Presse 13.05.2015

Das Trainerthema wird heute weiter am Köcheln gehalten. BILD lässt Reiner Calmund ein Loblied auf Sascha Lewandowski singen. In der Berner Zeitung dementiert der Sportchef der Young Boys Bern Fredy Bickel derweil, dass es irgendeinen Kontakt mit einem anderen Verein bezüglich des Trainers Uli Forte gegeben und auch Forte selbst noch von keinem Angebot berichtet habe.

Ansonsten ist es vor allem großer medialer Nachwuchstag. Anlass ist das Halbfinalhinspiel um die deutsche Meisterschaft zwischen RB Leipzig und der TSG Hoffenheim, das am morgigen Donnerstag (14.05.2015, 18.30 Uhr) bei freiem Eintritt in der Red Bull Arena ausgetragen wird.

In das Duell geht Hoffenheim zumindest über zwei Spiele gesehen (Rückspiel ist am Montag) als Favorit. 11 Siege in Folge hat der Staffelsieger der Bundesliga Süd/Südwest zuletzt eingefahren und dabei gleich 44 Tore erzielt. Seit Anfang Februar hat man nicht mehr verloren und will den seltenen Erfolg schaffen, den U19-Meistertitel, den man vor einem Jahr schon errang, zu verteidigen.

Geschichte geschrieben hat bereits die U19 von RB Leipzig, indem sie als erster Aufsteiger überhaupt direkt zum Staffelsieg in der Bundesliga Nord/Nordost und damit ins Meisterschaftshalbfinale durchmarschierten. Alles was jetzt noch kommt, ist Bonus.

Die Rhein-Neckar-Zeitung mit der Information, dass sich RB Leipzig vor einem Jahr stark um den Hoffenheimer U19-Coach Julian Nagelsmann bemühte. Der 27jährige entschied sich allerdings für einen Verbleib in Hoffenheim und möchte das auch künftig nicht ändern: “Ich habe gelegentlich Kontakt zu Ralf [Rangnick], aber er weiß, dass ich Hoffenheim nicht verlassen werde und auch nicht nach Leipzig komme.”

Die Süddeutsche Zeitung nimmt die Partie zum Anlass, um sich selbst und Mitarbeitern anderer Vereine ein Podium zu geben, um über den “Markt für Neureiche” zu schimpfen, gegen den so der Autor Philipp Selldorf “allmählich James Bond einschreiten sollte”. Es ist wie oft bei Nachwuchs- und auch anderen Themen. Man verstellt sich den Blick auf Probleme, die vielleicht tatsächlich vorhanden und lösenswert wären, indem man sich hinter Traditionsbegriffen und dem Schimpfen auf das Geld des Kontrahenten verschanzt.

Zumal die Frage, inwieweit RB Leipzig Spieler mit Geld lockt, weiter umstritten bleibt und sich die Behauptungen, dem wäre so oder dem wäre nicht so, unversöhnlich gegenüber stehen. Fakt ist, dass RB Leipzig zu einem national interessanten Nachwuchsplayer gewachsen ist, der grundsätzlich deutschlandweit an allen Toptalenten auch in jüngeren Altersklassen Interesse hat, um sie in der eigenen Philosophie ausbilden zu können (und der im Gegensatz zur sich beschwerenden Frankfurter Eintracht auch eine U23 hat, die dem Nachwuchs als Perspektive die Chance bietet, noch einen weiteren Schritt zu machen, wenn es vielleicht mit 19 noch nicht für den Profikader reicht).

Als interessanter Nachwuchsplayer wird RB Leipzig sicherlich in mindestens marktüblichem Rahmen Geld bezahlen, aber hätte man nicht eine Trainingsinfrastruktur, die bald nahezu perfekt sein wird und Nachwuchsteams, die in ihren Altersklassen auf Topniveau spielen, dann könnte man Spieler auch mit Geld überhäufen und sie würden nicht nach Leipzig kommen. Genauso wie früher Leipziger Spieler nicht im Leipziger Nachwuchsleistungszentrum blieben, weil man anderswo in der Republik bessere Trainingsbedingungen und Perspektiven hatte und zudem noch ein paar Euro verdiente.

Dass Schalkes Nachwuchschef Oliver Ruhnert und der Frankfurter Armin Kraaz via Süddeutscher Zeitung Richtung RB Leipzig ätzen, darf man entsprechend auf einem Markt, auf dem schon immer Konkurrenz herrschte und Talente (auch jung) von A nach B wechselten, als Folklore abhaken und in irgendeine hintere Gehirnecke schieben.

