Bereits das sechste von insgesamt nur acht Vorbereitungsspielen von RB Leipzig auf die Bundesligasaison. Am Rande des Trainingslagers spielte man in Grassau gegen den spanischen Erstligisten SD Eibar, der insgesamt ein dankbarer, weil zwar durchaus phasenweise spielstarker, aber nicht sonderlich intensiver Testgegner war. Nach 0:2-Rückstand noch zu einem 3:2 zu kommen, ist sicherlich positiv, aber möglicherweise angesichts des nicht sonderlich kompromisslos verteidigenden Gegners auch wenig aussagekräftig.
Ins Spiel gegangen war RB Leipzig im wesentlichen mit der Formation, die im letzten Testspiel gegen Turin nur in der zweiten Halbzeit bzw. ab der 60. Minute auf dem Platz gestanden hatte. Also eher mit einer B-Elf. Bzw. mit einer Elf, die in der modernen Kommunikation eher aus den Herausforderern auf ihrer jeweiligen Position bestand. Wenn man vielleicht mal von Timo Werner absieht.
Gerade die Abwehrkette mit U23-Mann Gipson, mit dem 18jährigen Profi Fechner, der aber wohl in naher Zukunft auch vornehmlich U23 spielen wird, mit Nukan und mit U19-Mann Grauschopf war durchaus eher recht wild zusammengestellt und verdeutlichte eher nochmal, dass man in diesem Bereich durchaus noch Transferaktivitäten erwarten kann. Gerade über die Seite von Linksverteidiger Grauschopf, der das 0:1 gegen Eibar mit einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung einleitete, liefen einige gute Angriffe der Spanier. So wie der zum 0:2.
Aber auch ansonsten merkte man dem Team der ersten Halbzeit durchaus an, dass es gerade in der Mannschaftsorganisation noch viel Luft nach oben gibt, sodass Eibar immer mal wieder zu guten Gelegenheiten kam. Dazu war auch die Doppelsechs Khedira/Demme nicht präsent und prägend genug, um dem Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken.
Trotzdem sah das Auftreten der RasenBallsportler gar nicht so schlimm aus, wie das 0:2 vermuten ließ. Man ließ durch nicht perfekte Organisation relativ viele Chancen des Gegners zu, hatte auf der anderen Seite aber auch einige gute Aktionen bei denen der letzte Querpass nicht passte oder bei der Toraktion nicht genung Gefahr entstand. Boyd mühte sich, hatte aber mit manch guter Passidee und vor dem Tor kein großes Glück. Und auch Werner und Diawusie mühten sich meist nicht schlecht, aber erfolglos.
Dass in der ersten Halbzeit manchmal einfach die Organisation nicht passte, sah man auch daran, dass man zwei-, dreimal leichtfertig in der eigenen Hälfte den Ball vertändelte, weil man nicht so richtig zu wissen schien, was man mit ihm anfangen soll. Keeper Marius Müller hatte dabei unter anderem das Glück, dass sein Ball genau in die Füße eines Spaniers von diesem 25 Meter vor dem leeren Tor nicht genau genug getroffen wurde und nur als Kullerball zurückkam. Eine dieser Szenen, die Müller in Kaiserslautern schon gelegentlich hatte und die ihm immer ein wenig im Wege standen, um in ihm schon einen sehr guten Torhüter zu sehen. Aber er ist natürlich auch noch jung und lernfähig.
In der zweiten Halbzeit wurde dann bei RB Leipzig nach und nach die Elf eingewechselt, die aktuell auf vielen Positionen die stärkste Elf ist. Was sich vor allem dahingehend bemerkbar machte, dass man gegen die Spanier nun defensiv kaum noch etwas zuließ. Offensiv unterschied sich das Spiel kaum von dem der ersten Halbzeit, nur dass die inidividuelle Qualität aus den Gelegenheiten auch gelungene Angriffszüge mit Abschlüssen machte. Was Forsberg, Sabitzer, Poulsen und auch der zuletzt in der Vorbereitung durchaus bemerkenswert zielstrebige und willige Kalmár da zeitweise zusammen auf den Platz brachten, sah schon sehr gut aus. Auch wenn die nachlassenden Kräfte bei den Spaniern, die nur wenig wechselten, eine Rolle gespielt haben mögen.
Entsprechend drehten die RasenBallsportler den 0:2-Rückstand zur Pause noch in ein 3:2. Sabitzer auf Kalmár-Pass und Poulsen erzielten zwei blitzsaubere, schöne Tore, die allein schon das Zusehen bei dieser Partie wert waren. Wenn Poulsen die Bälle auch in der Bundesliga so versenkt, bietet am Ende der Saison ein englischer Erstligist eine Handvoll Trillionen Euro für ihn.
Gespielt wurde gegen Eibar durchgehend in einem 4-2-2-2. Bemerkenswert vielleicht, dass Dominik Kaiser diesmal neben Keita auf der Doppelsechs agierte (unauffällig wie das für den Kapitän in Testspielen inzwischen ein wenig üblich ist). Und Stefan Ilsanker lief erneut auf der Innenverteidigerposition auf. Inwieweit das ein Fingerzeig ist, dass man die Lücken in der letzten Reihe aus internen Ressourcen schließen will, muss man abwarten. Ilsanker ist als Innenverteidiger sicherlich ein guter (wenn auch gegen Eibar kaum gefordert), als alleiniger Sechser scheint er aber schon noch mal ein Stück wertvoller.
