Schlagwort-Archive: Oliver Mintzlaff

Scholz raus!

Nach der Trennung von Domenico Tedesco wurde verschiedenerorts unter anderem wieder mal über die Ungeduld im Profifußball geredet. Erfolgreiche Trainer würden viel zu schnell Ergebniskrisen geopfert. Das sei ein Zeichen dafür, wie schlimm alles ist in der Fußballwelt. Und so weiter im kulturpessimistischen, aber ja auch nicht komplett falschen Argumentationsstil.

Fakt ist allerdings, dass die Dauer einer Amtszeit nichts darüber aussagt, ob die Trennung von einem Trainer die in der Sache richtige oder falsche Entscheidung war. Oder anders gesagt, nur weil man jemanden auf einem Stuhl festbindet, wird daraus nicht zwingend ein Christian Streich. Auch der SC Freiburg hat sich vor Streich schon mal nach sehr kurzer Zeit von einem Coach getrennt. Und Union ist nach Neuhaus ebenso durch eine wilde Trainerphase gegangen, bevor man in der buchstäblichen Fischer-Stabilität landete.

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob RB Leipzig nach der Heim-Niederlage gegen Donezk mit Tedesco in einer ähnlichen Krisensituation war, in der sich Freiburg oder Union in jenen Phasen mit Trainer befanden, die nun tatsächlich keinerlei sportliche Erfolge aufweisen konnten. Da wird dann gern aufgezählt, dass Tedescos Team ja die beste Rückrunde aller Bundesligisten gespielt habe, das Halbfinale der Europa League erreichte und Pokalsieger wurde.

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The Unvollendet One

Mal ganz nüchtern runtergebrochen: vll auch ganz gut, dass Nagelsmann nicht mit einem Titel geht. Er hat sich für die Abkürzung Bayern entschieden, obwohl er in Leipzig noch nicht fertig war, dann soll er seine Titel halt auch in München holen und nicht hier Geschichte schreiben.

So hatte ich es direkt nach dem verlorenen Pokalfinale gegen Dortmund drüben bei Twitter geschrieben. Gar nicht mal im Frust oder weil mich die Anti-Nagelsmann-Gefühle übermannten, wie sie der eine oder die in der RB-Bubble in den letzten Wochen seit der Bekanntgabe des Wechsels nach München für mich manchmal etwas zu exzessiv auslebte. Sondern einfach weil es sich so anfühlte, als hätte  eine unvollendete Saison zu einem unvollendeten Trainer gefunden und wäre mit diesem eine gut passende Symbiose eingegangen.

Aus Nagelsmanns Sicht wäre so ein finaler Titel als runder Abschluss sicherlich hübsch gewesen, aber emotional hätte es sich falsch angefühlt, einen Trainer zu bejubeln, der die Abkürzung zu (im Normalfall) diversen (zumindest nationalen) Titeln nimmt, nachdem er vor zwei Jahren noch erklärt hatte, dass er nach Leipzig wechselt, weil er diesen Verein noch nachhaltig prägen kann und will. Nun, es wurde dann doch nur der kleine Stempel.

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Zwischenbilanz: RB Leipzig in der Saison 2019/2020

Alles in allem wird es eine sehr interessante Saison. Das liegt vor allem daran, dass RB im Gegensatz zum Vorjahr, als völlig klar war, was Rangnick will und was damit maximal möglich ist, nun in einer Situation ist, in der die angedachten Veränderungen in der Spielidee verschiedenste Möglichkeiten der Entwicklung bieten. Das kann richtig gut werden, aber auch richtig schief gehen. (…) Fakt ist, es werden mehr Tore als in der Vorsaison fallen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auf beiden Seiten des Spielfelds. (…) In jedem Fall wird man wesentlich stärker noch als in der Vorsaison um jede Führung zittern müssen. Während RB unter Rangnick praktisch immer gewonnen hat, wenn man mal führte, hat Hoffenheim eine Führung nach der anderen und damit auch eine bessere Platzierung verspielt. Keine gute Voraussetzungen für das Nervenkostüm der Anhängerschaft. (…) Dass RB Leipzig in dieser Saison um den Titel in der Liga mitspielt, ist angesichts der Voraussetzungen des Trainerwechsels und der Anpassungen in der Spielidee sehr unwahrscheinlich. Aufregend dürfte es trotzdem werden. (RB Leipzig vor der Hinrunde in der Bundesliga 2019/2020)

25 Pflichtspiele hat RB Leipzig in dieser Saison bereits bestritten (dazu kommen für viele Spieler noch Ausflüge zum Nationalteam). Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League. Überall ist man aussichtsreich dabei und hat die Erwartungen entsprechend bisher deutlich übererfüllt, selbst wenn manchem vor der Saison eher unklar war, was er eigentlich erwarten soll.

