Was sind Ihre Lehren nach dem ersten Jahr in Salzburg?
Wir haben Schritte in die richtige Richtung gemacht. Aber wir sind noch lange nicht da, wo wir hin wollen. Das ist auch im Denken so. Red Bull ist erst vor fünf Jahren ins Fußballgeschäft eingestiegen und muss sich erst entwickeln. Ich bin froh, dass mit Didi Beiersdorfer ein Mann gefunden wurde, der Strukturen einführen kann, der die Organisation nicht nur in Salzburg, sondern auch in Leipzig und New York sowie in den beiden Akademien vereinheitlicht. Das muss so sein. Es muss nämlich immer um den Fußball gehen und nicht allein um Marketing. (…) Das habe ich am Anfang gespürt: Bei Fototerminen musste ich so und so machen, also wie ein Model posieren. Dann habe ich gesagt: “Aber Jungs, wir sind doch bei einem Fußballverein.” In diese Richtung haben wir uns im letzten Jahr schon weiterentwickelt. (Huub Stevens am 15.05.2010 gegenüber dem Kurier [broken Link/ 20.04.2011])
Dietmar Beiersdorfer hatte den selben Sachverhalt ja schon einmal ausgedrückt, indem er betonte, dass es um „nachhaltig gelebte Fußball-Kultur“ gehen müsse. Letztlich hängt das Wohl und Wehe von RasenBallsport Leipzig genau davon ab, inwieweit man es schafft einen FUßBALLclub aufzubauen, also einen Club, dessen sportliche Seiten mit seinen Höhen und Tiefen, Gewinnern und Verlierern im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Im Moment ist man da aus meiner Sicht auf einem vernünftigen Weg.
Red Bull ist durch Marketing groß geworden. Ganz konkret durch das Marketing-Genie Mateschitz. Sein Weg war mit marketing, Marketing und nochmals Marketing erfolgreich gepflastert. Er hat mit dem Slogan und dem aufgebauten Image ein Getränk in einer Weißblechdose verdammt gut verkauft. Den Leuten der alteingesessenen Getränkeriesen ist damals bei der Markteinführung ja der Kiefer komplett runtergeklappt.
Die ganze Geschichte auf einen Fußballverein zu ttransportieren geht nur bis zu einem bestimmten Punkt gut. Es bedarf auch einer eigenen Fußballidentität, Fankultur, authentische Emotionen (die dürfen auch Verärgerung über eine schlechte Spielleistung beinhalten), seriöse Medienarbeit, Nachhaltigkeit und kein kurzes Strohfeuer. Das dann auch eine gute Prise Marketing nicht schadet liegt auf der Hand.
Ich stimme dem absolut zu. Zudem vergisst man manchmal, dass ja die ‘normalen’ Clubs vor dem selben Problem der sinnvollen Verknüpfung von Fußball und Marketing stehen. Wenn Bremens Trainer Schaaf sich darüber beschwert, dass Spieler von ihm sinnlose Nutella-Spots drehen, dann spricht er praktisch über nichts anderes als Huub Stevens. Von den Hauptsponsoren der Bundesliga-Clubs, die auch ihr Marketing-Recht einfordern mal ganz abgesehen. Eine neue Komponente bekommt das ganze bei RasenBallsport ja nur, weil hier der Hauptsponsor quasi sein Image (wir verleihen Flügel) direkt als Fußballverein konzipiert und nicht versucht vom bereits vorhandenen Image des Vereins zu profitieren. Da bedarf es erst recht sportlich Verantwortlicher, die dem Verein sein Fußballleben einhauchen. Huub Stevens steht offensichtlich dafür ohne in platte Anti-Marketing-Parolen zu verfallen.