Teil zwei der einwöchigen und dreiteiligen Cottaweg-Testspielwoche. Und gleichzeitig das sportlich wervollste der drei Spiele. Mit Eintracht Trier kam der aktuelle Tabellenzweite der Regionalliga West. Also wie RB Leipzig ein aussichtsreicher Drittliga-Aspirant. Was einen interessanten Quervergleich ergab. Und mal fernab aller Details und fernab dessen, dass es nur ein Testspiel war, würde ich nach dem gestrigen Augenschein behaupten, dass die Trierer Qualität nicht mit der der Hallenser oder der Kieler vergleichbar ist.
Das zeigte sich vor allem in der (zumal angesichts des frühen Zeitpunkts in der Vorbereitung) insgesamt sehr guten Leistung von RB Leipzig in der ersten Halbzeit, in der es Pacult zum ersten Mal seit langem wieder mit einem 4-2-3-1 probierte. Allerdings gab nicht Rockenbach wie noch gegen Eilenburg den Spielmacher sondern Tom Geißler, während Rockenbach auf links Betrieb machte und Heidinger zugucken musste. Und im defensiven Mittelfeld durfte Pekka Lagerblom für Bastian Schulz zur ersten Elf gehören. Letzte notierenswerte Personalie war der Einsatz von Andreas Dober als Probespieler-Rechtsverteidiger, weswegen der dort etatmäßig agierende Christian Müller auf links den nicht mitspielenden Umut Kocin ersetzen musste. So richtig glücklich wirkte er dort zwar nicht, aber er agierte mindestens solide.
Das positive an der ersten Hälfte war die bereits sehr gut aussehende taktische Grundordnung. Bei Ballverlust war man blitzschnell wieder in Abwehrformation und hatte Ball und Gegner vor sich, sodass Gefahr für das eigene Tor fast ausschließlich aus individuellen Patzern resultierte. Und bei Ballbesitz lief der Ball relativ schnell und direkt durch die eigenen Reihen, was nicht zuletzt daran lag, dass die beiden Sechser Ernst und Lagerblom permanent anspielbar waren und als erste Ballverteiler vor der Abwehrkette agierten. Mag sein, dass dies eine Folge des 4-2-3-1 und des zusätzlichen Mittelfeldspielers (Geißler) war, aber im Resultat hatte eigentlich jeder RasenBallsportler auf dem Feld bei Ballbesitz mindestens eine Anspielstation in direkter Nähe, sodass Ballverluste im Vorwärtsgang die Ausnahme waren und wenn dann meist erst beim letzten Pass in die Spitze (Geißler mit vergleichsweise hoher Fehlerquote) passierten.
Die Folge war, dass man Ball und Gegner laufen ließ und das ganze mit zwei Toren belohnte – ein aus meiner Sicht nicht 100prozentiger Elfmeter und ein schönes Tor durch den Klassiker Flanke Röttger, Kopfball gegen die Laufrichtung Frahn. Auch überaus bemerkenswert die Kommunikation auf dem Platz und die gegenseitige Unterstützung. Permanent wurde mit dem Nebenmann geredet, wurden Laufwege abgesprochen, wurde motiviert und gelobt. Das war insbesondere deswegen so auffällig, weil die Trierer Mannschaft im Vergleich sehr ruhig, phasenweise fast schon leblos wirkte.
Die zweite Hälfte war gewissermaßen spiegelverkehrt zur ersten Hälfte, auch wenn die Besetzung nominell im Vergleich zur ersten Halbzeit eigentlich nicht übermäßig abfiel. In der Rückwärtsbewegung war man nun oft zu langsam, gelegentlich auch schwach im Stellungsspiel, sodass die Trierer immer wieder gefährlich Richtung Strafraum agierten. Und in der Offensive wurde es ungenau, weil die Mannschaftsteile zu weit auseinander standen und so die Anspielstationen in der direkten Nähe und daraus folgend der Spielfluss fehlten. Die Folge waren Ballverluste und Ungenauigkeiten und somit auch fast keine weiteren Tormöglichkeiten.
Auffälligster negativer Teil der zweiten Halbzeit war das defensive Mittelfeld-Duo Schulz/ Rost. Während Lagerblom und Ernst in Hälfte 1 permanent anspielbar waren und den Innenverteidigern entgegen agierten und die Bälle verteilten, schienen sich Rost und Schulz bei Ballbesitz der Innenverteidiger hinter dem Gegner zu verstecken, sodass die beiden Innenverteidiger immer wieder genötigt waren, den Spielaufbau mit eigenen, riskanteren Passvarianten zu gestalten. Das war suboptimal und nicht zielführend. Mag sein, dass die Umstellung auf ein 4-4-2 in der zweiten Halbzeit auch zu einer veränderten Rolle der zentral-defensiven Mittelfeldspieler geführt hat, aber dass das Mittelfeld einfach wegbricht, ist sicher nicht im Sinne des Erfinders.
