Nun also doch noch mal was zu Carsten Kammlott und seinem offensichtlichen Wechselwunsch, den er gegenüber der Thüringer Allgemeinen äußerte. (Ob BILD und LVZ eigentlich in eine Tischkante gebissen haben, weil nicht sie die Story zuerst hatten? Dass der LVZ zumindest in der heutigen Printversion das Thema nicht einmal eine Randzeile wert war, ließe zumindest darauf schließen.) Spielen wolle er, sehr gerne in Erfurt. Auf Geld verzichten wolle er auch. Seinen Wechsel nach Leipzig bereue er nicht, aber er habe sich doch mehr ausgerechnet. Mit Peter Pacult gäbe es keine Gespräche über seine Probleme. Und ganz offen:
Die beiden Vereine müssen sich einigen. Die Gefahr besteht, meinen Ruf zu verspielen. Ich kann ja nicht zeigen, was ich drauf habe. Deshalb muss eine Lösung her.
Ist natürlich harter Tobak den eigenen Verein öffentlich so in die Enge zu treiben. Da muss sich bei Carsten Kammlott einiges angestaut haben, dass er via Zeitung seine Wechselabsichten mitteilt. Das Fass zum Überlaufen gebracht haben, dürften letztlich die ewigen Spekulationen um den möglichen Stürmerneuzugang Roman Wallner von Red Bull Salzburg. Seine potenzielle Verpflichtung zielt dermaßen offensichtlich auf das Verdrängen Carsten Kammlotts ab, dass sich dieser wohl um jegliche Möglichkeit beraubt sah, seine Fähigkeiten in der Rückrunde noch mal dauerhaft zeigen und so seine Form wiederfinden zu können. Nicht ganz zu Unrecht wie ich finde, denn Pacult war bisher jemand mit klaren Vorstellungen von seiner Stammelf. Hat er einen Wunschspieler, dann gehört der auch zur Stammelf (Schulz). Nicht völlig unabhänig von Leistungen, aber durchaus erst mal mit einem Bonus. Was gut für Zusammenspiel und Hierarchie sein mag, fühlt sich für die dahinter vermutlich nicht unbedingt gut an. Schon gar nicht, wenn man Carsten Kammlott heißt, der in seiner Zeit bei RB Leipzig immer wieder durch Nachdenken und Leistungslöcher aufgefallen ist, also vermutlich einen Verein braucht, dessen Trainer ihm auch mal nach zwei, drei Mistspielen vertraut.
Ich schrieb schon einmal, dass ich das Kapitel RB Leipzig und Carsten Kammlott nach derzeitigem Stand der Dinge für ein großes Missverständnis halte und man beim Erkennen von Missverständnissen alles dafür tun sollte, diese aufzulösen. Weswegen es aus sportlicher Sicht absolut sinnig ist, den Wohlfühl-Stürmer Kammlott dahin zurück zu bringen, wo er sich einst wohl fühlte und wo RB Leipzig auf ihn aufmerksam wurde. In Leipzig hat er (wenn Wallner kommt) kurzfristig keine Zukunft, aber einen langen Vertrag, in Erfurt hätte er kurzfristig eine Zukunft (wobei die Kollegen dort vermutlich nicht sehr erbaut sind, wenn Kammlott via Presse bekannt gibt, dass er in Erfurt mehr spielen würde als in Leipzig), aber dummerweise noch keinen Vertrag.
Womit wir beim Haken an der Geschichte sind. Auf der einen Seite steht die Unbekannte Peter Pacult, der lange versucht hatte, Kammlott aufzubauen, an ihm festhielt und vor ein paar Wochen darauf verwies, dass er ein prima Fußballer sei und man ihn nicht abgeben werde. Falls er sich sehr auf den Schlips getreten fühlt, weil Kammlott ihm quasi die Tür vor der Nase zugeschlagen hat und darauf nachtragend reagiert, könnte es für Kammlott auf der RB-Bank ungemütlich werden.
