Die Hälfte der Saison ist rum. Ingolstadt steht nach statistischen Maßstäben als Aufsteiger schon fest. Und bei fünf Vereinen der zweiten Bundesliga sitzt inzwischen bereits ein neuer Trainer am Ruder.
Den Anfang machten Anfang September quasi zeitgleich Aue und St. Pauli, die nach dem vierten Spieltag auf sportlich unbefriedigende Leistungen reagierten. 0,0 Punkte hatte Falko Götz bis dahin im Schnitt geholt. 1,0 Punkte pro Partie konnte Roland Vrabec vorweisen. Tomislav Stipic holte seitdem in Aue in 13 Spielen 1,0 Punkte pro Partie, Thomas Meggle gerade mal 0,69 Punkte. Interessanterweise liegen diese beiden Teams, die zuerst die Trainer wechselten, aktuell auf den letzten beiden Plätzen der Liga. Der Effekt des Trainerwechsels kann dann doch als verpufft gelten.
Verpufft ist der Effekt auch beim TSV 1860 München, der Ende September Ricarco Moniz entließ, dem bis auf einige Sprüche nicht viel gelingen wollte. Platz 13 und 0,86 Punkte pro Spiel waren am Ende seiner Reise nach sieben Spielen die Bilanz des Niederländers, der nichts als die Meisterschaft in der zweiten Liga als Saisonziel ausgegeben hatte und auch jenseits dieser Zielstellung einige eigentümliche Maßnahmen bei der Teamführung auf Lager hatte (inklusive den 18jährigen Julian Weigl zum Kapitän machen und ihn kurz darauf aus eher nichtigem Anlass wieder demontieren).
Nachfolger Markus von Ahlen wurde in München bisher auch noch nicht wirklich glücklich und steht aktuell bei 0,9 Punkten pro Spiel. Sodass der TSV 1860 auf dem drittletzten Tabellenplatz liegt. Drei Trainerwechsel und alle Vereine belegen die letzten drei Plätze (wo zwei der drei Vereine zum Zeitpunkt des Wechsels wohlgemerkt noch nicht standen), keine für die Trainerwechsel sprechende Erfolgsbilanz.
Noch schwer zu beurteilen ist die Lage in Nürnberg und in Bochum, da dort die Trainerwechsel noch zu frisch sind. In Nürnberg musste Valerien Ismael nach dem 13.Spieltag gehen, weil sein Team als 14. deutlich an allen Zielen der Saison vorbeischlitterte. Der Schweizer René Weiler holte als Nachfolger bisher drei Siege in vier Spielen und damit nur einen Sieg weniger als Ismael in 13 Spielen zuvor. Inwieweit dieser Trend nachhaltig ist, wird sich aber erst noch zeigen müssen. Die Leistungen unter Weiler waren trotz der Siege durchwachsen und weiter fehlt es dem Team an Offensivdynamik. Allerdings trat man insgesamt wesentlich organisierter und stabiler auf.
In Bochum musste derweil Peter Neururer nach Spieltag 16 auf Platz 10 stehend gehen. Auch wenn ein gesicherter Mittelfeldplatz eigentlich das Saisonziel war. Aber zwischen Vereinsführung, sportlicher Leitung und Coach hatte es in den letzten Wochen zu große atmosphärische Störungen gegeben, als dass die weitere Zusammenarbeit viel Sinn gemacht hätte. Inwieweit Interimstrainer Frank Heinemann zur Dauerlösung oder durch einen externen Nachfolger abgelöst wird, sieht man wohl spätestens bis zum Trainingsstart im Januar. Mit dem Ex-Nürnberger Frisurenchaos Gertjan Verbeek und Stefan Effenberg stehen namhafte Alternativen zur Debatte.
Mit den fünf Trainerentlassungen nach 17 Spielen verläuft die aktuelle Saison eher durchschnittlich, wenn man sie mit den letzten 10 Spielzeiten vergleicht, in denen in der Zeit bis zum 18 Spieltag im Schnitt 5,6 Trainer ihren Posten hergeben mussten. Dabei war der Schnitt mit fast sieben Trainerwechseln in der Vorrunde in den letzten drei Jahren sehr hoch. Davor waren es in manchen Spielzeiten aber auch oft weniger als fünf Trainerwechsel.