Man hat in dieser zweiten Halbzeit (wie schon in der Regionalliga gegen Halberstadt) gesehen, wie schwer sich RB Leipzig manchmal gegen Mannschaften tut, die es mit einem 4-1-4-1 versuchen, also zwei offensive Mittelfeldspieler aufbieten, die den RB-Sechsern auf den Füßen stehen. Lagerblom und Ernst konnten damit umgehen, weil sie trotzdem immer wieder Räume fanden, sich Bälle holten und verteilten und weil sie mit Geißler eine weitere Anspielstation hatten. Rost und Schulz sahen in derselben Situation nicht übermäßig glücklich aus und konnten das Spiel zu keiner Zeit prägend mitgestalten. Klar, es ist nur ein Test, aber ein kleiner Fingerzeig ist das durchaus.
Ein positives Highlight hatte die zweite Halbzeit dann aber doch noch zu bieten. Nämlich die Einwechslung von Maximilian Watzka, der sich Anfang März des vergangenen Jahres verletzt hatte und nun erstmalig wieder in einem RB-Spiel zum Einsatz kam. Willkommen zurück.
Einen kleinen Fingerzeig gab es auch noch in Bezug auf die beiden Testspieler Andreas Dober und Nejc Skubic, die jeweils eine Halbzeit lang als Rechtsvertieidger auflaufen durften. Was auch die Frage beantworten dürfte, ob RB eventuell beide verpflichten wolle. Relativ sichere Antwort: nein, es kann nur einen geben. Wäre anders gewesen, wenn Pacult in Dober einen Linksverteidiger gesehen hätte, aber dann hätte er ihn sicher auch als solchen im Testspiel eingesetzt. Nun denn, wenn man tatsächlich auf der Basis einer Testspielhalbzeit entscheiden müsste und nur die Wahl zwischen diesen beiden Spielern hätte, dann dürfte Dober deutlich die Nase vorn haben, da er solide spielte, in Offensive und Defensive ein paar gute Aktionen hatte und vor allem gegenüber den Nebenleuten schon integriert und kommunikativ wirkte. Skubic dagegen wirkte so, als wäre er noch nicht bei RB angekommen. Sehr zurückhaltend begann er sein Spiel und hatte einige Unsicherheiten in beide Richtungen des Platzes. Gegen Ende hin wurde es besser und sicherer und man konnte sein Potenzial erahnen, aber insgesamt fiel er gegenüber Dober doch deutlich ab.
Was natürlich nicht heißt, dass Dober (mittelfristig) der bessere Spieler ist. Er scheint einfach der etwas forschere, selbstbewusstere Typ zu sein. Was aber auch bedeuten kann, dass Skubic dass größere, erst mittelfrsitig (wenn angekommen) abschöpfbare Potenzial hat. Ist wohl letztlich eine Frage, was Pacult will. Einen Spieler, der sofort Stammspieler sein könnte oder einen Spieler, der eventuell in ein paar Wochen oder Monaten erst so richtig hilft. Eigentlich herrscht rechts hinten keine größere Not, sodass man eigentlich nicht akut einen neuen Stammrechtsverteidiger bräuchte. Peter Pacult wird wissen, was er braucht und er wird sich beide im Training gut angeguckt haben. Bis zum Wochenende wird man wohl mehr wissen.
Gewinner der ersten zwei Testspiele sind aus meiner Sicht ganz klar Marcus Hoffmann, der laut- und zweikampfstark die Abwehr organisiert (wenn er das mit in die Rückrunde nimmt, darf man sich sehr auf ihn freuen), Tim Sebastian, der neben Hoffmann sehr viel positive Präsenz ausstrahlt und Henrik Ernst, der im defensiven Mittelfeld eine sehr, sehr gesunde Mischung aus Laufbereitschaft, Zweikampfstärke und Spielfreude aufweist. Aber ein paar Testspiele sind es ja noch bis zum Punktspielstart. Genug Zeit um neue, andere Gewinner zu ermitteln.
Fazit: Die erste Häfte von RB Leipzig gegen Eintracht Trier sah bereits sehr erfrischend nach Fußball und vor allem nach einer ansehnlichen und zielführenden Spielidee aus. Ob das nun am Spielsystem oder an der individuellen Besetzung oder an einer Mischung aus beidem lag, darf jeder für sich selbst beantworten. Ich tendiere zu letzterem. Halbzeit zwei war dann eine Vorführung, was man alles nicht machen sollte, wenn man einen Gegner nicht wieder ins Spiel bringen will. Aber insgesamt sollte die Zufriedenheit doch überwiegen (außer bei Alexander Laas, Paul Schinke und Steven Lewerenz, die sich zwar warmlaufen mussten, aber nicht mitspielen durften).
————————————————————————–
Tore: 1:0 Frahn (20./ FE), 2:0 Frahn (34.), 2:1 Herzig (60.), 2:2 Kuduzovic (68.)
Aufstellung 1. Hälfte: Borel – Dober, Sebastian, Hoffmann, Müller – Lagerblom, Ernst – Röttger, Geißler, Rockenbach – Frahn
Aufstellung 2. Hälfte: Bellot – Skubic, Sebastian, Hoffmann, Müller – Röttger (59. Watzka), Rost, Schulz, Heidinger – Kammlott, Kutschke
Zuschauer: 600
Links: RBL-Bericht [broken Link], RB-Fans-Bericht, MDR-Bericht [broken Link], Trier-Bericht [broken Link]