Der 1. FC Lok hält in der zweiten Bundesliga dank des 2:1-Erfolges bei Holstein Kiel den Aufstiegskurs. Der Aufreger des Tages war dabei eine Szene in der 53. Minute beim Stand von 1:2. Kiel konterte, Carolin Härling stürmte aus ihrem Kasten der Angreiferin entgegen, die konnte den Ball noch über die Hüterin lupfen. Als der Ball einsam in Richtung Tor kullerte, sprintete die sich hinter dem Kasten erwärmende Ersatzhüterin Griseldis Meißner auf das Feld und schlug den Ball vom Tor weg. Meißner sah der Regel entsprechend Gelb und das Spiel wurde mit einem Freistoß fortgesetzt. (LVZ vom 09.11.2010)
Wie stark sich die Bewertungen der unglaublichen Szene binnen 24 Stunden verändern können, zeigt die LVZ an sich selbst:
Mit einer kräftigen Portion Durchtriebenheit haben die Fußballerinnen des 1. FC Lok ihr Zweitliga-Spiel bei Holstein Kiel mit 2:1 gewonnen. (…) “Das war ein ungewöhnlicher Sieg”, befand Lok-Trainer Jürgen Brauße mit leicht diabolischem Lächeln. (LVZ vom 08.11.2010)
Auswärtssieg nach unfairer Rettungstat. (…) Lok-Abteilungsleiter Frank Tresp war nach dieser Aktion stinksauer: “Darüber werden wir intern noch sprechen. Das ist grob unsportlich und ich kann mich bei Kiel nur entschuldigen.” Auch Trainer Jürgen Brauße, der fassungslos diese kuriose Aktion verfolgte, sagte mit Abstand: “Das war einfach unsportlich und wird Konsequenzen haben.” (LVZ vom 09.11.2010)
Die Aktion erinnert ein wenig an das Foul von Gunnar Prokop, damals Trainer bei Hypo Niederösterreich, der in einem Spiel der Handball-Champions-League in der letzten Spielminute eine Gegnerin beim Versuch des Tempogegenstoßes foulte und damit am Siegtor Schießen hinderte [broken Link]. Gegen ihn wurde damals vom europäischen Handballverband eine einjährige Sperre verhängt. Was nicht heißen soll, dass Frau Lok-Ersatztorhüterin Meißner mit ebensolcher Strafe belegt werden sollte. Blackouts gehören zum Sport und zum Leben dazu. Entscheidend ist, was man draus lernt.
Viel verwunderlicher, dass eine solche Aktion lediglich Gelb und indirekten Freistoß zur Folge hat. Man vergleiche dies mit der drakonischem Strafe nach absichtlichem Handspiel auf der Torlinie: rot und Strafstoß. Sprich fast sichers Gegentor und zu zehnt weiter. Kommt der Ersatzspieler zur Hilfe verhindert man das Tor und spielt zu elft weiter. Und angesichts der Tatsachenentscheidung Gelb dürfte es noch nicht mal Spielraum für eine nachträgliche Bestrafung aufgrund von Unsportlichkeit durch den DFB geben. Könnte Schule machen das Beispiel, wenn man bedenkt, dass hinterm Tor meist 7 Ersatzspieler(innen) rumhopsen..
Und mal ganz nebenbei: Hat eigentlich irgendjemand bemerkt, dass sich die Lok-Frauen verstärkt durch diverse SpielerInnen des nun nicht mehr Konkurrenten Leipziger FC anschicken weit vor den RasenBallsportlern die 1.Fußballbundesliga zu erreichen? Die Lobby für Frauenfußball ist in Leipzig trotz der Versuche diesen Sport zu stärken auf Zuschauer- und Medienseite nicht sehr groß. Trotzdem, Lok ist Zweiter der 2. Bundesliga Staffel Nord und auf dem 1.Platz steht mit dem HSV II eine nicht aufstiegsberechtige Zweitvertretung. Heißt, es winken nächstes Jahr Turbine Potsdam, FFC Frankfurt und FCR Duisburg als Gegner. Topadressen des Frauenfußballs. Schöne Aussichten eigentlich..
Das “Spielen des Balles mit dem Fuß” ist auch der Auswechslerin nicht verboten und sie ist, so der DFB, lediglich für das unerlaubte Spielfeldbetreten zu verwarnen. Ja, mit üblichem fußballerischen Moralempfinden ist das nicht vereinbar, folgt aber wohl einer inneren Logik der Regeln.