Viel schwerwiegender ist allerdings der wirtschaftliche Moment des Wechsels. RB Leipzig hat 2010 für Kammlott viel Geld (auf jeden Fall sechsstellig, Spekulationen zufolge eher im oberen Bereich) an Rot-Weiß Erfurt überwiesen. Erfurt hingegen ist wohl kaum in der Lage angesichts eher leerer Vereinskassen eine Ablösesumme in irgendeiner Höhe zu stemmen. Da wird man mit dem zusätzlichen Gehalt schon Probleme genug haben. Das Problem daran ist, dass RB Leipzig natürlich daran gelegen ist, auch wirtschaftlich das Gesicht zu wahren. Einen Spieler für sehr viel Geld zu verpflichten, um ihn kurze Zeit später quasi für nen Appel und nen Ei an den selben Verein zurück zu schenken, ist nicht nur ökonomisch ziemlich fragwürdig, es sendet auch das falsche Signal, dass man mit RB in Sachen Transfers gute Geschäfte machen, sprich die ‘Brausekuh’ bis zum Erbrechen melken kann. Das ist aber sicherlich nicht das Signal das RB Leipzig aussenden will, zumal man im sommerlichen Transferpoker um Marcus Hoffmann mit dem SV Babelsberg versucht hat, das Image des Mondpreiszahlers zu zerstreuen. Gut zahlen ja, gemolken werden nein.
In diesem Sinne ist eventuell auch die Reaktion von Wolfgang Loos auf Aussagen aus Erfurt, dass man Kammlott mit offenen Armen begrüßen würde zu verstehen. Der hatte via LVZ-Online verkündet, dass RB keinen Plan habe Kammlott ziehen zu lassen. Was übersetzt auch bedeuten kann: ‘Wenn ihr Interesse habt, dann müsst ihr schon ein bisschen was handfestes auf den Tisch legen’. Wo dann jeweils die Schmerzgrenzen liegen, ist unklar, aber es wird bei einem möglichen Poker mit Rot-Weiß Erfurt für RB Leipzig auch darauf ankommen, das Gesicht zu wahren. Die einzige Variante (aus wirtschaftlicher Sicht) wäre dementsprechend wohl derzeit ein Leihgeschäft. Für eine geringe Leihgebühr bei voller Kostenübernahme durch die Erfurter plus einem tabellenplatzabhängigen, bei Aufstieg ordentlichem Nachschlag im Sommer beispielsweise. Oder durch eine Beteiligung an möglichen DFB-Pokal-Einnahmen der nächsten Saison. Oder ähnliches. Vielleicht ja gar inklusive (realistisch bepreister) Kaufoption bei Zweitligaaufstieg. Vielleicht lässt RB aber Kammlott auch gar nicht gehen, weil man in Erfurt auf dem Standpunkt verharrt, für einen andernorts unzufriedenen Spieler nicht tief in die Tasche greifen zu wollen.
Aus sportlicher Sicht wäre ein Wechsel die Optimallösung für alle Beteiligten (wieder vorausgesetzt der Wallner-Transfer klappt). Ich würde es dem immer noch jungen Kammlott mit seiner an guten Tagen spektakulären Spielweise wünschen, irgendwo wieder Boden unter den Fußballfüßen zu finden. Und der Wunsch besteht auch nach seinem ziemlich deftigen Interview, das ich zumindest menschlich-emotional gut verstehen kann. Ich glaube jedenfalls nach Ansicht der Hinrunde nicht, dass sich Carsten Kammlott im nächsten halben Jahr bei RB Leipzig durchsetzen kann. Und Carsten Kammlott glaubt es offenbar auch nicht. Das hier in Leipzig scheint nicht sein Tanzbereich zu sein.
Man muss das akzeptieren, dass Menschen unterschiedlich sind und demzufolge völlig unterschiedlich mit Druck, einem ausgeglichenem Kader, permanenter Konkurrenz, Anfeindungen und wenig redseliger Nestwärme umgehen. Vielleicht hätte man das (speziell sein Berater) auch schon 2010 herausfinden können, aber auch jetzt im frühen 2012 ist es noch nicht zu spät, Fehler zu revidieren, weswegen er (vermutlich auch in Absprache mit seinem Berater) den Funken in das Pulverfass Wechseldebatte geworfen hat. Egal wie, zu hoffen bleibt, dass Carsten Kammlott relativ unbeschadet aus dieser Geschichte heraus kommt.
PS: Hingewiesen sei auch auf die Anmerkungen zum möglichen Kammlott-Wechsel beim Erfurter Blog stellungsfehler.de. Arbeitstitel: ‘Heimkehr des verlorenen Sohns?’.
