Russland und Katar sorgten im letzten Jahr als bekanntgegebene Fußball-WM-Ausrichter 2018 und 2022 für größeren Ärger. Korruption, der Untergang der gewohnten Fußball-Kultur oder was auch immer in dem Zusammenhang angeprangert wurde. Ich persönlich hatte das Ergebnis ein wenig erwartet und war deshalb nicht wirklich überrascht. Zumal Fußball-WM (trotz 2006) für mich sowieso Fernseher heißt und mir Nationalmannschafts-Fußball bei weitem nicht so viel Freude bereitet wie der gute, alte Klub-Fußball. Was nicht nur für Deutschland, sondern auch für (zumindest) ganz Europa gilt.
Wie auch immer, im Nachgang der Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar stellte man plötzlich und ganz überraschend fest, dass es im Sommer in der entsprechenden Region unmenschlich heiß wird (was ist eigentlich aus den klimatisierten Stadien geworden, die man bauen wollte?) und dass es aus diesem Grund ja eventuell auch sinnvoll wäre, die WM im Winter stattfinden zu lassen. Was gerüchteweise die hohen Herren der Fußballverbände Platini und Blatter dazu veranlasste, darüber nachzudenken, ob man den Saisonkalender nicht einfach an den Jahreskalender anpasst und die Klubs von April bis Oktober Meisterschaft, Landes- und Europapokal ausspielen lässt und im November/ Dezember bzw. Februar/ März Qualifikation zur bzw. Fußball-WM oder EM oder Afrikacup oder was auch immer stattfindet.
Als Anhänger des Klubfußballs finde ich die Idee natürlich in einem ersten Bauchgefühl großartig. Eine Bundesliga ohne Länderspielpausen und ohne Winterunterbrechung. Fußballspiele in den warmen Monaten und nicht im Frier-Dezember oder Januar. Kaum Spielausfälle (gerade unterhalb der Bundesliga). Die Kürung der Meister im Oktober und danach geht es geradewegs in die Vorfreude auf den Jahreswechsel und einen reduzierten Winter-Lebensrhytmus. Mal ehrlich, wenn man sich für Fußball interessiert, ist die Nationalmannschaft nun wirklich nicht das A und O, eher tolerierbare Zugabe, während für Nationalmannschaftsinteressierte unter Umständen Fußball keine wichtige Rolle im Alltag spielt (‘Ich guck nur Fußball, wenn WM ist’). Von daher dürften von Platinis und Blatters ‘Idee’ wohl vor allem die profitieren, die alltägliche Fußballverfolger sind. Was doch schön sein müsste.
Dazu kommt, dass so eine Reform natürlich auch Interessen der Vereine bedient. Wenn Bayern München wirklich 7 Monate am Stück auf seine Spieler zugreifen kann, ohne Nationalmannschaftsausflüge und -verletzungen, dann dürften die Vereins-Beteiligten nicht sonderlich traurig sein.
Nur Gewinner also und trotzdem ist die Idee vermutlich nicht durchführbar. Zwar spielt die Hälfte Europas (die nördliche) bereits nach dem Jahreskalender, also vom Frühling bis zum Herbst, die andere Hälfte tut dies aber aus sehr guten Gründen nicht. In Spanien, Italien, Griechenland und Co ist das Durchspielen im Sommer schlicht und einfach nicht durchführbar. In Sommermonaten, in denen es selbst nachts um 3 Uhr so warm ist, dass man keine Abkühlung findet, permanent irgendwann am Abend bei fast 40° (bzw. in den Stadien ja oft noch mehr) Fußball spielen zu sollen, dürften sich die Südeuropäer kaum als Bürde aufbinden lassen.