Probleme bringt der Wettbewerb aber natürlich mit sich. Allein die Tatsache, dass sich die Suche immer mehr auf Spieler unter 16 fokussiert hat, weil sie dann noch ohne Vertrag sind, ist durchaus mit Schwierigkeiten behaftet, weil allein das Werben um einen Jugendlichen in dem Alter persönlichkeitsprägend sein dürfte. Klar kann man sich da wünschen, dass man bis 15 nicht von einem Leistungszentrum zum anderen abgeworben werden darf, weil bis dahin die fußballerische Grundausbildung im Mittelpunkt stehen sollte und diese in jedem Leistungszentrum erfolgen kann. Allerdings stößt man damit auch relativ schnell an die Grenzen der Freizügigkeit, denn es ist und bleibt immer noch die Entscheidung von Eltern zusammen mit ihren Kindern, wie sie ihr Leben wo gestalten möchten.

Grundsätzlich und darauf hatte ja auch Max Eberl vor nicht allzulanger Zeit hingewiesen, verändert sich auch etwas in der wirtschaftlichen Balance zwischen den Clubs, wenn Jugendspieler immer früher zu vermeintlich großen Vereinen oder Nachwuchstopclubs gehen und somit auch hier, wie schon bei den Profis, eine Art Monopolisierung stattfindet. Denn früh wechselnde Toptalente bedeuten auch, dass kleinere Clubs später keine Ablösesumme mehr für die jeweiligen Spieler einnehmen können. Etwas, wovon manch Verein im wirtschaftlichen Wettbewerb gezehrt hat bzw. wodurch mancher überhaupt erst so etwas wie Wettbewerbsfähigkeit herstellen konnte. Auch das ein Problem, für das es unter den aktuellen Wettbewerbsbedingungen sicherlich keine einfachen Lösungen gibt.

Letztlich wird in der Debatte um RB Leipzig viel an Ängsten aufgearbeitet, die sich dann eben an den neuen Konkurrenten pappen. Dass RB nun plötzlich alle Talente bundesweit abgrast und vereint, ist zum Beispiel faktisch schwer zu halten. Bei der aktuellen U17-EM etwa ist RB Leipzig im Gegensatz zu vielen anderen Clubs gerade mal mit einem Spieler (Vitaly Janelt) vertreten (der gestern beim 4:0 gegen Tschechien, mit dem Deutschland ins Viertelfinale einzog, durchspielte). Ein Spieler, der noch dazu nur nachnominiert wurde, weil sich ein anderer verletzt hatte.

Fakt ist aber trotzdem auch, dass RB Leipzig ein Verein ist, der Talente für den Leistungssport ausbildet und entsprechend mit jedem Jahr, das es für die Talente weitergeht, auch ausgesiebt wird. Zumal man im U19-Bereich dann nur noch über eine Mannschaft verfügt und entsprechend beim Übergang von U17 zu U19 sowieso viele Spieler ausscheiden müssen.

Warum Ruhnert und Kraaz glauben, dass RB Leipzig deswegen Probleme kriegen wird, weil die Beteiligten die Unseriösität eines Vereins erkennen würden, wenn man nach zwei Jahren aus Leistungsgründen nicht mehr weitermachen darf, erschließt sich nicht so richtig. Jugendliche zum Leistungssport zu erziehen, mag generell fragwürdig und etwas sein, worüber sich vor allem Eltern Gedanken machen müssen, aber die Tatsache, dass im Nachwuchsbereich unten mit regionalen Spielern angefangen wird, um mit steigenden Altersklassen immer weiter überregional und irgendwann gar international zu scouten und dass daraus natürlich auch resultiert, dass für viele Spieler irgendwann oder vielleicht gar schnell die direkte Karriere-Reise zu Ende ist und sie Umwege oder neue Wege gehen müssen, ist schlicht Teil des von allen Beteiligten getragenen Prinzips Leistunssport. Überall. Auch in Frankfurt und Gelsenkirchen.

Neben der U19 spielt am morgigen Feiertags-Donnerstag auch die U17. Es steht das Finale im sächsischen Landespokal an. Gegner ist der Regionalligist Chemnitzer FC. Gespielt wird in Hohenstein-Ernstthal ab 14 Uhr.

Und wer sich die komplette Nachwuchsdröhnung geben will, der kann sich drei Stunden zuvor (also 11 Uhr) an selber Stelle auch das Landespokal-Finale der U15 zwischen RB Leipzig und Dynamo Dresden (beide Talenteliga Mitteldeutschland) anschauen.

