Nach fünf Jahren heißt es Abschied nehmen von Daniel Frahn, der einst als vielversprechender Stürmer aus Babelsberg kam und binnen kurzer Zeit zum Sturmchef und Kapitän durchstartete. In 154 Pflichtspielen für RB Leipzig (wenn man Sachsenpokal-Partien mal rauslässt) war Frahn an 124 Toren beteiligt, 88 davon schoss er selbst. Alle 98 Minuten ein Tor mit Frahn-Beteiligung, alle 138 Minuten ein Tor geschossen. Über fünf Jahre gesehen eine sehr konstante und imposante Bilanz.
Diese Bilanz ließ natürlich vom Start in der Regionalliga aus nach den Aufstiegen jeweils nach. Einen richtigen Knick gab es (wie bei manchem Spieler um ihn herum, der den Weg aus der Regionalliga mitgemacht hatte) aber erst in Daniel Frahns erster Zweitligasaison. Was nach dem zweiten Aufstieg in Folge nicht ganz überraschend sein kann.
- Regionalliga: 92 Spiele, 62 Tore, 29 Vorlagen, alle 125 Minuten ein Tor, alle 85 Minuten eine Torbeteiligung
- 3.Liga: 34 Spiele, 19 Tore, 6 Vorlagen, alle 148 Minuten ein Tor, alle 112 Minuten eine Torbeteiligung
- 2.Liga: 23 Spiele, 4 Tore, 1 Vorlage, alle 299 Minuten ein Tor, alle 239 Minuten eine Torbeteiligung
Betrachtet man mal nur Spiele, die Daniel Frahn von Anfang an und über mindestens 60 Minuten bestritten hat, dann sammelte der Kapitän in den letzten fünf Jahren insgesamt 140 Spiele an, in denen er 87 Treffer erzielte. In der selben Zeit erzielte RB Leipzig insgesamt 250 Treffer. Wenn also Daniel Frahn in der Startelf stand und größere Teile des Spiels bestritt, erzielte er 35% aller in dieser Zeit fallenden RB-Treffer. Ein Wert, der über die Jahre ziemlich konstant blieb und erst in der abgelaufenen Zweitligasaison nach unten ging.
- 2010/2011: 15 Frahn-Treffer/47 RB-Treffer insgesamt – 32%
- 2011/2012: 29 Frahn-Treffer/74 RB-Treffer insgesamt – 38%
- 2012/2013: 20 Frahn-Treffer/57 RB-Treffer insgesamt – 35%
- 2013/2014: 19 Frahn-Treffer/54 RB-Treffer insgesamt – 35%
- 2014/2015: 4 Frahn-Treffer/ 18 RB-Treffer insgesamt – 22%
Die Statistik könnte man natürlich dahingehend interpretieren, dass für Daniel Frahn in der zweiten Liga sportlich das Ende der Fahnenstange gekommen ist. Man könnte aber genauso gut vermuten, dass hier einfach ein Zwischenschritt erfolgt, bei dem auch ein Daniel Frahn mal länger als ein paar Monate zur Eingewöhnung braucht. Und man könnte auch vermuten, dass die unregelmäßige und irgendwann gar nicht mehr vorhandene Spielzeit nicht unbedingt zur Eingewöhnung beitrug.
Wenn man sich anschaut, wann Daniel Frahn seine Tore erzielte, dann fällt besonders seine Treffsicherheit in der ersten Viertelstunde auf. Wenn Frahn in der Startelf stand, gingen fast zwei Drittel aller RB-Tore, die in dieser Zeit fielen, auf sein Konto. Fast ein Viertel aller seiner Tore erzielte der Kapitän in dieser Zeit.
Wenn man Fußball als ein Spiel der Wahrscheinlichkeiten sieht, dann sollten künftige Trainer von Daniel Frahn überlegen, ob sie ihn nur in der zweiten Halbzeit einsetzen. Erzielte er im RB-Dress in der ersten Halbzeit noch außerordentlich starke 42% aller RB-Tore, waren es nach der Pause ‘nur’ noch 27%. In der ersten Viertelstunde nach der Pause war Frahn gar nur für jedes fünfte RB-Tor verantwortlich.
Zum Frühstarter Daniel Frahn passt dann natürlich auch, dass er überdurchschnittlich häufig das Führungstor für RB Leipzig erzielt hat. Da Frahn 35% aller Tore für RB Leipzig schoss, würde man statistisch auch erwarten, dass er 35% aller Führungstore erzielt hat. Tatsächlich sind es 42% all jener Tore, die zum 1:0, 2:1, 3:2 oder was auch immer führten. Im Vergleich dazu war Frahn nicht ganz so präsent, wenn es darum ging eine Führung auszubauen. Nur 29% all jener RB-Tore zum 2:0, 3:0, 3:1 oder ähnlichem, die fielen, wenn er auf dem Platz war, schoss Frahn. Und auch in Sachen Ausgleichstreffer hinkte Frahn leicht den Führungstor-Statistiken hinterher und schoss ‘lediglich’ drei von zehn Ausgleichstoren.