Dazu kommen natürlich liebgewonnene Saisonabläufe. Das ist in Deutschland vielleicht noch nicht ganz so extrem, in Großbritannien beispielsweise dürfte man sich mit einer Abschaffung des traditionellen (Familien-)Fußballereignisses am Boxing Day (zweiter Weihnachtsfeiertag) mit zahlreichen Derbys schon erheblich schwerer tun. Aber auch in Deutschland würden viele Fans durch den Sommerurlaub Spiele verpassen und so auch Fernsehsender und Vereine an Einnahmen bzw. Aufmerksamkeit verlieren. Mal ganz davon zu schweigen, dass es im Amateurfußball schlicht und einfach gar nicht möglich ist durchzuspielen, weil bei den Amateuren die Spieler selbst in den Urlaub fahren und somit den Vereinen nicht zur Verfügung stehen.
Und, auch das sollte man erwähnen: Sommerklubfußball bedeutet natürlich auch Winter-EM und Winter-WM (zumindest, wenn sie in hiesigen Breiten stattfindet). Das mag in Katar eine angenehme Version sein, den russischen Winter 2018 mag man sich als Ambiente für eine Fußball-WM nun wirklich nicht vorstellen, mal abgesehen davon, dass die Fanfeste in Deutschland vermutlich auch eher kleiner oder ganz ausfallen würden.
Fazit: Ich fände ja eine Klubsaison April bis Oktober gans subjektiv ziemlich nett. Leider muss selbst ich zugeben, dass die Fakten weitestgehend dagegen sprechen.
Hallo Namensvetter,
zur folgenden Thematik äußere ich mich auch mal zu Wort. “Ich fände ja eine Klubsaison April bis Oktober ganz subjektiv (auch) ziemlich nett.
Die angesprochenen Probleme für Deutschland sind natürlich richtig, aber es ist ja nicht so, dass diese unlösbar sind. Im Amateurbereich könnte man ja eine dreiwöchige Urlaubspause einbauen. Diese Spieltage könnte man während der Woche abends “nachholen” ohne ein Flutlicht anwerfen zu müssen. Und die verlorenengegangenen Einnahmen bei den Proficlubs, insofern es diese überhaupt geben würde, werden durch die Nichtaustausch der Rasenplätze kompensiert.
Die Verbände müssten sich nur mal zusammensetzen und einen intelligenten Vorschlag ausarbeiten, aber der Wille dafür scheint ja nicht vorhanden zu sein. Lieber jedes Jahr unzählige Spiele neuansetzen…(Sysiphus muss dagegen ein glücklicher Mensch gewesen sein)
Ich würde die Ansicht teilen, dass bei vorausgesetztem Willen ein nationaler Alleingang nicht übermäßig schwierig zu gestalten wäre, wenn man mal davon absieht, dass ein 3-4-Wochen-Urlaubsfenster für Amateure jetzt auch nicht sonderlich prall ist.
Ich glaube, die Schwierigkeit besteht in einer internationalen Anpassung des Spielplans (und den internationalen Gründen/ Widerständen). Und wenn der Spielplan nicht international, sondern nur in Deutschland umgestellt würde, dann hätten wir hier immer noch alle 2 Jahre im Sommer knapp 2 Monate Nationalmannschaft und während der Saison Länderspielwochenenden und das Finale der Champions League im Mai. Das wäre dann auch nicht wirklich im Sinne des Erfinders.
Letztendlich wäre es vernünftig, je nach Region (Klimazone klingt so fürchtbar wissenschaftlich) den Saisonkalender anzupassen. Für Deutschland kann das nur bedeuten, die warmen Monate besser auszunutzen. Der frühe Beginn der 2.BL nächste Saison ist da ein guter Anfang. Ob es dafür einen Wechsel auf das Kalenderjahr bedarf, sei noch dahingestellt.
Klar ist, dass im Amateurbereich neben Feiertagen wie Ostern und Pfingsten die Sommerferien ausgespart werden sollten. Die sind aber lange genug vorab bekannt. Und da man sich im Herrenbereich dee Region ab nächster Saison unterhalb der Landesliga auf eine Sollstärke von 14 Teams pro Staffel verständigt hat, sollte das doch machbar sein!