Mal wieder zu einem meiner Lieblingsthemen neben dem Geschehen bei RasenBallsport Leipzig, zu Felix Magath. Der kam auf die Idee, sein mediales Auftreten durch eine eigene Facebook-Seite zu erweitern. Was erstaunlich ist, da sein Arbeitgeber Schalke 04 in Form des PR- und Pressechefs Rolf Dittrich, noch vor kurzem ernsthaft den Nutzen moderner Webinstrumente wie Facebook oder Twitter anzweifelte und Schalke immer noch keine offizielle Facebook-Seite besitzt. Offenbar ist die Imagepflege für den Schalke-Trainer doch ein Terrain, auf dem sich das Engagement im Web 2.0 lohnt.
Am 09.02. ging es bei Felix Magath mit zwei Beiträgen los, der dritte Beitrag am 10.02. bekam bereits weit über 2.000 (soweit ich das sehen kann positive) Kommentare (soviel kriege ich in meinem ganzen Leben nicht mehr). Und Stand heute sind 110.000 Facebooker mit Felix Magath befreundet. Nur mal zum Vergleich, die inoffizielle Schalke-Fanpage hat mit 132.000 Fans auch nicht wesentlich mehr Anhänger und der gesamte Verein Hannover 96 bringt es gerade mal auf 32.000 Facebook-Freunde. Irre Zahlen, die zeigen, dass jenseits der medialen Schelte für Tansfers und sportlichen Erfolg, die Person Felix Magath offenbar gut funktioniert.
Klar ist, dass Social Media Instrumente unheimlich betreuungsaufwändig sind. Das relativ neue Berufsbild des Community Managers zeugt davon. Eine Facebook-Seite braucht mehr als eine Spiegelung der Webseiten-Infos, insofern hätte Schalkes Rolf Dittrich auch recht, wenn er befürchtet, dass (auch Facebook-) Angebote, die dasselbe machen wie die Webseite von den Inhalten, die der Verein bewusst verbreitet, ein Stückweit weg führen würden und so negative Effekte zu befürchten sind. Wenn man allerdings bspw. die Facebook-Präsenz als kommunikatives Instrument begreift, also die Interaktion mit den Fans sucht und so auch in der Interaktion eigene strategische Ziele verfolgen kann, dann hat man ein nützliches ZUSÄTZLICHES Instrument. Zentral dabei ist tatsächlich der Aspekt des Austauschs. Das klassische Marketing-Bild vom Fan als Informationsempfänger ist bei Facebook natürlich völlig fehl am Platze.
In dem Zusammenhang ist Felix Magaths Facebook-Page bisher durchaus ein positives Beispiel. Neben Informationen und Aufrufen ist es gerade das Aufgreifen von Userthemen (Trainingsplatz Parkstadion, mehr Einsatzzeiten für Jurado), das den Mehrwert bringt. Themen werden von den Fans in Kommentaren eingebracht und versetzt mit neuen Information von Felix Magath (bzw. seinen Community Managern) wieder in den Diskurs zurückgegeben. 110.000 Menschen, die potenziell täglich in ihrem Facebook-Account Informationen vom Verein vorfinden, die sich auch auf Themen beziehen, die von ihnen selbst kreiert wurden. Sollte für Meinungsbildung, Imagepflege und Identitätsstiftung aus Vereinssicht super sein.
Ganz nebenbei hat natürlich auch die Seite selbst ein identitätsstiftendes Moment. 110.000 Menschen, die sich online versichern, dass sie Felix Magath geil finden. In einer Situation, in der man aus der Nachrichtenlage das Gefühl gewann, dass sich niemand mehr auch nur in der Nähe von Felix Magath aufhalten möchte. Die Facebook-Seite setzt dem medialen Bashing eine Selbstversicherung entgegen, die für Schalkes Trainer und damit Schalke selbst tatsächlich neuen, positiven Wind entwickeln kann.
Der Facebook-Auftritt von Felix Magath ist ein gelungener Schachzug im nicht gerade uneingeschränkt freundlichen Verhältnis zum eigenen Anhang. Stichwort gelebte (virtuelle) Fannähe. Ob sich dadurch die Risse auf Schalke auch mittelfristig kitten lassen, weiß ich nicht. Ohne sportlichen Erfolg bleibt wohl jedes Kommunikationsinstrument eines Verantwortlichen bei einem Fußballverein ein Muster ohne Wert.
Trotzdem zeigt die Facebook-Page von Felix Magath jenseits der Anzahl der Likes gerade dem zweifelnden Rolf Dittrich den definierten Nutzen dieses Instruments in den Feldern der Imagepflege, der Krisen-PR und der Identitätsstiftung. Insofern kann er sich aus erster Hand vom Nutzen der modernen Seiten des Netzes überzeugen lassen. Dass jedes Kommunikationsinstrument auch zur Kommunikationsstrategie des Vereins passen muss, bleibt dabei unbenommen. Insofern ist es natürlich denkbar, dass Rolf Dittrich aus seiner Sicht des Presse- und Marketingchefs auch weiterhin strategisch vernünftige Begründungen für den kritischen Blick auf das Web 2.0 hat. Diese mögen sich mir persönlich nicht erschließen, aber deswegen bin ich wohl auch Blogger und nicht Kommunikationsexperte bei Schalke 04.