Meine letzten Berichte zu Spielen begannen immer mit einem Lob des Publikums, das darauf beruhte, dass das Publikum jederzeit auf Ballhöhe mit den nicht immer hochklassigen Spielen mitfieberte. Pfiffe gab es auch bei misslungenen Aktionen dabei wenige, weil man auch immer den Eindruck hatte, dass die Mannschaft alles ihr mögliche versucht. Gegen die U23 aus Wolfsburg gab es vor allem zur Pause ein gellendes Pfeifkonzert. Ein völlig berechtigtes, das die These, dass sich das Publikum immer auf Ballhöhe befindet, eher bestätigte als widerlegte.
Man könnte nach diesem Spiel sagen, dass Wolfsburg nur einmal gefährlich aufs (bzw. ins) Tor geschossen hat. Man könnte sagen, dass das sehr frühe 0:1 in der 3.Minute den Wolfsburgern in die Karten spielte. Man könnte sagen, dass sich RB Leipzig bei diversen gefährlichen Weitschüssen (Lewerenz, Ismaili, Baier) das Unentschieden verdient gehabt hätte. Man könnte aber auch – näher an der Wahrheit dran – einfach eingestehen, dass diese Niederlage vollauf verdient war gegen einen in allen Belangen besseren Gegner, dessen einziger Fehler darin bestand, die Ball- und Spielsicherheit nicht in Torgefahr oder gar Tore umzusetzen.
Die erste Halbzeit von RasenBallsport Leipzig lässt sich gar nicht in Worte fassen. Dagegen war selbst das Spiel in Braunschweig, mein persönlicher negativer Vergleichspunkt, noch fast akzeptabel. Ob Spiel ohne oder mit Ball, Spielabstimmung, Standards, Defensive oder Offensive, es gab nirgends einen Ansatzpunkt, auf dem man hätte aufbauen können. Die ärmste Sau im RasenBallsport-Spiel war der Spieler in Ballbesitz, der alleingelassen von der Hilfe der Mitspieler entweder ein Dribbling gegen ein bis zwei oder gar drei (Lewerenz) angreifende Gegner versuchen konnte und dabei meist den Ball verlor oder aber zur Vermeidung des direkten Ballverlustes den Ball simpel in die Spitze schlagen musste, wo er dann spätestens verloren ging. Anschließend spielten sich die Wolfsburger in aller Ruhe den Ball zu, bis nach gefühlten 15 Ballkontakten die RasenBallsportler wieder ran durften mit der Wahl erfolgloses Dribbeln vs. erfolgloses Ball nach vorne dreschen. Grausam.
Beim Zugucken fühlte man sich wie im falschen Film, schließlich schreiben wir Spieltag 10 und nicht mehr 2. Langsam sollte die Mannschaft Spielsystem und Plan zeigen, sollten Automatismen anfangen zu greifen, sollte die Mannschaft zeigen, dass sie in den letzten Wochen Schritte nach vorne gemacht hat. Mit dem heutigen Spiel und der Entwicklung dahin an den letzten Spieltagen zeigt die Mannschaft eher, dass ihr ein Konzept fehlt bzw. wenn sie eins hat, dieses nicht versteht. Letztlich ist für spieltaktische Dinge natürlich direkt die sportliche Leitung verantwortlich und ohne dies zu hoch zu hängen, die Mannschaft ist derzeit spieltaktisch definitiv nicht besser als das Team der letzten Saison. Eigentlich Zeit für eine schonungslose Analyse der Situation seitens des Trainerstabs und der Suche nach Konzepten, wie man die spielerische Krise der RasenBallsportler überwinden kann. Zumal es zwar richtig ist, dass man nicht auf die Konkurrenz aus Chemnitz – die bei den derzeitigen Punkteabständen gar keine direkte Konkurrenz mehr ist – sondern nur auf die eigene Entwicklung gucken sollte, aber irgendwann wird der Abstand zur Spitze so groß, dass die Aussage, dass die Saison noch lang ist und auch Chemnitz noch schwächeln wird, nur noch Floskel und nicht mehr Aufbruchsignal ist.
