Außer Spesen nichts gewesen. Zumindest sportlich gab es für RB Leipzig beim Chemnitzer FC nichts zu holen. Zum ersten Mal in dieser Saison verlor man völlig verdient und als deutlich schwächeres Team ein Drittligaspiel. Und verpasste somit einen Big Point im Kampf an der Tabellenspitze und somit ein Zeichen an die Konkurrenz.
Wenn man das Spiel auf eine Szene zusammenschrumpfen will, dann findet man wohl im 0:1 nach einer reichlichen Viertelstunde alle Elemente, die an diesem Tag für RB Leipzig nicht stimmten. Im Mittelfeld findet man den Zugriff nicht. Auf der rechten Chemnitzer Seite läuft Ronny Garbuschewski davon. Dessen nicht sonderlich gefährlichen Schuss aus spitzem Winkel klatscht Fabio Coltort in die Mitte ab. Wo dann Dominik Kaiser und Fabian Franke als letzte Sicherheitsinstanzen nicht damit rechnen, dass ihr Torhüter auch mal patzen könnte und dementsprechend den entscheidenden Schritt zu spät kommen, um den erst 18jährigen Startelfdebütanten Christian Mauersberger, der letzte Woche mit der U19 in Leipzig noch mit 0:4 untergegangen war, am Erzielen des Tores zu hindern.
Und so lief letztlich das ganze Spiel von RB Leipzig und praktisch über fast 90 Minuten. Nicht gut gespielt, dazu fehleranfällig, im Fall der Fälle auch bei Abprallern ohne Glück und fast immer einen Schritt zu spät. Eine komplexe Mischung, die einen Punktgewinn eigentlich unmöglich machte. Und doch lag er bis zur 87. Minute und bis zum 1:3 erstaunlicherweise im Bereich des Möglichen.
Angefangen hatte das Spiel mit dem Paukenschlag, dass Yussuf Poulsen nicht einmal im Kader stand. Er soll zu spät zur Abfahrt gekommen sein, hieß es nach dem Spiel. Was, wenn es stimmt, tatsächlich ein guter Grund wäre, ihn mit einem Ausschluss aus dem Kader zu bestrafen. Für ihn durfte schließlich doch Matthias Morys mitfahren (der eigentlich nach Muskelverletzungen geschont werden sollte) und im Kader stehen, der nach seiner späten Einwechslung auch noch mal ordentlich Betrieb machte undder hoffentlich demnächst wieder von Beginn an spielen kann. (Dubios an der Geschichte ist allerdings, warum Morys, der ja eigentlich zu Hause bleiben sollte, plötzlich mit im Bus nach Chemnitz sitzen sollte, wenn man doch Poulsens Verspätung vorher nicht ahnen konnte.)
Für Yussuf Poulsen durfte Denis Thomalla von Beginn an auflaufen. Womit es zumindest beim 4-3-3 blieb. Leider blieb es auch bei der uninspirierten Spielweise im Spiel mit und gegen den Ball aus dem Regensburg-Spiel.
Wobei sich das Spiel in der ersten Viertelstunde gar nicht so schlecht anließ. Denn keine der beiden Mannschaften konnte sich entscheidende Vorteile verschaffen. Man neutralisierte sich irgendwo zwischen den Torräumen und umkämpfte das Spiel. Auf insgesamt wenig inspirierte Art und Weise. Beidseitig. RB Leipzig versuchte sich im Spielaufbau, aber nicht sonderlich gut. Der Chemnitzer FC versuchte aus der Ungenauigkeit Kapital zu schlagen, ohne dies zu schaffen.
Das oben angesprochene 1:0 fiel mithin ein wenig aus dem Nichts. Und als ob die Verkettung verschiedener Unzulänglichkeiten bei diesem Gegentor nicht schon gereicht hätte für die nächsten 75 Minuten, dauerte es nur zwei Minuten bis zum 2:0, das eine Mischung aus Genie (Ronny Garbuschewski) und Wahnsinn (RB-Verteidigung) war. Ein Freistoß im Mittelfeld wird lang in die Spitze gespielt, wo Hoheneder und Jung Ronny Garbuschewski nur begleiten und dieser den Ball perfekt mit der Brust mitnimmt und ins Tor spitzelt. Leider auf der falschen Seite das Tor, aber ansonsten ein Moment zum Zungeschnalzen, der mit dritter Liga nicht viel zu tun hatte. Sehr großartig.
Das einzige, was an diesem Tag für RB Leipzig nicht nach negativem Plan lief, war der Anschlusstreffer nur kurze Zeit später, den Thomalla per Kopf nach einem Eckball erzielte. Ein Tor, das für den Rest des Spiels die Hoffnung zurück brachte und das Spiel letztlich zu einem umkämpften machte. Auch wenn selten ernsthafte Chancen bestanden, dass das Spiel wirklich kippen könnte.