Es war eine mehr als erfolgreiche Hinrunde unter dem neuen Trainer Julian Nagelsmann. So richtig wusste man vor der Saison auch aufgrund einer durchwachsenen bis teilweise ernüchternden  Vorbereitung nicht, wo RB Leipzig steht und wohin die Reise mit den angedachten Veränderungen bei der Spielidee gehen würde. Nach 25 Spielen kann man festhalten, dass die Mannschaft offensiv deutlich besser geworden ist, ohne defensiv Qualität zu verlieren.

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The Big Bang Praxis

Im Februar 2010 ging es hier im Blog los. So richtig tief wurde der Einstieg in die tagesaktuelle, vor allem auch sportliche Berichterstattung dann ab dem Sommer 2012 und der Übernahme der Verantwortung im Verein durch Ralf Rangnick und Alexander Zorniger. Ralf Rangnick war also in den letzten sieben, intensiven Jahren zentraler Begleiter dieses Blogs als Sportdirektor und Trainer und als die prägende Person des Vereins.

Nun, mit dem Ende der (tagesaktuellen und konstanten) Berichterstattung hier im Blog endet jetzt auch die Karriere von Ralf Rangnick bei RB Leipzig. Es war ein großer Knall oder auch nicht. Ein großer Knall, weil es dann irgendwie doch eine krasse Zäsur ist, wenn derjenige den Verein zumindest in der Alltagsarbeit verlässt, der diesen sieben Jahre lang komplett geprägt und entwickelt hat. Kein großer Knall, weil sich das über die letzten Wochen schon abgezeichnet hatte.

Ganz weg ist Ralf Rangnick nach seiner Ankündigung ja noch nicht. Er wird künftig Chef einer globalen Red-Bull-Unit aka Eingreifgruppe, die sich vor allem um die Entwicklung der Standorte RB Bragantino und Red Bull New York kümmern soll und (schon aus verbandsrechtlichen Gründen) in Leipzig nur beratende Funktion hat und in Salzburg offiziell gar keine. Denkbar wäre mittel- bis langfristig, dass eine solche Unit, in die schon der bisherige Videoanalyst Lars Kornetka aufgenommen wurde und in die auch noch Chefscout Paul Mitchell rutschen könnte, sich um weitere Standorte kümmert. China und Indien waren ja bereits formulierte Wunschziele für weitere Internationalisierungsbestrebungen des Klubs auch im sportlichen Bereich.

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Captain Chaos

Fast drei Monate hat es gedauert, bis es wieder mal mit Podcasten klappt. Eine Transferperiode, eine Europa-League-Quali und ein neuer Trainer liegen zwischen den beiden Termin. Entsprechend einiger Gesprächsstoff für Dirk, Frank und meine bloggende Wenigkeit rund um den wie üblich prall gefüllten Tisch.

So richtig konnten wir uns nicht einigen, ob wir nach dem Saisonstart nun positiv oder negativ in die Zukunft blicken können. Glaube ich zumindest, dass es so war, denn von Beginn an übernahm Captain Chaos das Kommando im Podcast, sodass es im Detail im Nachhinein nicht mehr so richtig nachvollziehbar war, wer da eigentlich auf was warum hinauswollte..

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Entwicklungsfragen

Am Ende war es nicht mehr wirklich überraschend, dass Ralf Rangnick vor zwei Wochen als neuer Cheftrainer vorgestellt wurde. Letztlich ging es in der Gesamtschau nur darum, eine Konstruktion zu finden, die Rangnick und seine wichtige Funktion, nach innen und außen einer Übergangsjahrlösungswahrnehmung entgegenzutreten, beinhaltet und gleichzeitig seinen Job als Trainer und paralleler Sportdirektor machbar macht.