Halbzwei zwei war dann wesentlich besser als Hälfte eins und dennoch weit davon entfernt gut zu sein. RasenBallsport Leipzig nun mit dem Versuch die fehlenden spielerischen Mittel mit Power auszugleichen. Bei diversen Aktionen zeigten insbesondere Ismaili und Lewerenz, dass der Versuch des schnellen Zusammenspielens gegen jeden Gegner Sinn macht und zumindest ansatzweise gefährliche Situationen produziert. Viel mehr als die drei schon erwähnten sehr gefährlichen Distanzschüsse sprangen aber dennoch nicht heraus.
Fazit: Spiel und Wetter ergänzten sich in ihren desolaten Ausmaßen perfekt. Von den freikartenbedachten Erstklässlern mit Begleitung werden wohl nicht allzuviele wiederkommen. Und vom Aufstieg muss nach diesem Spiel sowieso niemand reden. Es kann nur besser werden. Wird es hoffentlich auch.
Randbemerkung 1: Ich bin sicher kein Taktikguru. Aber die Tatsache, dass die Mittelfeldspieler (die 6er), gegen Wolfsburg Rost und Geißler, bei Ballbesitz der Innenverteidiger eher vom Ball weglaufen als ihn sich zu holen, scheint mir für den Spielaufbau wenig zuträglich. Da dies aber mehr oder weniger alle auf dieser Position eingesetzten Spieler so halten, scheint dahinter System zu stecken. Scheint mir eins zu sein, was nur schwer nachvollziehbar ist.
Randbemerkung 2: Schon mal erwähnt, hier nochmal. Bereits Mitte der ersten Halbzeit nach Carsten Kammlott zu rufen, wie es der Fanblock tat, ist – um in einem vereinsbezogenen Vergleich zu bleiben – Bullshit. Carsten Kammlott ist weder Heilsbringer noch Überstürmer noch jemand, der bisher damit aufgefallen wäre, eine spielerisch nicht funktionierende Mannschaft mitreißen zu können. Die schlechte Leistung aller Spieler in Hälfte eins auf dem Rücken der eingesetzten Stürmer auszutragen und Kammlott die Bürde des Retters aufzuladen, wird keinem der Beteiligten gerecht.
Randbemerkung 3: In sehr kleinem Maßstab schalkeesk war der Stadionsprecher, der nach Spielende für Erleichterung sorgte, als er eine 1-2-Niederlage der Chemnitzer vermeldete. Die Freude dauerte etwa eine halbe Minute. Zugegeben, die Art der Enttäuschung nach Korrektur der Chemnitzer Niederlage in einen Sieg war mit der bei Schalkes Beinahemeisterschaft sicherlich nicht mal ansatzweise zu vergleichen..
Lichtblicke:
- Lars Müller: wirkte gerade in Halbzeit eins als der Einzige mit Normalform. Defensiv sehr aufmerksam und offensiv mit vergleichsweise geringer Fehlerquote.
- Shaban Ismaili: gefällt mir persönlich in jedem Spiel sehr gut. So auch heute wieder. Gerade in Hälfte zwei einer der ganz wenigen, die ein wenig spielerischen Schwung in die Aktionen brachte, wobei er von Steven Lewerenz auch einige Male sehr gut unterstützt wurde.
Schattenblicke:
- Ingo Hertzsch: wirkte gedanklich langsam, diverse Aussetzer im Aufbauspiel, aber auch in der Rückwärtsbewegung.
- Tom Geißler: vielleicht ist es ein wenig unfair ihn negativ herauszuheben, aber von ihm erwartet man auch ein wenig die kreativen Akzente. Diese hat er derzeit überhaupt nicht zu bieten. Macht das Spiel langsam, hat diverse Ballverluste, strahlt keine Gefahr aus. Damit hebt er sich nicht sehr von seinen Nebenleuten ab, daran krankte aber in letzter Konsequenz gegen Wolfsburg das Spiel.