Wie nicht anders zu erwarten sind in Deinem Artikel alle Aspekte zum “Fall” Kammlott sehr schön zusammengefasst und eingeordnet. Das ist der Stand der Dinge. Hängt wohl wirklich viel (wenn nicht alles) davon ab, ob Roman Wallner kommt. In Erfurt werden Daumen gedrückt.
Schöner Artikel, schön zu sehen, wie sachlich sich auch Fans mit Spieler und deren Wechselabsichten beschäftigen. Ich wünsche mir solche Berichte in der Tagespresse. Daumen hoch!
Allerdings muss ich dem Satz: “Aus sportlicher Sicht wäre ein Wechsel die Optimallösung für alle Beteiligten.” gegensprechen. Es macht Sinn für 2 von 3 Parteien, nämlich für RBL (Chippi bekommt evtl. Spielpraxis und Selbstbewusstsein) und für CK selbst, wenn er denn die Stammstürmer verdrängen kann.
Allerdings hat der RWE überhaupt keine Not, hat mit Reichwein, Manno und Morabit 3 überdurchschnittliche Drittligastürmer und mit Drexler zumindest einen durchschnittlichen Drittligastürmer in der Hinterhand. Bei einem 2-Mann-Sturm müsste CK erstmal 4 Spieler auf andere Positionen oder auf die Bank verdrängen, was ja schon bei RBL (allerdings mit Spielern anderen Kalibers) nicht funktionierte.
Ich kann mir nur einen risikofreien Transfer vorstellen: Kaum Gehaltskosten für CK und eine Ablöse bei Aufstieg, bzw. bei einer bestimmten Anzahl von Spielen. Mehr wird nicht drin sein…
…halloho..? wen willst du denn verarschen…ich zitiere:
“Allerdings hat der RWE…mit Reichwein, Manno und Morabit 3 überdurchschnittliche Drittligastürmer und mit Drexler zumindest einen durchschnittlichen Drittligastürmer…”
ÜBERdurchschnittlich..? manno..? 4 tore..! morabit..? 1 tor..! reichwein..? 6 tore…das macht bei mir zusammen 11 tore für drei ÜBERdurchschnittliche stürmer…von insgesamt 24 tore…bisher…hau mal nicht so auf die kacke mit der behauptung, rot-weiß sei offensiv gut aufgestellt…und die ausrede, daß zu wenig aus dem mittelfeld nach vorn kommt, ist mir auch zu einfach… kamlott nach ef, manno und morabit…ääähm ja…viel glück…wo auch immer..!
Interessante Anmerkungen. Tatsächlich fehlt mir da ein wenig der detaillierte Einblick in die Erfurter Offensivabteilung, weswegen ich mich ein wenig habe vom Kammlottschen ‘Hach, dann geh ich eben zurück ins heimatlich Erfurt, da werde ich dann immer spielen’ leiten lassen. Aber nun weiß ich wieder ein bisschen mehr und zweifle daran, dass RWE 100% Energie darauf verwenden wird, Geld für CK locker zu machen. Naja, reichlich zwei Wochen sind ja noch Zeit..
Nun ja, die vier genannten Stürmer sind bis auf Reichwein keine “echten” Stürmer. Manno und Drexler spielten öfters auf den Außenbahnen und Morabit als Zehner hinter den Spitzen. Kammlott wäre sicher eine Verstärkung, aber nur für einen gewissen Preis interessant.
Erstmal will ich hier gar keinen verarschen.
Fakt ist, dass unsere Stürmer ins Mittelfeld rutschen (Drexler, Morabit, Manno), weil die Mittelfeldspieler in die Abwehr rücken müssen (Weidlich, Caillas). Wenn Spieler auf fremden Positionen eingesetzt werden, bzw. nicht im Sturm spielen, können sie logischer Weise auch nicht die Leistungen zeigen, die sie bringen können. Aber wenn Sie im Sturm gespielt haben und Caillas und Weidlich im Mittelfeldb Dampf gemacht haben, waren die Leistungen überdurchschnittlich (man vergleiche auch die Einsatzzeiten Mannos mit der Anzahl der Tore). Das Augenmerk liegt also auf der Position des LV und auf Ofuso-Ayeh.