Da gerade die Führungstor-Statistik über die Jahre konstant blieb, kann man nach 140 Spielen auch davon ausgehen, dass die Zahl kein Zufall ist, sondern eine tatsächliche Qualität von Daniel Frahn beschreibt. Besonders präsent zu sein, wenn es für das eigene Team um etwas geht und die wichtigen Tore zu machen, ist sicherlich etwas, was man sich von seinem Stürmer viel eher wünscht, als beim Stand von 2:0 noch drei Tore nachzulegen.
Fragen kann man sich natürlich, warum Frahn dann verhältnismäßig wenige Ausgleichstreffer erzielt hat. Vielleicht findet man hier auch schon eine Antwort auf die Frage, warum es in der zweiten Liga nicht mehr so gut funktionierte. Denn bei eigenem Rückstand hatte es RB Leipzig immer mit Abwehrreihen zu tun, die noch mehr als schon zuvor auf dichte Ketten und sicheres Verteidigen Wert legten. Eine Situation, in der es für Daniel Frahn mit wenig Raum genauso schwerer wurde, wie in der zweiten Liga gegen robustere und physisch stärkere Abwehrreihen.
Erwähnenswert in diesem Zusammenhang noch, dass Daniel Frahn natürlich auch derjenige war, der überdurchschnittlich oft das 1:0 für RB Leipzig erzielte. 38 der 88-RB-1:0-Treffer, also 43% erzielte der Stürmer selbst. Das sind insgesamt fast 44% aller Frahn-Treffer, wenn er in der Anfangsformation stand und mindestens 60 Minuten lang spielen durfte. Fast jedes zweite Frahn-Tor war demnach das wichtige 1:0 in einer Partie. In fast jeder dritten Partie, in der er eingesetzt wurde, eröffnete Frahn den Torreigen. Mehr Worte muss man über die Qualitäten eines Daniel Frahn fast nicht verlieren.
Während Daniel Frahn bis vor zweieinhalb Jahren vornehmlich gegen schlechter platzierte Gegner traf, hat sich dieser Unterschied im Laufe der Zeit verwischt und kann deswegen nach 140 Spielen als nicht wirklich existent abgehakt werden. Es ist dem Stürmer (statistisch gesehen) egal, ob auf der anderen Seite ein Spitzenteam oder ein Abstiegskandidat steht. Die Trefferquoten unterscheiden sich in diesen Fällen nicht wirklich.
[Kategorisiert wurden die Spiele jeweils nach Tabellenstand vor dem Spieltag. In den letzten zwei Spielzeiten wurden die 18 Teams der Tabelle einfach in die oberen 6, mittleren 6 und unteren 6 gedrittelt. Für die Saison 2012/2013 wurde die Drittelung aufgrund der 16er-Liga mit 5-5-6 durchgeführt. Für die Saison 2013/2014 aufgrund der 20er-Liga mit 6-7-7.]
Wenn man fünf Jahre Daniel Frahn statistisch nimmt, dann bleibt viel beeindruckendes und es bleiben Zahlen, in denen sich wiederspiegelt, wie sehr der inzwischen 28jährige dem Verein in seiner Zeit in Leipzig den Stempel aufgedrückt hat. In diesem Zusammenhang ist sicherlich auch erwähnenswert, dass RB Leipzig in 135 Ligaspielen mit Frahn von Beginn an im Schnitt 2,11 Punkte holte und in den restlichen 35 Spielen im Schnitt auf nur 1,51 Punkte kam.
Auch für die aktuelle Saison gilt dieses Verhältnis in dieser deutlichen Form. Hätte man durchgehend die 1,8 Punkte geholt, die man in den Spielen einsammelte, in denen Frahn von Beginn an auflief, dann wäre man am Ende aufgestiegen.
Klar, das ist eine schiefe Rechnung, aber nicht uninteressant ist sie trotzdem, weil es noch ein Indiz mehr ist, dass ein Daniel Frahn das Team um sich herum ein Stück besser macht. Was bei ihm natürlich auch daran lag, dass er über die Jahre zum Leader des Teams gewachsen ist und entsprechend im Mannschaftskreis und im Zusammenhalten des Teams eine enorm wichtige Rolle spielte.
Und worin sich wohl auch ausdrückt, dass ein Daniel Frahn auch wenn es Richtung Tor mal nicht so richtig gut lief, sich immer fleißig in die Arbeit gegen den Ball einschaltete und auch Aufgaben übernahm, die nicht unbedingt essenziell zu seinen Sturmaufgaben gehörten. Manchmal, wie beim Foul an Marc Rzatkowski im Spiel gegen den FC St. Pauli in dieser Saison irgendwo am eigenen Strafraum an der Seitenauslinie eher übermotiviert. Manchmal wie beim 2:2-Aufstiegsverhinderungs-Gegentreffer gegen den VfL Wolfsburg in ähnlicher Position eher unglücklich. Aber immer mit den Ärmeln oben vorneweggehend.