Links: RBL-Bericht [broken Link], RBL-Liveticker [broken Link], RB-Fans-Bericht [broken Link], MDR-Bericht [broken Link], VfL-Bericht [broken Link]
Zu dieser Spiel(e) bewertung gibt es nichts hinzu zufügen.
Oder doch, ich kann bis heute keine sich auszahlende Leistungssteigerung erkennen.Für mich ist es jedesmal die selbe Soße neu aufgewärmt.
Deiner Spielbewertung und -analyse kann man wenig hinzufügen. Meine Ergänzungen/Beobachtungen: Ich hatte das Gefühl, das die Umstellung Lewerenz nach der Halbzeitpause auf rechts spielen zu lassen, einiges im Vorwärtsgang verbessert hat. Aber es war so wie du schreibst, der ballführende Spieler wurde meist total allein gelassen, es war zu wenig Bewegung im Spiel von RB, und damit so gut wie keine Anpielstation im Vorwärtsgang. Aber auch in der Defensive wurden keine Räume eng gemacht, die Gegenspieler zu spät und zu ungestüm/ungeschickt angegriffen. Bälle wurde teilweise simpelst verloren, die Zuspiele kamen sehr ungenau.
Ich denke für die Defensive müssen alle Spieler besser mitarbeiten, schneller zurück kommen. In der Offensive fehlt mir auch ein Mann mit Ideen und Mut, vielleicht lässt sich ja da einer irgendwo weit oben ausleihen. Auch das Umschalten von der Defensive in die Offensive nach einem Ballgewinn, dauert gefühlt ewig. Der Zuschauer/Fan wird wahnsinnig auf seinem Sitz und möchte runterrennen und sich vorn anbieten ;-)
Manchmal wird auch die naheliegendste Anspielstation ignoriert, Hertzsch und Kläsener haben dies irgendwie beide gleich drauf (Blick zur zugestellten Mitte obwohl auf der Außenbahn ein freier anspielbereiter Mitspieler wartet).
Langsam ist es an der Zeit, den jungen Spaß-Fußballern aus Chemnitz den Kopf zu verdrehen – mit dem einen oder anderen Euro mehr, die sie bei RB ab Januar verdienen könnten.
@Alex,
ich denke dass man sich bei höherklassigen Spielern bedient. Chemnitz wird in Schwierigkeiten geraten sobald Verletzungsprobleme zu beklagen sind.
@Alex: gute Idee eigentlich. Wenn sich einer der Chemnitzer, also der jungen Chemnitzer, nicht der alten Chemnitzer in der Verteidigung zum Beispiel, in Leipzig erdreistet, ein gutes Spiel zu machen, wird er aufgekauft, anschließend auf die Tribüne oder in die Bezirksliga geschickt und nach Vertragsende kann er sehen, wer ihn noch haben will. Jan Schlaudraff lässt grüßen. Super. Sie können sich aber auch noch freiwillig ergeben, die Chemnitzer. ;-)
Und nicht vergessen dass das dann alles unter Zwang geschieht. Keiner von denen würde etwa “GELD” nehmen um sich persönlich zu bereichern.
Nein, nein, man geht dann nur wegen der tollen “Perspektive” zu RB!
@ dröhn: das klang doch jetzt ein wenig sarkastisch lol
Ich habe da eine andere Theorie. Ich glaube diesen Aufstiegsmoloch sollte man einfach mal abschalten!
Ja wir wollen jedes Jahr aufsteigen (allein die Vorstellung ist ziemlich Krass), aber um jeden Preis? Die Spieler haben Kreativität und vorallem Spielfreude entwickelt- bei den Testspielen war sie noch da, aber schon im 1. Spiel gegen Türky. war klar, die Jungs haben ein riesiges mentales Problem das keiner so einfach wegwischt.
Chemnitz muss gar nix, steigen sie auf sind sie die Helden, werden sie 2., sind sie es wohl immer noch und wir noch böser!
Für mich soll der bessere Aufsteigen! Bitte keine Insolvenzen, keine Reformen oder Verschiebungen- einfach nur das beste Team.