Wir sind einen Punkt hinter Kiel, es sind noch 14 Spiele. Hört’s mir auf mit Blamage und Krise. (Peter Pacult in der heutigen LVZ)
Chefcoach Pacult hat natürlich recht, wenn er sich Begrifflichkeiten wie Blamage oder Krise verweigert. In Havelse unentschieden zu spielen, ist natürlich keine Blamage und der Verlust der Tabellenführung, eine Woche nachdem medial die Perfektion ausgerufen worden war, keine Endzeitkrise. Was es ist, hat Marcus Hoffmann gut auf den Punkt gebracht:
Es ist eine Riesenenttäuschung.
Genau das ist es immer noch, auch zwei Tage nach dem 1:1 von RB Leipzig in Havelse, ein mistiges Ergebnis nach unnötigem Spielauftakt. Ein Ergebnis, das den weiteren Saisonverlauf nicht gerade einfacher macht. Und allen, die die Auswärtsfahrt nach Havelse nachträglich als ein schwieriges Unterfangen interpretieren, sei gesagt, dass mit Zwickau, Magdeburg, Plauen, Kiel und Halle die wirklich heftigen Auswärtskaliber erst noch kommen. Spiele, bei denen man es sich nun vorerst nicht mehr leisten kann, hinterher von einem Punkt zu sprechen, mit dem man leben könne.
“Mund abputzen” hat Abwehrchef Hoffmann nach dem Havelse-Spiel als Parole ausgegeben. Völlig richtigerweise. Hoffentlich ist nach Havelse wirklich jedem im Team klar, dass JEDES Spiel ab Minute 1 hochkonzentriert und wie ein Endspiel absolviert werden muss. Gas rausnehmen kann man immer noch, falls man mal wieder 4:0 zur Halbzeit führen sollte. Denn am Ende der Saison fragt niemand, ob man den Aufstieg wegen einer braunen Hügellandschaft aka Fußballplatz in Havelse vergeigt hat. Womit es von meiner Seite zum Thema Havelse gut ist.
Denn glücklicherweise und dank englischer Woche wird Havelse bereits morgen aufmerksamkeitspraktisch vom FSV Zwickau abgelöst. Die sind neben Budissa Bautzen für mich der Gegner, der am engsten mit der RB-Oberligasaison 2009/ 2010 verbunden ist. Vier Duelle hat man damals in 12 Monaten gegeneinander absolviert. Drei Siege für RB Leipzig in zwei Pflicht- und einem Freundschaftsspiel stand eine Niederlage gegenüber. Die resultierte aus dem mit 2:3 in Zwickau verlorenen Sachsenpokal-Viertelfinale im Herbst 2009. Am morgigen Mittwoch wird genau was in Zwickau gespielt? Sachsenpokal. Viertelfinale. Schlechtes Omen oder Zeit zur Revanche?
Schwer wird es auf jeden Fall. Der FSV Zwickau ist derzeit überlegener Tabellenführer der NOFV-Oberliga Süd (ergo 5. Liga) und spielt auf mittlerem Regionalliga-Niveau. Also irgendwas ähnliches wie Havelse. Nur vermutlich mit etwas aktiverem und aufgeheiztem Publikum. Dazu Pokalfight. Für mich in der Vorausschau ein völlig offenes Spiel. Aber ein sehr wichtiges, weil man sich mit einem Sieg in Zwickau ein Halbfinal-Heimspiel gegen den Chemnitzer FC erkämpfen würde. Da beginnt das Fußballherz vor Aufregung gleich heftig zu schlagen. Und sowieso ist der Gewinn des Sachsenpokals Voraussetzung für die Teilnahme am DFB-Pokal und somit für das mögliche Betreten der ganz großen Fußballbühne. Da sollten beim einen oder anderen aktuellen RasenBallsportler und beim Anhang sowieso doch die Augen mit Leuchten anfangen.
Apropos Anhang. Erstmalig werden zwei vollbesetzte Fanbusse RB Leipzig zum Auswärtsspiel begleiten statt wie bisher einer. 150 bis 200 Anhäger werden wohl den Gästebereich bevölkern. Mögen sie und die Mannschaft am Ende auch etwas zu feiern haben.
PS: Nebenstory des Spiels ist Stefan Schumann, derzeit verletzter Kapitän des FSV Zwickau. Der spielte einige Jahre beim Chemnitzer FC, bevor er Anfang 2009 zum SSV Markranstädt wechselte und mit diesem schließlich im Sommer 2009 bei RB Leipzig landete. 27 von 30 Begegnungen bestritt der Linksverteidiger in der Oberligasaison unter Tino Vogel und war dort sicherlich keiner der schlechteren. Allerdings hatte er auch nie eine reelle Chance, in den Regionalligakader der Folgesaison übernommen zu werden. Deshalb landete er 2010 in Zwickau und im Herbst wegen eines Selbstmordversuchs in den bundesweiten Schlagzeilen. Dass er immer noch in Zwickau agiert und nunmehr sogar Kapitän ist, spricht absolut für den Verein und seine sozialen Fähigkeiten.