[Update: Kaum geschrieben und schon waren es sechs Trainerentlassungen, denn der FC St. Pauli schlug nun schon zum zweiten Mal zu und ersetzte den als Trainer glücklosen Thomas Meggle, der zum Sportdirektoren weggelobt wurde, durch Ewald Lienen. Nennen wir es mal eine interessante Wahl mit viel Historie. Mal sehen, wie viel Zukunft in der Personalie noch steckt.]
Nicht ganz uninteressant, dass kaum einer der in den letzten 10 Spielzeiten in der Vorrunde der zweiten Liga entlassenen Trainer heute noch als Chefcoach höherklassig im deutschen Vereinsfußball unterwegs ist. Lediglich drei Coaches von insgesamt 51 (wovon mit Wolfgang Frank und Jörg Berger allerdings bereits zwei verstorben sind und einige ihren Ruhestand genießen) trainieren heute in Deutschland ein Erst- oder Zweitligateam. Jos Luhukay (Hertha), Oliver Reck (Düsseldorf) und Benno Möhlmann (FSV Frankfurt). Zwei Coaches trainieren in einer ausländischen ersten Liga, nämlich Franco Foda (Österreich) und Frantisek Straka (Slowakei), zwei weitere in ausländischen zweiten Ligen.
Insgesamt kann man festhalten, dass eine Entlassung in der Hinrunde der 2. Bundesliga sicherlich kein Ereignis ist, dass die Trainerkarriere zumindest in Bezug auf den Vereinsfußball entscheidend beflügelt. Auch für die fünf in dieser Saison entlassenen Coaches kann man festhalten, dass ihre Perspektiven nicht die allerbesten sind. Noch am ehesten könnte man Valerien Ismael eine Perspektive zuschreiben, da er als Trainer noch zu jung ist, um schon als verbrannt zu gelten und sich nicht noch entwickeln zu können.
Mehrmals in einer Hinrunde entlassen wurden in den Spielzeiten seit 2004/2005 gleich fünf Trainer. Spitzenreiter ist Rudi Bommer, der dreimal seinen Posten abgeben musste. Benno Möhlmann, Markus Schupp, Peter Neururer und Djuradj Vasic schafften das zweimal.
Von den aktuellen Zweitligateams haben gleich sieben einen Trainer, der schon vor der Saison 2013/2014, also schon seit mehr als eineinhalb Spielzeiten die Verantwortung trägt. Dienstältester Trainer eines Zweitligateams ist aktuell Frank Schmidt vom 1.FC Heidenheim, der seit mehr als sieben Jahren den Aufschwung des Ostalb-Clubs begleitet. Torsten Lieberknecht ist nur acht Monate weniger in Braunschweig im Amt und hat dort Aufstiege und auch schon einen Abstieg fest im Sattel mitgemacht. Und Nummer 3 ist tatsächlich Benno Möhlmann, der im Dezember 2011 in Frankfurt übernommen hatte.
Alexander Zorniger belegt in der Rangliste der dienstältesten Trainer der 2. Bundesliga Rang 5. Nach zwei Aufstiegen in Folge ist es nicht sonderlich erstaunlich, dass er fest im Sattel sitzt und auf eine im Vergleich mit den anderen Teams inzwischen recht lange Amtszeit zurückblicken kann. Wobei es auch auffällig ist, dass sowieso nur fünf Trainer länger als zwei Jahre bei ihren Clubs im Amt sind (Dirk Schuster durchbricht diese Marke zudem derzeit).
Fazit: Die aktuelle Zweitligasaison war in der Hinrunde in Sachen Trainerwechsel eine relativ normale Spielzeit. Wobei es interessant ist, dass die letzten drei der aktuellen Zweitligatabelle alle ihren Trainerwechsel schon ohne große, dauerhaft positive Effekte vollzogen haben.
