dass man gegen einen österreichischen Zweitligisten in den ersten 20 Minuten so auseinanderfiel und über 90 Minuten eigentlich nie zu normaler defensiver Stabilität fand, darf trotzdem bedenklich stimmen. Von der überschaubaren Verwertung eigener Chancen einmal ganz abgesehen.
Es war vielleich ein typisches Spiel, wenn zwei Pressingmannschaften gegeneinander testen und diese zwei Teams einander noch dazu eher verbunden sind. Dann läuft es ein Stückweit darauf hinaus, dass das dynamischere, schnellere Team gewinnt. Und das war am gestrigen Dienstag der FC Liefering. Das mag am Zeitpunkt des Spiels gelegen haben, aber man sollte es zumindest zur Kenntnis nehmen.
Ein Test bleibt noch vor dem Pflichtspielstart. Am Sonntag geht es gegen Betis Sevilla. Dort wird man dann schon viele Dinge sehen können, wie sie dann auch in Dresden zu erwarten sind. Zum Beispiel ist zu erwarten, dass die Frage nach einem Stammtorwart nur zwischen den beiden Keepern entschieden wird, die möglicherweise gegen Sevilla noch mal je 45 Minuten kriegen. Und auch ansonsten werden einige der wahrscheinlichen Stammspieler zu sehen sein.
Dass im Spiel gegen Sevilla schon alles klappen wird, ist nicht anzunehmen, zumal vorher noch die Mannschaftsvorstellung im Rahmen der Saisoneröffnung stattfinden soll. Ein bisschen stabiler in der Defensive sollte man aber schon stehen.
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Tore: 0:1 Berisha (7.), 0:2 Berisha (17.), 0:3 Berisha (20.), 1:3 Nukan (24.), 2:3 Bruno (25.), 2:4 Meister (54.), 3:4 Keita (70.), 4:4 Poulsen (79./ FE)
Aufstellung 1.Hälfte: Gulacsi – Fechner, Orban, Nukan, Schmitz – Khedira, Kaiser – Kalmár, Bruno – Werner, Sabitzer
Aufstellung 2.Hälfte: Gulacsi – Gipson, Ilsanker, Nukan, Halstenberg – Demme, Keita – Diawusie, Forsberg – Poulsen, Boyd
Nicht dabei: Selke, Klostermann (beide Olympia-Fahrer), Touré, Janelt (beide in Leipzig geblieben), Dadashov, Compper, Grauschopf, Müller, Coltorti, Stahl
Zuschauer: (in Grassau)
Links: RBL-Bericht
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Bisherige Testspiele 2016/2017
- 17.07.2016: 1.FC Frankfurt (Oder) vs. RB Leipzig 0:10
- 20.07.2016: SSV Markranstädt vs. RB Leipzig 0:9
- 23.07.2016: RB Leipzig vs. Viktoria Berlin 3:0
- 27.07.2016: RB Leipzig vs. Würzburger Kickers 2:0
- 04.08.2016: RB Leipzig vs. FC Turin 0:0
- 06.0.8.2016: RB Leipzig vs. SD Eibar 3:2
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Testspieltorschützen 2016/2017
Selke – 7; Werner – 5; Poulsen – 3; Compper, Keita, Bruno, Boyd – je 2; Beiersdorf, Klostermann, Kaiser, Dadashov, Sabitzer, Nukan – je 1; Eigentore – 2
Testspieleinsatzzeiten
- Nukan – 358 Minuten
- Keita – 331 Minuten
- Orban – 331 Minuten
- Werner – 331 Minuten
- Schmitz – 317 Minuten
- Kaiser – 317 Minuten
- Poulsen – 317 Minuten
- Gipson – 313 Minuten
- Khedira – 299 Minuten
- Bruno – 285 Minuten
- Kalmár – 283 Minuten
- Müller – 270 Minuten
- Boyd – 268 Minuten
- Demme – 239 Minuten
- Halstenberg – 227 Minuten
- Compper – 225 Minuten
- Ilsanker – 211 Minuten
- Forsberg – 194 Minuten
- Sabitzer – 182 Minuten
- Reddemann – 180 Minuten
- Janelt – 180 Minuten
- Coltorti – 180 Minuten
- Gulacsi – 180 Minuten
- Klostermann – 135 Minuten
- Selke – 135 Minuten
- Beiersdorf – 135 Minuten
- Jung – 135 Minuten
- Fechner – 135 Minuten
- Diawusie – 104 Minuten
- Grauschopf – 88 Minuten
- Dadashov – 45 Minuten
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Bild: © GEPA pictures/ Roger Petzsche
Die ersten 20 min. haben ja nichts gutes für die ersten Spiele vermuten lassen.Nukan absolut unterirdisch und Liefering hat es gezeigt wie es gehen kann.
Also man kann ja nur vermuten das das Traingslager geschlaucht hat und da sie ja praktisch auf gepackten Koffern saßen. . nicht mehr so konzentriert waren.