Der Chemnitzer FC in der ersten Halbzeit noch mit zwei Riesenchancen auf Tore, unter anderem mit einem Schuss von Anton Fink an die Lattenunterkante, der aber einen knappen Meter vor der Torlinie wieder aufsprang. Sebastian Heidinger auf der anderen Seite kurz vor dem Pausenpfiff mit einem Schuss, der an seinen Treffer gegen Regensburg erinnerte und der die einzige Annäherung an einen möglichen Ausgleich bedeutete.
Wer erwartet hatte, dass es nach der Pause noch mal mit neuem Schwung Richtung Ausgleich ginge, sah sich bald enttäuscht, denn weiterhin lief gen CFC-Tor wegen eigener Schwächen in der Offensive und gegnerischen Stärken in der Defensive nichts zusammen. Ganz im Gegenteil gewannen jetzt die Gastgeber mit dem Selbstvertrauen aus der ersten Halbzeit immer mehr Kontrolle über das Spiel und setzten nach Ballverlusten gefährliche, nadelstichartige Gegenstöße mit denen sie das Spiel auch schon früher hätten entscheiden können.
Bei RB Leipzig versuchte man es mit totaler Offensive und brachte Matthias Morys. Aber auch dies passte zu diesem Spiel, denn die Maßnahme Kimmich aus dem Spiel und dafür Thomalla ins Mittelfeld zu nehmen, fruchtete überhaupt nicht, weil Thomalla in dieser Rolle komplett überfordert wirkte. Erst die Einwechslung von Röttger für Kammlott behob das Dilemma, weil Thomalla wieder weiter nach vorn rücken und Röttger Thomallas Rolle sehr viel besser spielen konnte. Ohne durchschlagenden Erfolg freilich.
Beteiligt war dann Röttger doch noch am 1:3, als er im Mittelfeld begleitet von einem mehr oder weniger deutlichen Foulspiel den Ball verliert und der Konter dann ausgerechnet von dem in den letzten Wochen wegen seiner Chancenverwertung kritisierten Tino Semmer veredelt wurde.
Die Niederlage war, wenn man nur die drei Gegentore und ihre jeweilige Entstehung nimmt, unnötig, weil allen Toren Fehler von unterschiedlichen Beteiligten vorausgehen. Wenn man aber die 90 Minuten insgesamt nimmt, dann war Chemnitz das deutlich bessere Team. Wacher, immer einen Schritt schneller und vor dem Tor gefährlicher, zielstrebiger und effektiver. Klar spielen ihnen die frühen Tore dabei in die Karten, aber man muss es trotzdem erst mal so zu Ende spielen, wie es Chemnitz insbesondere in Hälfte 2 zu Ende spielte.
Aus RB-Sicht bleibt doch einiges an Enttäuschung. Im Spiel mit dem Ball war man eigentlich erst nach dem 1:3 anwesend. Im Spiel gegen den Ball stand man immer einen Stück zu weit vom Gegner weg und kam so fast nie in die entscheidenden Zweikämpfe. Irgendwann ging man dazu über, die Mankos im Spiel mit langen Bällen zu übergehen. Was die Probleme nur deutlicher hervortreten ließ. Denn die Stürmer konnten so nicht effektiv eingesetzt werden und die zweiten Bälle gingen meist an die Gastgeber, die dann aufgrund der sehr weit auseinandergerissenen RB-Mannschaft und entsprechend fehlender Kompaktheit, sich recht leicht befreien konnten. Auffällig, dass an diesem Tag eigentlich von spielerisch kreativem bis spielerisch unkreativem gar nichts funktionierte, was an anderen Tagen schon mal funktionierte.
Fazit: Klar kann man in Chemnitz verlieren, bei einer Mannschaft, die weiterhin unbestrittene individuelle Klasse deutlich oberhalb des aktuellen Tabellenplatzes hat. Und das bezieht sich nicht nur auf Garbuschewski. Trotzdem stimmt die Art und Weise der Niederlage und die weitgehende Chancenlosigkeit und spielerische Armut ein wenig bedenklich. Es war ein gebrauchter Tag für RB Leipzig, den man aufarbeiten und dann schnell vergessen sollte. Irgendetwas ist nach dem Heidenheim-Spiel passiert, denn die beiden letzten Liga-Spiele waren nicht das, was man sich bei den sportlich Verantwortlichen und im Umfeld vom eigenen Team erwartet. Selbst wenn man nicht in Tabellenplätzen und Punkten denkt. Solche Phasen gibt es und es wird nicht einfach, sich daraus zu befreien.
Randbemerkung 1: Für Karsten Heine war es im siebten Duell mit RB Leipzig der erste Sieg. Fünf Niederlagen und ein Unentschieden standen bisher zu Buche. Also nicht nur der Chemnitzer FC feierte gegen RB Leipzig den Befreiungsschlag, sondern auch der neue Coach seinen ganz persönlichen.
Randbemerkung 2: Wie umkämpft die Duelle zwischen RB Leipzig und dem Chemitzer FC bisher waren, zeigt sich auch in den Zahlen. Das erste Duell in der dritten Liga war gleichzeitig das fünfte Duell beider Teams. Zu Buche stehen aktuell jeweils zwei Siege, ein Unentschieden und zwei Niederlagen. Bei insgesamt 7:7 Toren. Wobei die Chemnitzer in Ligaspielen mit zwei Siegen und einem Unentschieden deutlich im Vorteil sind. Die beiden RB-Siege resultieren aus zwei Sachsenpokal-Finals.