Gegen Eibar spielte RB Leipzig zumeist ohne das intensive Pressing der ersten 20 Minuten gegen Turin. Man ließ den Gegner fast durchgängig bis kurz vor der eigenen Hälfte spielen und attackierte erst dann den Ballbesitz. War schon phasenweise seltsam ungewohnt anzusehen, dass die RasenBallsportler relativ passiv agierten. Vielleicht war das aber auch nur Teil der Trainingssteuerung, weil man gegen Turin gesehen hatte, dass die Luft, um passgenau und intensiv zu pressen, nur für eine sehr kurze Zeit reichte und es aktuell einfach nicht so gut in die Trainingslagerabläufe passt. Flexibilität in der Spielausrichtung ist ja aber grundsätzlich auch nichts verkehrtes.
Dass man sechs von acht Vorbereitungsspielen bereits absolviert hat, bedeutet auch, dass es nun, zwei Wochen vor dem ersten Pflichtspiel, langsam in die heiße Vorbereitungsphase geht. Bisher hat man noch viel experimentiert und probiert und immer wieder Nachwuchsakteuren eine Chance gegeben, sich zu zeigen. Das wird in der kommenden Zeit immer weniger werden, weil man langsam auf den Weg zu einer funktionierenden Formation kommen muss. Es haben sich schon ungefähr 14 Spieler herausgeschält, aus denen sich die erste Elf im DFB-Pokal gegen Dresden bilden wird. Diesen Kern noch mal intensiver aufeinander abzustimmen, das wird auch die Aufgabe in den nächsten zwei Wochen sein.
Insgesamt war der Test gegen Eibar ganz hübsch anzusehen, weil nicht immer mit letzter Konsequenz oder mit 100% Genauigkeit und Klasse verteidigt wurde. Was aber auch die Aussagekraft des Spiels ein wenig beschränkt. Nachdem in den ersten Testspielen vor allem das Spiel gegen den Ball schon sehr gut aussah, konnte man gegen Eibar auch erkennen, dass RB Leipzig in der Offensive sehr gut harmonieren kann. Wie das dann gegen ein Team im Pflichtspielmodus aussieht, wird man abwarten müssen.
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Tore: 0:1 Bébé (30.), 0:2 Bébé (33.), 1:2 Sabitzer (73.), 2:2 Poulsen (78.), 3:2 Elgezabal (86./ ET)
Aufstellung 1.Hälfte: Müller – Gipson, Fechner, Nukan, Grauschopf – Khedira, Demme – Diawusie, Bruno – Werner, Boyd
Aufstellung 2.Hälfte: Coltorti – Gipson, Orban, Nukan, Grauschopf – Keita, Demme – Diawusie, Forsberg – Werner, Boyd
Ab der 60. Minute: Coltorti – Schmitz, Ilsanker, Orban, Halstenberg – Kaiser, Keita – Kalmár, Forsberg – Sabitzer, Poulsen
Nicht dabei: Selke, Klostermann (beide Olympia-Fahrer), Touré, Janelt (beide in Leipzig geblieben), Gulacsi (nach Verletzung noch nicht spielbereit), Compper, Stahl, Dadashov
Zuschauer: 686 (in Grassau)
Links: RBL-Bericht
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Bisherige Testspiele 2016/2017
- 17.07.2016: 1.FC Frankfurt (Oder) vs. RB Leipzig 0:10
- 20.07.2016: SSV Markranstädt vs. RB Leipzig 0:9
- 23.07.2016: RB Leipzig vs. Viktoria Berlin 3:0
- 27.07.2016: RB Leipzig vs. Würzburger Kickers 2:0
- 04.08.2016: RB Leipzig vs. FC Turin 0:0
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Testspieltorschützen 2016/2017
Selke – 7; Werner – 5; Compper, Boyd, Poulsen – je 2; Keita, Bruno, Beiersdorf, Klostermann, Kaiser, Dadashov, Sabitzer – je 1; Eigentore – 2
Testspieleinsatzzeiten
- Keita – 286 Minuten
- Orban – 286 Minuten
- Werner – 284 Minuten
- Schmitz – 272 Minuten
- Kaiser – 272 Minuten
- Poulsen – 272 Minuten
- Müller – 270 Minuten
- Gipson – 268 Minuten
- Nukan – 268 Minuten
- Khedira – 254 Minuten
- Bruno – 240 Minuten
- Kalmár – 238 Minuten
- Compper – 225 Minuten
- Boyd – 223 Minuten
- Demme – 194 Minuten
- Halstenberg – 182 Minuten
- Reddemann – 180 Minuten
- Janelt – 180 Minuten
- Coltorti – 180 Minuten
- Ilsanker – 166 Minuten
- Forsberg – 149 Minuten
- Sabitzer – 137 Minuten
- Klostermann – 135 Minuten
- Selke – 135 Minuten
- Beiersdorf – 135 Minuten
- Jung – 135 Minuten
- Gulacsi – 90 Minuten
- Fechner – 90 Minuten
- Grauschopf – 88 Minuten
- Diawusie – 59 Minuten
- Dadashov – 45 Minuten
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Bild: © GEPA pictures/ Andreas Pranter