Der Druck liegt eher bei Darmstadt. Darmstadt darf sich keinen Fehler erlauben. Wir werden sehr, sehr wenige Fehler machen. Von daher muss Darmstadt an uns dran bleiben und nicht wir an Darmstadt. (Daniel Frahn im MDR nach dem Spiel in Regensburg)
Ich bin grundsätzlich ein großer Anhänger von klaren Worten, Kampfansagen und Verbalscharmützeln aller Art rund um den Fußball. Wenn Spiele und Spieljahre nicht auch von Menschen begleitet würden, die im Fall der Fälle auch mal sagen, was sie denken und ihre Ziele deutlich formulieren, sähe es mit dem Spaßfaktor rund um den Fußball ganz schön mau aus.
Was ich aber wohl in diesem Leben nicht mehr verstehen werde, ist diese Geschichte mit dem Druck, den Kontrahenten von RB Leipzig in der Endphase der Saison angeblich verspüren sollen. Eine Geschichte, die zuletzt in den Spieljahren 2010/2011 und 2011/2012 gern erzählt wurde. Wahlweise Chemnitz oder Kiel und Halle würden im Laufe der Saison schon noch einbrechen, weil sie dann auch den Druck verspüren würden, der auf den RasenBallsportlern immer laste. Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere noch, wie die Spielzeiten endeten.. Von Druck, der den sportlichen Wettbewerb entscheidend beeinflusst hätte, war jedenfalls nichts zu spüren.
In diesem Jahr ist es Daniel Frahn, der offenbar an die (nicht ganz so) guten alten Tage verbal anknüpfen und dem Gegner Druck unterjubeln will (auch wenn er sicher einen anderen Ausgang des Aufstiegsrennens als in oben genannten Jahren vor Augen hat). Schon die eigene Erfahrung sollte ihn lehren, dass das nicht so recht stimmen kann. Teams, die sich im direkten Wettstreit mit RB Leipzig befinden, empfinden im Normalfall keinen Druck, weil man sich ohne existenzielle Sorgen im Wettstreit mit dem finanzstarken Bösen bis zuletzt und gern auch mit zehn Punkten Vorsprung in der Tabelle als absoluter Underdog stilisiert und so gar nicht so recht Gefahr läuft, in eine psychologische Situation zu gelangen, in der man etwas zu verspielen hat (was Voraussetzung wäre für Druck).
In Darmstadt ist das diese Saison völlig nachvollziehbar noch viel extremer. Als Verein, der eigentlich am Ende der letzten Saison schon in die Regionalliga abgestiegen war und aktuell noch nicht mal ein zweitligataugliches Stadion hat (an einem relegationstauglichen Stadion strickt man momentan), ist das Mitwirken im Zweitligaaufstiegskampf dermaßen oberhalb der Erwartungen, dass es für die meisten Spieler noch jetzt völlig irrational ist.
Dies belegt auch eine Anekdote des Darmstädter Hanno Behrens in der Frankfurter Rundschau [broken Link]. Laut dieser soll Behrens zugegeben haben, dass man langsam schon heimlich gucke, wer der Gegner in der Relegation sein könnte. Sprich, wenn man in Darmstadt auf etwas schaut, dann auf den Relegationsplatz. Den man bei 11 Punkten Vorsprung auf Platz 4 und nur noch sechs Spielen praktisch schon sicher hat. Alles andere ist für den Verein und die Spieler eine absolute Zugabe und nichts, was Teil der Erwartungswelt wäre.
Also entsprechend auch nichts, was Druck auslösen könnte. Druck hat weiterhin im Zweierduell fast ausschließlich RB Leipzig. Durch die öffentliche Erwartungshaltung, allgemeine (bundesweite) Medienberichterstattung und eigenen Anspruch. Wenn die RasenBallsportler sich nicht gegen Darmstadt durchsetzen, dann hätten sie tatsächlich etwas verloren, nämlich den direkten Aufstiegsplatz. Wenn Darmstadt sich gegen RB nicht durchsetzt, haben sie immer noch den Relegationsplatz gewonnen.
Das Gute an der Geschichte ist, dass RB Leipzig in den letzten knapp zwei Jahren seit Sommer 2013 und Zornigers Amtsantritt gezeigt hat, dass man mit Druck umgehen und ihn auch mal beiseite schieben kann, wenn man auf dem Platz steht. Wenn die Spielzeiten unter Zorniger mal auf der Kippe standen, hat RB Leipzig eigentlich immer und mehr oder minder überzeugend gewonnen.
Weswegen man auch gar nicht versuchen sollte, Darmstadt Druck unterzujubeln, den die eh nicht verspüren, sondern in erprobter Gewohnheit, sich selbst und seine eigene Stärke in den Mittelpunkt stellen müsste. „Wir werden sehr wenige Fehler machen“, ist da schon einmal ein guter verbaler Ansatz. Darum zu wissen, dass die Saison nicht mehr lang ist und daraus ein Aufsteiger-Flow-Gefühl zu entwickeln, das über die letzten sechs Stufen hilft, würde auch gut passen. Es gibt sicherlich gute psychologische Kniffe zum Self-Empowerment. Darauf zu hoffen, dass der Gegner unter Druck Fehler macht, könnte sich allerdings als Irrweg erweisen.
Grundsätzlich sehe ich es wie Du, dass sowas immer recht albern rüber kommt. Ähnlich geschehen vor dem Heidenheimspiel, wo skurrilerweise jeder die Favoritenrolle rüber schieben wollte. Andererseits glaube ich, dass die Aussage des Kapitäns nicht mehr als ein Verbalscharmützel war und er nicht mal selbst dran glaubt, dass es sich um eine Drucksituation bei Darmstadt wie von ihm beschrieben handelt. Da geht quasi in die identische Richtung wie Deine Twittereinlage von letztens, als Du meintest, RB sollte mal ein Kaufgerücht für Stroh-Engel streuen.
Vor dem Hintergrund des Restprogramms und der nicht durchgängigen überzeugenden Leistungen von RB (zweite Halbzeiten gegen Heidenheim und Regensburg oder das Spiel gegen Unterhaching) mache ich mir insgesamt große Sorgen, ob Platz zwei zu halten ist. Relegation gegen Dynamo halte ich für eine Horrorvision
Eine Relegation gegen Dynamo wäre ultrageil. Ich erinnere mich noch so gerne an die zwei Relegationsspiele gegen Lotte… Spannung pur und am Ende sicherlich für uns hocherfreulich, dass wir damals aufgestiegen sind. Ich persönlich finde solch ein Erlebnis viel spannender (im Bewusstsein, dass wir hier auch als Verlierer hervor gehen könnten) als der einsame Dreikampf um die finalen Platzierungen, wo von unten nix mehr passieren kann. Ergänzend muss ich aber sagen, dass es im Falle einer Dresdner Niederlage (Abstieg) in Leipzig oder Dresden für uns ungemütlich werden könnte und eine hohe Polizeipräsenz notwendig sein wird, LEIDER!!!
Nicht das ich mir eine Relegation wünsche, doch eins wäre sicher, volle Hütte bei uns und in…(?).
Den Druck machen sich unsere Fußballer schon selbst. Ich freue mich, so oder so. Hauptsache es geht friedlich ab.