Die große Frage, die sich bei Daniel Frahn stellt, ist, inwieweit es für ihn für die zweite Liga reicht. Wenn man seine Torbilanzen der letzen Jahre und seinen besonderen Qualitäten in Sachen Einsatz sieht, dann spricht viel dafür, dass Daniel Frahn sich in den nächsten Spielzeiten in dieser Liga noch einen Namen machen wird. Wenn man sieht, dass Frahn bspw. die viertschlechteste Zweikampfbilanz aller Zweitligaspieler mit mindestens 20% Einsatzzeit hat und im Vergleich mit anderen Zweitligastürmern eher viele Versuche für ein Tor braucht, dann findet man auf jeden Fall aber auch Argumente, die dagegen sprechen, dass der ganz große Durchbruch noch ansteht.
Alexander Zorniger sprach schon früh in der abgelaufenen Zweitligasaison in Richtung Frahn davon, dass es nicht mehr reiche, nur vorn die Tore zu machen. Später in der Saison mahnte er generell an, dass man mehr Qualität bei der Verarbeitung des Balles im Sturm mit dem ersten Kontakt brauche. Wobei hier mit dem ersten Kontakt nicht der Torschuss, sondern die Ballkontrolle im Zweikampf mit dem Gegenspieler gemeint war.
Was Daniel Frahn angeht, ist klar, dass er ein eher klassischer Stürmer mit sehr großen Qualitäten beim Torabschluss mit einer Ballberührung ist. In seiner Karriere hat er die Treffer wahlweise mit dem Kopf, mit links oder rechts und aus allen möglichen Positionen im und außerhalb des Strafraums gemacht.
Die Grenze ist halt meist dort erreicht, wo Frahn rund um den Strafraum plötzlich ballschleppende oder ballverarbeitende Funktionen übernehmen soll. Klar kann auch mal ein Dribbling gut gehen, aber im Normalfall gehört das Eins gegen Eins mit dem Ball am Fuß nicht zu den Situationen, in die man einen Daniel Frahn schicken sollte. Genausowenig wie in Situationen, in denen er mit den Innenverteidigern der Liga um lange, hohe Bälle konkurrieren muss. Eine Disziplin, in der er bei RB Leipzig zuletzt sehr schlecht aussah. Gerade im Vergleich mit einem wie Yussuf Poulsen, der in den Luftduellen meist auf Augenhöhe mit den Konkurrenten agierte.
Wenn man in Heidenheim also weiß, dass man keinen Niederlechner II ins Team kriegt, der sich die Chancen selbst erarbeitet, sondern Frahn als klassischen Zielspieler im Sturm und als unangenehmen Gegenspieler im Spiel gegen den Ball einplant, dann könnte man viel Freude an ihm haben. Zumal Frahn in Heidenheim nicht ganz so oft mit Mannschaften zu tun haben wird, die ihr Heil ganz tief in der Defensive stehend suchen, sondern sich dort im Umschaltspiel auch immer wieder Räume ergeben werden.
Falls Daniel Frahn in Heidenheim regelmäßige Einsatzzeiten kriegt, dann kann man fast schon davon ausgehen, dass er am Ende der kommenden Spielzeit eine zweistellige Trefferbilanz aufweisen wird. Was in der vergangenen Spielzeit gerade mal 10 Zweitliga-Offensivspielern gelang. Dass er mit Marc Schnatterer einen an die Seite kriegt, der im Bereich Vorlagen zur Spitze der Liga gehört (andere Spieler wie Ben Halloran oder Robert Leipertz nicht zu vergessen), kann da nicht schaden.
Die Fußspuren von Daniel Frahn bei RB Leipzig als Stürmer, aber auch als Typ und Kapitän sind groß. In Erinnerung bleiben vor allem Sternstunden wie die drei Tore gegen Wolfsburg oder die Motivatorenrolle nach Ablauf der regulären Spielzeit in der Relegation in Lotte oder dieses unglaubliche Tor gegen die U23 von Hertha im März 2012, als er einen im Rücken heranfliegenden Ball aus vollem Lauf volley aus 20 Metern im Netz versenkte oder oder oder.
Die Fußspuren von Daniel Frahn zu füllen, ist einerseits eine sportliche Aufgabe, aber auch eine fürs Building eines neuen Teams. Mal sehen, was das Nach-Frahn-Zeitalter so bringt. Vergessen machen wird es den ersten richtigen RB-Kapitän nicht, denn seinen festen Platz in der Vereinshistorie hat er in jedem Fall sicher.
Gefühlte 10 Diagramme um zum folgenden entschiedenen sowohl als auch zu kommen: “Wenn man seine Torbilanzen der letzen Jahre und seine(n) besonderen Qualitäten in Sachen Einsatz sieht, dann spricht viel dafür, dass Daniel Frahn sich in den nächsten Spielzeiten in dieser Liga noch einen Namen machen wird. Wenn man sieht, dass Frahn bspw. die viertschlechteste Zweikampfbilanz aller Zweitligaspieler mit mindestens 20% Einsatzzeit hat und im Vergleich mit anderen Zweitligastürmern eher viele Versuche für ein Tor braucht, dann findet man auf jeden Fall aber auch Argumente, die dagegen sprechen, dass der ganz große Durchbruch noch ansteht.”