Der Transfergerüchte-Berg kreißte und er gebar mit Bastian Schulz [broken Link] einen defensiven Mittelfeldspieler! Was für eine Pointe, nachdem man sehnsüchtig darauf wartete, welchen Innenverteidiger, Linksverteidiger oder meinetwegen auch Offensivgeist man bei RB Leipzig aus dem Transferhut zaubern würde. Ein defensiver Mittelfeldspieler erscheint auf den ersten Blick als völlig überflüssige Verpflichtung. Lagerblom, Rost, Geißler, Rosin, Ernst, Sebastian und Laas heißt die lange Liste derer, die sich auf dieser Position wohl fühlen würden. Wobei Laas unter Trainer Pacult als aussortiert und freigegeben für einen Wechsel gilt; Ernst und Rosin in der Vorbereitung und Ernst auch in den Pflichtspielen als Innenverteidiger eingesetzt wurden, sprich von Pacult eher dort gesehen werden; und Tim Sebastian Backup für den Rechtsverteidigerposten und Notnagel in der Innenverteidigung ist.
Womit nur noch Lagerblom und Rost als Stammkräfte im defensiven Mittelfeld bleiben, die beide in den letzten Wochen mit Blessuren zu kämpfen hatten. Und ein Tom Geißler, in den Pacult offenbar nicht 100%iges Vertrauen setzt. Wie schlecht das defensive Mittelfeld besetzt ist, wenn Rost und Lagerblom ausfallen, durfte man gegen den HSV II bestaunen, als das Spiel mit Doppelsechs Geißler/ Rosin in den letzten knapp 20 Minuten komplett seine Ordnung verlor. Von daher könnte man auch die nur auf den ersten Blick überraschende Behauptung aufstellen, dass Bastian Schulz eine zwangsläufige Verpflichtung ist, um eine zentrale Position im 4-2-3-1 oder im 4-2-2-2 tatsächlich mit hoher Qualität zu besetzen.
Und hohe Qualität verspricht der 26jährige Bastian Schulz, der bei Hannover 96 seine ersten Schritte im Profigeschäft machte und 2008, damals schon 23jährig in der Bundesliga Fuß fasste. Immerhin 21 Einsätze 2008/2009, davon 12 von Beginn an sind keine schlechte Bilanz. Dass es für ganz oben vielleicht dann doch nicht reicht, zeigte die weitere Karriere. Von Hannover 96 in die zweite Liga zum 1.FC Kaiserlsautern abgegeben, wurde er dort zum Stammspieler ehe ihn eine Verletzung zurück und aus der Mannschaft warf. In welche er wieder gesund nach dem Bundesliga-Aufstieg vor einem Jahr nicht mehr hineinfand. Weswegen der Abgang bei Kaiserslautern als logische Konsequenz erscheint.
Erstaunlich finde ich, dass Bastian Schulz, glaubt man dem allgemeinen, offiziellen und inoffiziellen Medientenor als Spielertyp im defensiven Mittelfeld den bisherigen Typen Lagerblom und Rost ziemlich ähnelt. Robust, Stärken in der Balleroberung, Schwächen in der Spielgestaltung. Wo man spontan vermuten könnte, dass man bei RB Leipzig, also einem Team, das in der Regionalliga in den meisten Spielen den höheren Ballbesitz als der Gegner haben wird, eher einen gestaltungsfähigen Strategen im defensiven Mittelfeld bräuchte. Also einen Typ Alexander Laas. Der aber offenbar von Peter Pacult nicht gebraucht wird. Mal sehen, wie sich das dann auf dem Feld umsetzt und ob die kreativen Außenpositionen die möglicherweise fehlende, kreative Qualität (bei Ballbesitz wohlgemerkt, nicht bei schnellem Spiel nach Balleroberung) in der defensiven Zentrale über einen langen Zeitraum kompensieren können.
Ich bin insgesamt ein wenig unschlüssig über den Transfer von Bastian Schulz, eine Unschlüssigkeit, die ich erst nach persönlicher Inanschaunahme überwinden werde. Grundsätzlich finde ich, dass eine Verpflichtung im defensiven Mittelfeld nicht unsinnig ist. Zumal durchaus denkbar wäre, dass man dadurch Pekka Lagerblom auch mal auf die Innenverteidiger-Position schieben und so Spielaufbau-Potenzial schon aus der Abwehr heraus kreieren könnte. Andererseits würde ich spontan behaupten, dass man mit dem Spielertyp Balleroberer vielleicht die falsche Wahl getroffen hat.
Egal wie, bei mir hat Bastian Schulz schon mal ein kleines Steinchen aufs Brett gelegt, indem er in der heutigen LVZ im Interview im Widerspruch auch zum Ex-Kollegen und Traditionalisten Mathias Abel folgendes von sich gab:
Begeisternden Fußball spielen und die Leute an den Verein binden, kann man auch ohne 100-jährige Historie.
So sieht es aus, die Geschichten und Geschichtchen von denen man sich noch morgen erzählen könnte, werden heute geschrieben. Falls Bastian Schulz ein kleines Kapitel zum Thema beizutragen hat, würde ich das sehr begrüßen. Herzlich Willkommen in Leipzig. Ich bin gespannt, wenn auch vorerst nicht restlos überzeugt.