Neues Jahr, endlich auch wieder neues Glück. Vorerst in Testspielform. Nummer eins von drei binnen acht Tagen am Cottaweg, dem Trainingsherzstück von RB Leipzig. Bevor man am Mittwoch (15.30 Uhr) gegen Eintracht Trier und nächsten Samstag (14 Uhr) gegen den österreichischen Viertligisten Schwadorf antritt, ging es im ersten Vorbereitungsspiel auf die Rückrunde gegen den FC Eilenburg. Derzeit als Landesligist sechstklassig. War 2010 auch mal kurzzeitig als möglicher Kandidat für einen Einstieg von Red Bull im Gespräch. Insgesamt ein lockerer Aufgalopp ins Spieljahr 2012. 90 Minuten Spiel auf ein Tor. Ein Gegner, der kaum einmal aus seiner Hälfte heraus kam. Und insgesamt recht spielfreudige RasenBallsportler, die in einigen Situationen das Schießen von Toren vergaßen.
Interessantestes Detail beim Anpfiff war die Dreierkette in der Abwehr, mit der RB Leipzig auflief. Aufgrund der Verletzung von Umut Kocin war der gesetzte Linksverteidiger ausgefallen, sodass ihn sich Peter Pacult gleich ganz sparte und ein 3-2-3-2 spielen ließ (65 Minuten lang ohne Linksverteidiger, die letzten 25 Minuten ohne Rechtsverteidiger). Letztlich eine Entscheidung pro Spielfreude gegen die überforderten Gäste. Geht vermutlich als besondere Trainingsspielform durch. Die Hauptaufgabe der Dreierkette jedenfalls bestand im Ballholen. Nämlich immer dann, wenn die Eilenburger ihn lang aus der eigenen Zone heraus droschen.
Nicht mit von der Partie waren neben Umut Kocin die kürzlich erkrankten Fabian Franke (war im Publikum zu sehen) und Daniel Rosin und leicht überraschend auch Maximilian Watzka, von dem es eigentlich hieß, dass er wieder fit sei. Vielleicht hatte ihn kurzfristig auch eine Erkrankung verhindert. Aufgrund der Ausfälle durften dann Marcus Hoffmann, Tim Sebastian und Carsten Kammlott durchspielen.
Ausgerechnet Carsten Kammlott? Ja ausgerechnet Carsten Kammlott, der abwanderungswillige Jungstürmer. Vielleicht war es ein Signal von Peter Pacult, dass er weiter auf ihn setzt, vielleicht war es als Vorspielen für andere Vereine (Rot-Weiß Erfurt) gedacht. Kammlott zeigte sich engagiert und bemüht, doch fast schon prototypisch für seine bisherige Zeit bei RB Leipzig glücklos. Zwei, drei schöne Torabschlüsse, die dann an der Latte ( zweimal) oder drüber landeten, dazu drei oder auch vier Großchancen, die mit etwas mehr Geschick hätten verwandelt werden können und ein verhindertes Tor, weil Kammlott in Abseitsstellung den Fuß in einen Ball hielt, der wohl auch so im Tor gelandet wäre. Statt sechs möglichen Toren wieder mal Null. Wie in einer schlechten Komödie. Die schwarze Serie des Carsten Kammlott darf gern irgendwann reißen.
Eine interessante Personalie fand ich noch den Einsatz von Henrik Ernst im defensiven Mittelfeld (und das in der derzeit vermutlichen Stammelf, die in der ersten Halbzeit auflief). Könnte ein Verweis darauf sein, dass Pacult künftig Hoffmann und Franke oder Sebastian in der Innenverteidigung sieht und Ernst für ihn eine relevante Option im defensiven Mittelfeld darstellt.
Interessant in Bezug auf die Personalplanungen auch die trotz des Personalmangels späten Einwechslungen von Steven Lewerenz (sehr engagiert) und Alexander Laas. Beide kamen erst nach reichlich einer Stunde zum Einsatz. Ein deutliches Zeichen vom Trainer, dass er mit beiden nicht mal als Notnagel, sondern höchstens als Notnotnotnagel rechnet. Wobei es für Laas als Linksverteiger-Backup eigentlich sogar eine zu besetzende Position gäbe.