Wenn man “Überdurchschnittlichkeit” allein an Toren fest macht, dann hat @WE-EF recht. 11 Tore in 20 Spielen sind keine sonderlich eindrucksvolle Quote. Alle genannten Offensivspieler haben – aus unterschiedlichen Gründen (Form, Verletzungen, Sperren) – eine enervierend unkonstante Halbserie geboten. Auf gute, teilweise sehr gute, Spiele, folgten Grottenkicks. Aber darum geht es nur am Rande. Die Frage ist: Hat Carsten Kammlott Qualitäten die die genannten Spieler nicht haben. Und meine Antwort auf diese Frage lautet: Ja! Er ist zum Beispiel deutlich schneller als Reichwein (dessen größtes Manko und der Grund warum es sich nie in der 2.Liga durchsetzen konnte). So wie ich ihn (CK) in Erinnerung habe, zeichnet ihn ebenfalls ein sehr direkter Zug zum Tor aus (Pele-ich-bin-dann-mal-weg-Wollitz würde sagen: eine gewisse Torgeilheit). Auch das kann man von Marcel Reichwein nur bei viel gutem Willen behaupten; er wirkt zuweilen etwas grüblerisch – leider auch während des Spiels.
Last but not least zitiere ich jetzt mal Christoph Metzelder, der über Kammlott gesagt hat: „Der ist kaum zu kontrollieren, es gibt für einen Abwehrspieler angenehmere Gegenspieler.“ Hat er nach dem WM-Endspiel über Ronaldo nicht gesagt ;-)
Aber @Guerti hat natürlich gleichfalls recht. Gesetzt dem Fall, unsere Offensivspieler stabilisieren sich in der Rückrunde auf dem Niveau das sie eigentlich zu erreichen in der Lage sind, liegen die Baustellen des RWE nicht im Sturm. Dann könnte man sich exklusiv den Problemzonen auf beiden defensiven Außenpositionen und dem Manko in der Spieleröffnung widmen. Hier wären wir dann bei der anderen derzeit in Erfurt heiß diskutierten Personalie: Marco Engelhardt.
Ich finde es einfach nur Schade, dass der CK beim Pacult nicht die nötige Spielzeit bekommt die er offensichtlich braucht.
Ich würde ihn sehr gerne viel öfter und vor allem länger sehen wollen.
Nun ja, grundsätzlich wünschte ich mir auch/ hätte ich mir gewünscht, dass es Carsten Kammlott packt. Allerdings hat er gerade unter Pacult – wenn er denn eingesetzt wurde – nicht gerade überragende Argumente geliefert, warum man es denn auch weiterhin tun sollte. Von daher würde ich da nicht dem Trainer die Schuld geben, der sich ja im Laufe der Saison auch vor Kammlott gestellt hat (‘super Fußballer, kriegen wir hin, geben wir auf keinen Fall ab’) und das in einer Phase als man damit nicht unbedingt rechnen musste.
Vielleicht liegt ihm die Liga 4 einfach wirklich nicht? Zu tief stehende Abwehrbollwerke – kein Platz um seine Highspeed-Dripplings aufzufahren – etc.
Deshalb:
wenn RB aufsteigt in Liga 3, kanns für Carsten nur besser werden – dann kann er ab 2012/2013 richtig Gas geben und zum absoluten Stammspieler aufsteigen und dann tragen wir ihn durch die Stadt. Wenn es auch in Liga 3 und dem Halbjahr 2012 für ihn nicht besser wird in Leipzig muss er wechseln.
wenn RB nicht aufsteigt (Fussballgott bewahre), kann Carsten noch im Sommer 2012 wechseln. Dann wird RB sicher auch bereitwilliger sein ihn abzugeben.
Wie lange hat er Vertrag (2014?)
2014 ja.
Mich würden zwei weitere Aspekte interessieren:
1.) Wie würde denn die Erfurter Anhängerschaft auf eine Rückkehr reagieren? Es ist ja nun schon so gewesen, dass er damals einigen Leuten vor den Kopf gestossen hat.
2.) Warum sollte es für CK in Erfurt plötzlich viel besser laufen?
Die spielen eine Klasse höher und sind ne eingespielte Mannschaft. Es ist also nicht so, als würde man dort unbedingt auf die Ankunft des Messias warten. Vielleicht hatte CK vor seinem Wechsel einfach eine super Phase und so langsam aber sicher zeigt sich, dass er vielleicht gar nicht soooo gut ist.
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