Die Ersatzspielerin gehört nämlich zur Mannschaft und als solche ist sie ja im Grunde spielberechtigt (und korrekt eingewechselt dürfte sie für die geschlagene Hüterin retten). Deswegen nur die Bestrafung fürs nicht erlaubte Betreten… Hätte sie nen Schienbeinschoner geschmissen und getroffen wärs was anderes gewesen :)
Ja, clevere Trainer wissen das… Ja, manche geben das weiter. Und ja, manche Spieler kapieren das sogar :-)
Was dann als nächstes die Frage aufwirft, was passiert, wenn die Ersatzspielerin den Ball im Strafraum mit der Hand spielt. Gibt es dann Elfmeter und Rot? Oder weiterhin nur Gelb wegen unerlaubten Betretens? Egal wie, eine schräge Regelung bleibt es.
@tarzun: richtig, denn das Betreten des Spielfeldes bedingt eine Spielunterbrechung.
Die optimale Möglichkeit wäre hier wohl folgende gewesen:
Gelb für unerlaubtes Betreten des Spielfeldes (Spielunterbrechung, Freistoss wie gehabt) und danach Gelb-Rot für Ballwegschlagen.
Wundert mich überhaupt was diese Aktion für hohe Wellen schlägt, immerhin gibt es nicht mal ein Video davon.
Zum Thema Kurioses fällt mir noch ein Stadtligaspiel vor 3-4 Jahren ein: Mannschaft erzielt astreines Tor aber der Linienrichter zückt den Wimpel – auf der gegenüberliegenden Seite hatten Wänster gespielt und einen 2. Ball aufs Feld kullern lassen. Kein Tor, sondern Schiedsrichterball…
Schön das Leipzig sich bemüht in die 1. Liga aufzusteigen! Aber hat mal jemand daran gedacht das Kiel eventuell wegen dieses einen Punktes absteigen könnte!? NEIN…
Es ist eine grobe Unsportlichkeit nicht nur diese Aktion in der 53. Minute, sondern vor allem auch das unprofessionelle Auftreten der Leipziger Mannschaft und des Trainergespanns von Leipzig anch dem Spiel!
Die Regel ist für mich nur schwer nachvollziehbar! Wenn man andere “Kleinigkeiten” vergleicht wofür man eine gelbe Karte bekommt ist es lächerlich! Rote Karte und ein Elfmeter wäre nachvollziehbar gewesen!!! Nichts anderes!
Dieser Frechheit , die diese Spielerin dann noch besaß ist unglaublich!
Äußerungen-” DIes war nicht das erste Mal”
@intepreter: Naja, das mit dem Wellen schlagen ist ein wenig übertrieben. Ist ja nun nicht so, dass sich die bundesdeutsche Sportpresse um das Thema reißt. Und angesichts der Ungwöhnlichkeit und Unsportlichkeit des Vergehens und vor allem der völlig bescheurten Gelb-Regel finde ich ein Aufgreifen des Themas nicht ungewöhnlich.
Natürlich stellt sich die Frage, was in Bezug auf die Unsportlichkeit den Unterschied bspw. zu dem WM-Viertelfinal-Linien-Handspiel von Suarez macht. Meiner Meinung nach die Tatsache, dass man dafür nachträglich mit ner Spielsperre, die sich nach der Schwere des Vergehens richtet, bestraft wird. Von daher finde ich, muss die Konsequenz der Situation eine entsprechende Regeländerung sein. Rot (zur nachträglichen Sanktionierung) und Elfmeter ist in diesem Fall wohl das Mindeste (in Analogie zum regelwidrigen Torverhindern von Feldspielern).
Und: Dass man in Kiel wohl in absehbarer Zeit keine freundschaftlichen Gefühle mit Lok verbindet, finde ich reichlich verständlich. Aber das ist jenseits der Regelunmöglichkeit wiederum ein ganz eigenes Thema.
@rotebrauseblogger: ” Und angesichts der Ungwöhnlichkeit und Unsportlichkeit des Vergehens und vor allem der völlig bescheurten Gelb-Regel finde ich ein Aufgreifen des Themas nicht ungewöhnlich.”
Ich würde nicht von einer bescheuerten Gelb-Regel sprechen, denn eine Regel die das Verhindern eines Tores durch einen Auswechselspieler sanktioniert gibt es schlichtweg *nicht*. Wie gesagt die Gelbe Karte gab es für das unerlaubte Betreten des Spielfeldes (btw, mal genau Hinschauen wie oft es keine Karten dafür gibt, z.B. wenn Auswechselspieler die Abkürzung an der Eckfahne nehmen). Danach ist nun mal das Spiel zu unterbrechen. Man müsste wohl einen neuen Absatz ins Regelbuch aufnehmen “böswilliges unerlaubtes Betreten”, die Frage wäre wie notwendig es ist. Ob der Ersatzspieler nun Gelb bekommt oder am grünen Tisch längerfristig gesperrt wird trägt nun mal auch nichts zur Ergebniskosmetik bei :)