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Trainerentlassungen 2014/2015 und in den 10 Spielzeiten davor
- 2014/2015 – 5 Entlassungen (Falko Götz, Roland Vrabec, Ricardo Moniz, Valerien Ismael, Peter Neururer)
- 2013/2014 – 7 Entlassungen (Peter Pacult, Franco Foda, Alexander Schmidt, Marco Kurz, Rudi Bommer, Michael Frontzeck, Mike Büskens)
- 2012/2013 – 6 Entlassungen (Oliver Reck, André Schubert, Andreas Bergmann, Oscar Corrochano, Reiner Maurer, Gerd Dais)
- 2011/2012 – 7 Entlassungen (Peter Hyballa, Friedhelm Funkel, Milan Sasic, Rainer Scharinger, Benno Möhlmann, Peter Vollmann, Pele Wollitz)
- 2010/2011 – 3 Entlassungen (Markus Schupp, Michael Wiesinger, Christian Ziege)
- 2009/2010 – 7 Entlassungen (Edmund Becker, Jürgen Seeberger, Stefan Emmerling, Tomas Oral, Peter Neururer, Uwe Rapolder, Benno Möhlmann)
- 2008/2009 – 4 Entlassungen (Thomas von Heesen, Rudi Bommer, Frank Pagelsdorf, Christian Hock)
- 2007/2008 – 7 Entlassungen (Djuradj Vasic, Frank Neubarth, Rainer Hörgl, Wolfgang Frank, Guido Buchwald, Valdas Ivanauskas, Gerd Schädlich)
- 2006/2007 – 7 Entlassungen (Jos Luhukay, Michael Krüger, Uwe Neuhaus, Hanspeter Latour, Djuradj Vasic, Markus Schupp, Roland Seitz)
- 2005/2006 – 4 Entlassungen (Jörg Berger, Horst Ehrmantraut, Frantisek Straka, Christoph Franke)
- 2004/2005 – 4 Entlassungen (Jörn Andersen, Eduard Geyer, Rudi Bommer, Lorenz- Günther Köstner)
In den letzten zehn Spielzeiten plus 2014/2015 mehrfach in der Hinrunde entlassene Trainer
- 3 Entlassungen – Rudi Bommer
- 2 Entlassungen – Benno Möhlmann, Markus Schupp, Peter Neururer, Djuradj Vasic
In den letzten 10 Spielzeiten entlassene Trainer, die aktuell bei einem Verein als Cheftrainer aktiv sind
- Oliver Reck (Fortuna Düsseldorf), Franco Foda (Sturm Graz), Benno Möhlmann (FSV Frankfurt), Christian Ziege (SpVgg Unterhaching), Jürgen Seeberger (FC Winterthur), Uwe Rapolder (Sonnenhof Großaspach), Djuradj Vasic (SV Wiesbaden – Hessenliga), Valdas Ivanauskas (SKA-Energia Khabarovsk – 2. russische Liga), Jos Luhukay (Hertha BSC), Frantisek Straka (Slovan Bratislava – 1. slowakische Liga)
Dienstälteste Trainer in der aktuellen Zweitligasaison 2014/2015
- Frank Schmidt – 09/2007 – Heidenheim
- Torsten Lieberknecht – 05/2008 – Braunschweig
- Benno Möhlmann – 12/2011 – FSV Frankfurt
- Markus Kauczinski – 03/2012 – Karlsruhe
- Alexander Zorniger – 07/2012 – Leipzig
- Dirk Schuster – 12/2012 – Darmstadt
- Frank Kramer – 03/2013 – Fürth
- Alois Schwartz – 07/2013 – Sandhausen
- Stefan Ruthenbeck – 07/2013 – Aalen
- Kosta Runjaic – 09/2013 – Kaiserslautern
- Ralph Hasenhüttl – 10/2013 – Ingolstadt
- Oliver Reck – 03/2014 – Düsseldorf
- Norbert Düwel – 07/2014 – Union Berlin
- Tomislav Stipic – 09/2014 – Aue
- Markus von Ahlen – 09/2014 – 1860 München
- Frank Heinemann – 12/2014 – Bochum
- Ewald Lienen – 12/2014 – St. Pauli
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18. Spieltag
- Eintracht Braunschweig – Fortuna Düsseldorf – 1
- SpVgg Greuther Fürth – VfL Bochum – 1
- 1. FC Union Berlin – Karlsruher SC – 0
- FSV Frankfurt – 1. FC Heidenheim – 1
- TSV 1860 München – 1. FC Kaiserslautern – 1
- FC Ingolstadt – FC St. Pauli – 1
- VfR Aalen – RB Leipzig – 2
- SV Sandhausen – SV Darmstadt 98 – 0
- FC Erzgebirge Aue – 1. FC Nürnberg – 0
Bisherige Tippquote: 69 von 153 (Quote bei RB-Spielen: 7 von 17)