[Berner Zeitung] Bickel und das Gerücht um Forte: http://www.bernerzeitung.ch/sport/fussball/Bickel-und-das-Geruecht-um-Forte/story/23987631

[BILD] Reiner Calmund lobt Trainer-Kandidat Sascha Lewandowski: http://www.bild.de/sport/fussball/rb-leipzig/sascha-ist-einer-fuer-die-bullen-40932550.bild.html

[Freie Presse] Nachwuchs trägt zwei Endspiele im Sachsenpokal aus: [broken Link]

[Henning Uhle] Das Karussell von RB Leipzig – Leuchttürme und Lemminge: http://www.henning-uhle.eu/sport/das-karussell-von-rb-leipzig-leuchttuerme-und-lemminge

[Kicker] Profi-Verstärkung für Hoffenheims U 19: http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/626901/artikel_abraham-und-schipplock-fehlen-gisdol.html

[LVZ] Frank Leicht – “Jede Partie ist jetzt ein Bonus-Spiel”: http://rb-fans.de/forum/viewtopic.php?f=20&t=9140

[RB-Fans] Traditionsduell schlechthin: http://www.rb-fans.de/artikel/20150512-special-u19-halbfinale.html

[RB Leipzig] Die Vorschau zum U19-Halbfinale: [broken Link]

[Rhein-Neckar-Zeitung] 1899 Hoffenheim U19 hat erneut den Titel vor Augen: http://www.rnz.de/sport/1899hoffenheim_artikel,-1899-Hoffenheim-U19-hat-erneut-den-Titel-vor-Augen-_arid,97456.html

[SFV] „Giganten-Duelle“ um die Junioren-Landespokale: [broken Link]

[Süddeutsche Zeitung] Markt für Neureiche: http://www.sueddeutsche.de/sport/juniorenfussball-markt-fuer-neureiche-1.2476477

3 Gedanken zu „Presse 13.05.2015“

  1. 1) Ich finde es schon bezeichnend, dass aus verschiedenen Ecken der Vorwurf/Statements kommen, dass RBL mit hohen Summen an die Spieler (und deren Eltern) herantreten. Der Bochumer Spieler Gino Fechner, der zu euch wechseln will, wird auch nicht wegen der so viel besseren Ausbildung zu euch wechseln wollen. Die Menge der guten Spieler aus dem Bochumer Nachwuchs zeigt ja die Qualität in Bochum an.
    2) den Einwurf von Ruhnert, dass er nicht glaubt, dass das RBL-Modell durchhaltbar ist, bezieht sich ja auf die These der Ungedultigkeit bei euch, die dafür sorgen dürfte, dass eben die Umbrüche in der Profi-Mannschaft in den nächsten Jahren so immens sein werden, dass keine Durchlässigkeit zu den Profis gegeben ist, weil man lieber für Mio-Ablöse Qualität nachkauft.

  2. @Wuppertaler: zu 1) Ich sag ja auch nicht, dass Geld keine Rolle spielt, ich sage nur, dass du nur mit Geld niemanden kriegst. Und dass im Vergleich Bochum-Leipzig letztere auch finanziell vermutlich verlockender sind, darf man annehmen. Beim Vergleich Gelsenkirchen-Leipzig dürfte das schon viel weniger klar sein.

    Zu 2) Darum geht es zumindest im Artikel nicht. Da geht es ja darum, dass Spieler mit 15 geholt werden und vielleicht mit 17 wieder gehen (müssen). Mal abgesehen davon, dass man da genau gucken müsste, wie viele das tatsächlich betrifft, bleibe ich dabei, dass es in der Phase der Entwicklung völlig normal ist, dass Spieler und deren Eltern eine Perspektive verfolgen, die sich dann aus völlig unterschiedlichen Gründen doch nicht einlöst. Das wird nicht dazu führen, dass die Ausbildung bei RB Leipzig generell in Misskredit gerät. Da könnte tatsächlich die noch fehlende Durchlässigkeit nach oben ein viel stärkeres Kriterium sein. Wobei auch hier eher die Frage ist, was aus den Spielern wird, die künftig aus der U19 kommen. Wenn sie anschließend nicht bei RB, sondern irgendwo im Fußball zwischen erster und dritter Liga einen Fuß auf den Boden bekommen, wird das im Zweifelsfall den Spielern auch reichen, weil sie dann auch das Gefühl haben, von der Ausbildung wirtschaftlich und sportlich profitiert zu haben.

    1. Ich habe jetzt noch mal nachgelesen: es wird keine Begründung geliefert, weshalb Ruhnert glaubt, dass es nicht durchhaltbar sein wird. Das Argument, dass die nach 2 Jahren schon wieder auf dem Markt kommen, stammt ja von Kraaz. Aber grundsätzlich kann man den Artikel wohl so lesen wie du es getan hast ;)

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