Vielleicht ein wenig erstaunlich an der letztlich gefundenen Konstruktion, dass Jesse Marsch den Co-Trainer macht. Gar nicht so sehr, weil man ihm bei RB Leipzig aufgrund der mit dem Job verbundenen Anforderungen an Sprache und Detailkenntnis in Europa den Cheftrainerposten noch nicht richtig zutraute. Sondern weil Marsch sich mit dieser Rolle zufrieden gab. Letztlich scheint ihm, die Möglichkeit hinter Rangnick zu lernen, offenbar ausreichend, um den Schritt von der MLS nach Europa zu machen. Vermutlich wird er zumindest in der Trainingssteuerung auch genug Möglichkeiten haben, sich verantwortlich einzubringen.

Dass Marsch nach seiner Ankunft gleich ein eigenes Pressegespräch bekam, verweist auch darauf, dass man ihn vereinsseits offenbar gern in ein prominentes Licht rücken würde, um ihn auch für mögliche weitere Schritte in Europa interessant zu machen und ihn etwas seiner Co-Trainer-Rolle zu entheben. Dass Marsch in Leipzig bis 2019 unterschrieben hat, dürfte dabei lediglich formellen Wert haben und im kommenden Sommer kein Hindernis sein, wenn andere Aufgaben wie zum Beispiel (kleines Gedankenspiel) in Salzburg, falls dort Marco Rose aufhört, auf die Agenda rücken. Der Zweijahresvertrag dürfte entsprechend eher eine finanzielle Versüßung für den Schritt nach Europa sein.

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Suche nach der Übergangslösung, die nicht als Übergangslösung wahrgenommen werden darf

Eine Entscheidung bleibt in dieser Sommerpause noch offen und wird bis Montag noch gelöst werden müssen (wenn man denn keine Übergangslösung bis zur Übergangslösung will). Die, wer denn bei RB Leipzig beim Training auf dem Platz steht. Dass es zu Beginn der Leistungstests und drei Tage vor dem Trainingsstart diesbezüglich immer noch keine definitiven Nachrichten gibt, darf durchaus erstaunen. Schließlich sind seit der Trennung von Ralph Hasenhüttl auch schon wieder fast zwei Monate her. Und auch die Bekanntgabe von Julian Nagelsmann als RB-Trainer ab 2019 ist schon wieder zwei Wochen alt.

Da hier im Blog sehr demnächst Sommerpause ist (dass der Verein es nicht geschafft hat, die Trainerfrage vorher zu klären, hätte ich auch nicht im Ansatz vermutet), machen wir uns doch kurz vor der Bekanntgabe noch mal auf, um eine kleine Reise durch den aktuell realistischen Optionsraum zu unternehmen. Das ist ein wenig spekulativ, aber allzu viele Möglichkeiten gibt es ja auch nicht mehr.

Die letzten Nachrichten aus New York waren jedenfalls relativ eindeutiger Natur. Von “fortgeschrittenen Gesprächen” mit Jesse Marsch über eine Rolle bei RB Leipzig war dort die Rede. Wobei halt die Frage ist, was diese Rolle beim Bundesligisten sein soll. Im Kern geht es darum, welche Konstellation mit Ralf Rangnick denkbar wäre, in die sich ein Jesse Marsch einfügen lässt.

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Echte 1a-Lösung mit Abstrichen bei der B-Note

Überraschend soll sie sein, hatte Oliver Mintzlaff in Bezug auf die Trainerfindung angekündigt. Und die absolute Wunschlösung. Nun, man darf dem Geschäftsführer zugestehen, dass ihm die Überraschung mit der gestrigen Bekanntgabe von Julian Nagelsmann als künftigem RB-Cheftrainer absolut gelungen ist. Im Gegensatz zur einstigen Pressekonferenz, in der Ralf Rangnick als 1a-Lösung verkauft wurde, ist Julian Nagelsmann tatsächlich auf dem aktuellen Trainermarkt die absolute 1a-Lösung. Und entsprechend kann man dem Klub (und dem geneigten Fan und Zuschauer gleich mit) njur gratulieren, dass er diese Lösung nach der etwas wilden Trennung von Ralph Hasenhüttl hinbekommen hat.

Bleiben halt die leichten Abzüge in der B-Note. Denn eigentlich suchte man natürlich einen Trainer für sofort. Dass man nun Julian Nagelsmann erst ab der nächsten Spielzeit, also ab 2019 bekommt, ist der saure Teil des Apfels, den man nach aktuellem Stand der Dinge, an dem sich wohl eher nicht allzu viel verändern dürfte, mitverspeisen muss. Heißt entsprechend auch, dass man für die kommende Saison eine Übergangslösung finden muss, die nach Lage der Dinge Ralf Rangnick heißen wird, was RB Leipzig  aber erst auf einer Pressekonferenz vor dem Trainingsstart Anfang Juli verkünden will (was wiederum ein wenig seltsam ist, falls man denn wirklich schon die Übergangslösung festgelegt hat).

