Trainerwechsel. Immer schwer in Mode, wenn es mal nicht so richtig läuft bei einem Fußballverein. Wo auch immer da in Sachen Unzufriedenheit bei den einzelnen Vereinen die Schmerzgrenze liegt. Nach RB Leipzig in der letzten schaffte es 1860 München in dieser Woche den Chefcoach auszutauschen. Erneut muss man in dem Fall sagen, denn die Löwen hatten in der Hinrunde schon Ricarco Moniz durch Markus von Ahlen ersetzt.
Gebracht hatte das tabellarisch trotz dreier Unentschieden aus den letzten vier Spielen gegen Teams aus den oberen Tabellenregionen wenig. Als Drittletzter wollte man sich auf dem Trainerposten noch mal neu orientieren. Zwei Uwes, nämlich Neuhaus und Rösler sollen auf der Kandidatenliste gestanden und auch nicht abgeneigt gewesen sein. Am Ende beförderte man etwas überraschend den U23-Coach und machte Torsten Fröhling zum Chefcoach, wobei man in Münchener Medien munkelt, dass da Investor Ismaik seine Hände im Spiel gehabt und eine größere Lösung verhindert hätte. Ein zu diesem Spielchen geradezu passender Coup wäre es, würde von Ahlen nun wieder zurück auf seinen alten U23-Posten rücken, den er bis zum Sommer 2013 bekleidet und dann an Fröhling übergeben hatte.
Insgesamt acht Trainerwechsel gab es bisher in dieser Saison (wenn man mal die Kurzzeitinterimslösung Frank Heinemann in Bochum außer Acht lässt), wobei St. Pauli und 1860 gleich für vier der Wechsel verantwortlich sind. Am Wochenende treffen sie aufeinander. Während diesmal die Münchener mit neuem Trainer ins Spiel gehen, waren es im Hinspiel die Hamburger. Die damals bei der Premiere von Thomas Meggle wenig Glück hatten und ihr Heimspiel 1:2 verloren.
Das Ergebnis steht ein bisschen prototypisch für die Saison, denn so richtig Glück hatten bisher sowohl 1860 als auch St. Pauli nicht mit ihren Wechseln. Roland Vrabec begann beim FC St. Pauli mit 1,0 Punkten pro Spiel (4 Partien), übergab an Thomas Meggle, der 0,69 Punkte pro Spiel holte (13 Spiele), woraufhin Ewald Lienen zuletzt wieder 1,0 Punkte pro Spiel errang (4 Partien). In München begann Ricardo Moniz mit 6 Punkten in 7 Spielen (0,86 pro Partie) und Markus Ahlen folgte dem mit exakt identischer Ausbeute pro Spiel bei 12 Punkten aus 14 Spielen. Positive Trainerwechseleffekte sind bei beiden Teams im Abstiegskampf also bisher nicht wirklich zu verzeichnen. Und in Sachen Wechseln des Trainers dürften beide Clubs ihre Patronen inzwischen verschossen haben. Obwohl, bei 1860 München sollte man wohl nie nie sagen.
Keinen ganz großen kurzfristigen Effekt hatte auch der Trainerwechsel in Aue. Wobei sich Tomislav Stipic gegenüber der Bilanz von Falko Götz als seinem Vorgänger (0 Punkte aus vier Spielen) schon rein logisch nur verbessern konnte. Die 14 Punkte aus 15 Spielen bis zur Winterpause (0,93 pro Spiel) unterschieden sich allerdings von den Bilanzen der oben genannten Coaches auch nicht. Die sechs Punkte seitdem aus zwei Spielen nach der Winterpause peppen die Bilanz ordentlich auf (nun 1,18 Punkte im Schnitt) und verschafften Stipic sogar eine vorzeitige Vertragsverlängerung.
Interessant an der Aue-Stipic-Nummer, dass man schon vor der Winterpause abseits der Punktebilanz sehen konnte, dass Stipic zu einer deutlichen Verbesserung des spielerischen Auftretens beitragen konnte. Und nun nach der Winterpause vorerst und damit eher auf lange Sicht belohnt wurde. Wobei noch unklar ist, wie nachhaltig diese sportliche Entwicklung ist. Aue hat in der Winterpause z.B. mit Mugosa, Wood oder Fandrich vor allem Spieler geholt, die anderswo auf der Bank saßen und befreit von den psychologischen Fesseln des Schattendaseins sofort mit sehr hoher Motivation bei der Sache sind. Andererseits saßen sie natürlich nicht umsonst bei anderen Zweitligaclubs auf der Bank oder gar der Tribüne und man wird abwarten müssen, ob das Auer Neuzugangsgebilde auch auf Dauer und im sportlichen Alltag trägt.