Randbemerkung 3: Unschöne Randerscheinungen gab es rund um das Spiel auch. Mindestens ein verbuchter, eher brutaler Übergriff auf RB-Anhänger in Stadionnähe vor dem Spiel. Zwei Becherwürfe aus dem RB-Block auf den Linienrichter während des Spiels (die allerdings auch nicht ihr Ziel erreichten). Laut eines vertrauenswürdigen Augenzeugen Thor-Steinar-Leute bei den Zugfahrern. Und eine Personalienfeststellung mit unklarem Grund bei RB-Fans im Anschluss an die Rückfahrt mit dem Zug durch die Polizei. Einiges zum Aufarbeiten. Stichwort Wohlfühlklima. Stichwort gebrauchter Tag..
Lichtblicke: Da selbst Fabio Coltorti patzte, kann es ja quasi keinen geben..
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Tore: 1:0 Mauersberger (17.), 2:0 Garbuschewski (19.), 2:1 Thomalla (23.), 3:1 Semmer (87.)
Aufstellung: Coltorti – Heidinger, Hoheneder, Franke, Jung (22. Sebastian) – Kaiser, Ernst, Kimmich (62. Morys) – Thomalla (73. Röttger), Frahn, Kammlott
Zuschauer: 8.305 (davon 1.700 Gästefans)
Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Liveticker, MDR-Bericht [broken Link], CFC-Bericht [broken Link], Kicker-Bericht
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Bild: © GEPA pictures/ Kerstin Kummer
Für mich war das Spiel gestern der definitive Beweis fehlender spielerischer Qualität und einer verfehlten Transferpolitik im Sommer.
Bei dieser auch in der Spitze extrem schwachen 3. Liga muss RB bei der bekannten Zielstellung mit Biegen und Brechen dieses Jahr den Aufstieg erzwingen, das wird am Ende billiger als erneute Ehrenrunden, zumal z.B. Bochum und Dynamo bei Abstieg die 3. Liga durchaus beherrschen könnten…
Ich hätte gern den Poulsen persönlich an die „Fischerwiese“ gefahren, sollte Verspätung der wahre banale Grund sein, man kann es sich ja leisten ohne ihn zu spielen…
also diesen Kommentar halt ich für völlig übertrieben…schlußendlich stimmt die Eingespieltheit (warum eigentlich?) und auch die Einstellung mancher scheinbar nicht – und das ergibt solche Spiele – nicht nur das Regensburg spiel auch Unterhachingen und LOK waren schon auf diesem wenig fruchtbaren WEG Spiele die diese momentane Formkrise innehatten – allerdings wurde es da niocht bestraft wie dieses Wochenende – eine Frage bleibt: wie lange droht AZ eigentlich noch mit Konsequenzen die scheinbar nicht fruchten? – ist mir verwunderlich was da gerade mit der Mannschaft passiert…
Die Einstellung stimmt deshalb nicht, da beim Aufstieg in die 2. Liga nur 5 bis 6 aktuelle Spieler weiter Chancen auf einen Einsatz in der ersten Mannschaft haben werden!
Die Abfindungen werden weiter üppig sein (der “all inclusive-Wohlfühl-Bus” mit der gelben Plakette ist dann aber eine “No goe Area”, anderes auch, fände ich als Spieler persönlich blöd…).
Wenn Du in einer nicht unüblichen Probezeit von 6 Monaten nicht pünktlich in Deinem Unternehmen aufschlägst (z. B. als alleiniger Verkäufer etc.), dürfte eine Abmahnung das Mindeste sein, noch dazu bei solchen Arbeitszeiten, wie sie ein Profi hat.
Das kann man nicht durchgehen lassen.
1:0 waren Dome und Niklas nicht Dome und Franke btw. Niklas lässt Mauersberger laufen.
Poulsen hat wohl das Abschlusstraining “verschlafen” bzw. ist dort zu spät erschienen! Deshalb konnte man reagieren und matze nach nominieren.
An diesem Spiel kann man nichts schön reden. Blickt man zurück, gegen Regensburg oder Lok, ohne an das Ergebnis zu denken, dann wusste man, irgendwann rappelt es in der Kiste. Der Tabellenplatz lässt vieles ruhig erscheinen. Unser Glück, in dieser 3ten dominiert keiner richtig. Jeder strauchelt und lässt Punkte. Es bleibt spannend! Wir merken, hier marschiert keiner so schnell durch!
Abartig, wie auf Facebook und im RB-Forum kritische Stimmen zum Spiel abgefertigt werden und diese Kritiker als Eventis beschimpft werden!
Da sollten mal langsam einige Fans die rosarote Brille abnehmen.
Am grottenschlechten Kick in Chemnitz haben sich die Defizite in erschreckender Weise offenbart.