Mit Julian Nagelsmann kommt in einem Jahr ein Trainer, den man eigentlich schon diesen Sommer bräuchte, der aber genau für den Schritt steht, der zu machen ist. Nämlich den Umbruch im Team weiter zu gestalten. In der abgelaufenen Spielzeit gehörten noch sechs Spieler aus der zweiten Liga zu den elf meisteingesetzten Akteuren. Mit Bruma und Kampl konnten sich lediglich zwei Spieler in diese Kernformation schieben, die letzte Saison noch nicht dabei waren. Ein bisschen steht die letzte Saison auch dafür, dass es in Bezug auf die Entwicklung und Auffrischung des Teams eher Stillstand gab. Dass RB Leipzig mit Mukiele und Saracchi schon zwei Spieler verpflichtet hat, die für noch mehr Tempo und Dynamik schon in der letzten Reihe stehen, verweist darauf, dass man gewillt ist, in Sachen Kaderzusammenstellung noch mal einen Schritt weiterzugehen und die Strukturen im Team zu verändern (zu welchen gruppendynamischen Ergebnissen das auch immer führen mag).

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Abschied ist ein scharfes Hinterherwinken hinter sinkenden Schiffchen

Die Saison ist nun schon wieder eine reichliche Woche Geschichte. Seitdem ist RB Leipzig zu einem Europa-League-Quali-Team geschrumpft, das einen Trainer sucht. Vielerlei Themen entsprechend, die es zu bearbeiten gilt. Deswegen versammelten sich Dirk, Ulli, Kai und meine bloggende Wenigkeit rund um den wie üblich prall gefüllten Tisch.

Dabei diskutieren wir natürlich intensiv den aktuellen Stand der Dinge bei RB Leipzig rund um die Fragen nach der Spielidee und den Ideen bei der Personalführung. Wir fragen uns, ob Ralf Rangnick wirklich zurück will zur RB-DNA. Wir fragen uns, welcher Trainer wohl in die Gesamtsituation bei RB passt und inwieweit sich das Gefüge zwischen Rangnick und Mintzlaff verändert hat. Wir fragen uns, wer letzte Saison die besten Spieler bei RB waren. Und wir fragen uns noch viel mehr, ohne darauf immer die passenden Antworten zu finden.

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Kein Hasi mehr vor der RB-Hütte

Das ging dann doch einigermaßen schnell, dass Ralph Hasenhüttl kein Trainer bei RB Leipzig mehr ist. Im Gegensatz zur Trennung von Alexander Zorniger einst kam dies dieses Mal nicht mehr ganz so überraschend. Zu lange schon dauert das Hin und Her zwischen Cheftrainer und Vereinsspitze an. Zu leise waren die Treuebekenntnisse seitens RB über den bis 2019 laufenden Vertrag hinaus in der jüngeren Vergangenheit geworden.

Zumindest als ergebnisoffen durfte man die nach dem Saisonfinale anstehenden Gespräche zwischen RB Leipzig und Hasenhüttl annehmen. Und ergebnisoffen lässt eben auch das Ergebnis einer Trennung zu. Wobei die Sache dann offenbar doch nicht ganz so ergebnisoffen angegangen wurden, wie man hätte annehmen können. Denn dann hätte eine prinzipielle Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit über 2019 am Anfang der Gespräche gestanden, hätte man anschließend eine inhaltliche Analyse des Ist- und des Soll-Zustands durchgeführt und hätte dann überlegt, ob man mit dem aktuellen Setting in Sachen Trainerstab vom Ist- zum Soll-Zustand kommen kann.

Dass RB Leipzig komplett ohne Bereitschaft zur Verlängerung des bis 2019 laufenden Vertrags in die Gespräche gegangen ist, wie Ralf Rangnick und Oliver Mintzlaff in ihren offiziellen Stellungnahmen mehr als deutlich machten, ist die bewusste Inkaufnahme oder direkte Ansteuerung einer Trennung und dann eben doch das Gegenteil von ergebnisoffen gewesen. Denn für den Schritt, ohne Verlängerung in ein letztes Vertragsjahr zu gehen, war es jetzt Mitte Mai schon viel zu spät.

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