Fakt bleibt, dass auch Stipic wie Meggle, Lienen oder von Ahlen kurzfristig das Punkteruder nicht herumreißen konnte. Während sich beim Bochumer neuen Mann Gertjan Verbeek und beim RBLer Achim Beierlorzer nach nur zwei Spielen bzw. einem Spiel noch wenig über einen Trainereffekt aussagen lässt, kann man den Nürnberger René Weiler, der in der Hinrunde den glücklosen Valerien Ismael ersetzte, als bisher einzigen Trainer benennen, bei dem sich die Idee des Wechsels auch sofort in Punkten ausdrückte (auch wenn es spielerisch nicht immer Sahne war, stimmte meist die Spielstruktur). Während Ismael in 13 Spielen 14 Punkte holte (1,08 im Schnitt), sind es unter Weiler in den letzten acht Spielen schon 16. Diese zwei Punkte pro Spiel sind absolutes Liga-Toplevel, wenn man bedenkt, dass Spitzenreiter Ingolstadt bisher in dieser Saison pro Spiel 2,05 Punkte geholt hat.
René Weiler ist auch bisher neben Markus von Ahlen der einzige der während der Saison neu verpflichteten Trainer, der mit einem Sieg starten konnte (2:1 gegen Ingolstadt; von Ahlen 2:0 gegen Fürth). Ansonsten viel Pleiten, Pech und Pannen. Meggle startete mit einer Heimniederlage gegen 1860, Lienen mit einer Niederlage in Ingolstadt, Stipic mit einer Niederlage in Darmstadt, Verbeek mit einer Niederlage bei Union Berlin und Beierlorzer mit einer Heimniederlage gegen den FSV Frankfurt. Selbst Bochum-Interimscoach Frank Heinemann startete ohne Sieg, holte aber immerhin ein torloses Unentschieden in Sandhausen. Mal sehen, wo sich 1860-Neucoach Torsten Fröhling nach dem Spiel gegen St. Pauli in dieser Reihe einordnet.
Alles in allem zeichnen die Trainerwechsel der aktuellen Saison eher das Bild, dass die kurzfristigen Effekte enorm überschaubar sind. Letztlich auch plausibel, dass ein während der Saison zu einem strauchelnden Club kommender Trainer, der keinen Einfluss auf Kaderplanung und Saisonvorbereitung hatte, im Normalfall kurzfristig auch nur wenig an der grundsätzlichen Ausrichtung ändern und der schnelle Erfolg auch mal ausbleiben kann. Und langfristig ist es dann eben auch eine Frage der Trainerqualität und was für Konzepte und Ideen er in der Lage ist umzusetzen. Als nicht sofort erfolgreicher Feuerwehrmann kommt man halt aber eher selten in den Genuss, diese langfristige konzeptionelle Arbeit auch leisten zu dürfen.
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22. Spieltag
- SpVgg Greuther Fürth – SV Sandhausen – 1
- VfR Aalen – FC Ingolstadt – 1
- FC Erzgebirge Aue – SV Darmstadt 98 – 0
- Karlsruher SC – VfL Bochum – 1
- TSV 1860 München – FC St. Pauli – 1
- Fortuna Düsseldorf – 1. FC Nürnberg – 1
- 1. FC Union Berlin – 1. FC Heidenheim – 2
- FSV Frankfurt – 1. FC Kaiserslautern – 2
- Eintr. Braunschweig – RB Leipzig – 0
Bisherige Tippquote: 81 von 189 (Quote bei RB-Spielen: 7 von 21)
Ich muss sagen, von Aue bin ich derzeit ziemlich begeistert. Tomislav Stipic scheint dort hervorragende Arbeit zu leisten. 8 (!) Winterneuzugänge müssen erstmal integriert werden… Das scheint ihm richtig gut gelungen zu sein.
Ich weiß nicht ob jemand aus der Leserschaft das letzte Spiel gegen Düsseldorf (3:2) gesehen hat – ganz großes Kino! Enormer Kampfeswille, starke Dribblings (wie man auch gegen RB sehen konnte), blitzschnelle Konter. Die haben sich bis zur letzten Minute aufgeopfert und wurden völlig zu Recht mit 3 Punkten belohnt. Der Sieg gegen RB vor 14 Tagen wurde eben nicht nur errungen weil RB schlecht, sondern weil Aue (als Tabellenletzter, nicht zu vergessen) richtig gut war.
Nach dem Spiel Aue : Düsseldorf entschwebte mir echt ein Seufzer „Ach wenn es bei RB nur auch solch einen Ruck geben würde…“. Die Scharmützel abseits des Rasens einmal außen vor, wünsche ich mir sehr, dass Aue als zweiter sächsischer Verein der Liga erhalten bleibt. Wenn sie ihre derzeitige Form erhalten, dürfte das gelingen.