Überhaupt Trainer Peter Pacult. Der beobachtete die Szenerie ziemlich lange in scheinbarer Ruhe, um dann die letzten 10-15 Minuten immer wieder wild gestikulierend scheinbar vor sich hin und zu Sportdirektorgeschäftsführer Loos zu schimpfen. Warum auch immer. So richtig erschloss sich das angesichts des Spiels nicht, aber die Handgesten schienen sich auf das Spielgeschehen und die Umsetzung taktischer Vorgaben zu beziehen. Was aufgrund meiner räumlichen Distanz zur RB-Bank natürlich Spekulation bleiben muss.
Aus meiner Sicht war die zweite Hälfte zumindest jene, in der es von der Spielanlage her nicht mehr ganz so strukturiert zuging. Was aber durch hohes Engagement seitens der vermeintlich derzeit im Klinsmannschen Sinne die Herausforderer gebenden Spieler überspielt wurde. Insbesondere Tom Geißler war als Spielmacher(!) viel in Bewegung und immer wieder gefährlich. Hingegen konnte sich der lange verletzte und von mir mit vielen Hoffnungen versehene Pekka Lagerblom nicht so recht in Szene setzen, wenn man vom mit viel Übersicht von der Strafraumgrenze erzielten 4:0 absieht.
In der ersten Hälfte spielten die Rasenballsportler insgesamt den gefälligeren Ball und wirkten alles in allem reifer. Was vermutlich auch an der Besetzung lag. Interessant einmal Röttger, Heidinger und Rockenbach zusammen auf dem Platz zu sehen. Thiago Rockenbach durfte zur Abwechslung der Spielmacher sein, eine Rolle in der ihn viele Beobachter des Geschehens gern öfter sehen würden. Gegen Eilenburg zeigte er in ein paar Ansätzen, dass er ein guter Ballverteiler mit großartigen Momenten und Pässen sein kann. Gleichzeitig fungierte er auch noch als Doppel-Torschütze. Ein torgefährlicher, vorlagengebender Spielmacher, das wär doch ein Traum für die Regionalliga..
Schön auch zu sehen, wie das Konzept eines Leipziger Testspiels aufging. Offiziell 800 Zuschauer (ich hätte vielleicht 100 weniger geschätzt) bildeten einen schönen Rahmen bei eisigem Wind und angenehmer Sonne. RB Leipzig zum Anfassen eben und ziemlich viele Zuschauer und Fans stehen offenbar drauf. Und die Spieler geben bereitwillig Autogramme und stehen für Fotomotive und Smalltalk zur Verfügung. Schöne Abwechslung zur Distanz zwischen Spielern und Rängen in der Red Bull Arena.
Perfekt gewesen wäre es, wenn es wenigstens eine kleine Lautsprecheranlage und einen Sprecher gegeben hätte, der das Spiel begleitet (sollte nicht so schwer zu organisieren sein und würde auch dem Gegner Respekt zollen). Und wenn es dann vielleicht noch einen zweiten Versorgungswagen gegeben hätte (wobei man vermutlich vereinsseitig auch ein wenig vom Interesse überrascht wurde). Und wenn es dann noch irgendwann mal etwas tribünenähnliches gibt und auch Reihe 5 noch was sieht. Aber ja, Luft nach oben muss es ja auch geben..
Fazit: Ein angenehmer, leicht zugiger Aufgalopp. Ein unterhaltsames Spiel, ein leider glückloser Kammlott. Ein paar wenige, aber nicht entscheidende Fingerzeige. Manches sah schon ganz gut aus, bedenkt man, dass die Mannschaft bisher im Training kaum Bälle gesehen hat. Hat bei mir jedenfalls schon die erste Vorfreude auf die Rückrunde geweckt. Leider sind es noch vier Wochen.
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Tore: 1:0 Rockenbach (25.), 2:0 Rockenbach (44.), 3:0 Geißler (48., HE), 4:0 Lagerblom (55.), 5:0 Kutschke (64., FE)
Aufstellung 1.Hälfte: Borel – Müller, Sebastian, Hoffmann – Ernst, Schulz – Röttger, Rockenbach, Heidinger – Kammlott, Frahn
Aufstellung 2.Hälfte: Bellot – Müller (65. Laas), Sebastian, Hoffmann – Lagerblom, Rost – Heidinger (65. Lewerenz), Geißler, Schinke – Kammlott, Kutschke
Zuschauer: 800
Links: RBL-Bericht [broken Link], RB-Fans-Bericht, Eilenburg-Bericht [broken Link], MDR-Bericht [broken Link]