Später wird alles besser

Da muss man sich als RB-Fan wohl auch erstmal dran gewöhnen. Dass es Auswärtsspiele gibt, bei denen man nicht noch ein paar Tage vorher in Leipzig oder an der Tageskasse genug Karten für sich, seine Freunde und ein ganzes Bataillon an Leuten kriegt.

In der Vergangenheit wurde es lediglich bei Spielen beim FC St. Pauli eng. Und zuletzt war das Spiel in Wolfsburg ausverkauft. Wobei lediglich ein Spiel beim FC St. Pauli auch im Vorverkauf ausverkauft war und es bei den anderen beiden Spielen beim FC St. Pauli und beim VfL Wolfsburg noch Karten an der Tageskasse gab.

Bei ungefähr 3.000 Leuten stand entsprechend bisher der Rekord an Auswärtsfahrern bei einem Spiel von RB Leipzig. Bis der Vorverkauf für das Bayern-Spiel losging. Und binnen nicht mal drei Tagen 7.500 Tickets verkauft wurden. Also mehr als doppelt so viele in kürzester Zeit als bisher überhaupt jemals insgesamt zu irgendeinem Auswärtsspiel weggingen.

Ja, es sind die Bayern und dieses Team zusammen mit der Allianz Arena haben hierzulande (und bei weitem nicht nur hierzulande) eine enorme Strahlkraft. Trotzdem ist es ein Tag unter der Woche. Es sind am 21.12. noch keine Ferien. Und es sind mal eben reichlich 400 km Entfernung (bei zugegeben guter Verkehrsanbindung, wenn man von der Abreise absieht).

Sei das, wie es sei, es ist dann eben auch ein vorweihnachtliches Event und wohl nur für Leute verwunderlich, die zum Beispiel vor ziemlich genau einem Jahr zusammen mit 150 anderen in einem zugigen Block in Karlsruhe standen und Glück hatten, dass der große Regen erst eine ganze Zeit nach dem Spiel losbrach (vielleicht war das mit dem Regen aber auch schon ein Jahr vorher, wer weiß).

Wer will kann sich natürlich auch noch wundern, dass zum ersten Punktspiel in der Bundesliga ins nicht wesentlich weiter entfernte Hoffenheim vor reichlich zwei Monaten nur reichlich 1.000 RB-Fans mitreisten. Oder der im Vergleich zu München recht nahe und kleine Gästeblock in Ingolstadt noch nicht ausverkauft ist. Aber das wäre dann auch vielleicht schon wieder etwas arg kleinkariert nachgedacht.

Interessanter vielleicht, dass der Vorverkauf für das Spiel beim FC Bayern München den einen oder anderen, kleineren oder größeren Unmut hervorrief. Ein Grundproblem vielleicht die verschiedenen Verkaufsphasen, die vereinsseits vor der Saison eingeführt wurden.

Sprich, in der ersten Phase kommen nur OFC-Mitglieder (für Auswärtige: das sind jene, die in offiziell anerkannten Fanclubs Mitglied sind) in den Genuss Tickets zu kaufen (wenn sie es denn technisch auf die Reihe kriegen), dann Leute, die schon letzte Saison Tickets über das Online-Portal von RB Leipzig kauften. Und dann der ganze Rest. Zu dem es beim Verkauf für das München-Spiel schon gar nicht mehr kam.

Im Gegensatz zu Heimspielen, wo für jede Verkaufsphase Tickets bereitgehalten werden, wurden die Tickets für das Spiel in München nach dem Prinzip ‘Wer zuerst kommt, mahlt zuerst’ vergeben. Nach Ende der OFC-Verkaufsphase waren entsprechend nicht mehr viele Tickets verfügbar. Zumindest nicht im Verhältnis zur Masse an Leute, die noch welche haben wollte.

Was dann am Ende eben auch dazu führt, dass der eine oder andere vielleicht kein Ticket mehr bekommt, der in der Vergangenheit immer eins bekommen hat. Oder vielleicht sogar bei einem Montagabendspiel in Karlsruhe war.

Das ist ungewohnt und auch unglücklich, aber am Ende auch der Tatsache geschuldet, dass dem Verein weiterhin ein System fehlt, das regelmäßige Auswärtsfahrer bevorteilt. Zu einer Auswärtsdauerkarte konnte man sich auch in der achten Saison des Vereinsbestehens nicht durchringen. Man setzt weiterhin auf ein Bonuspunktesystem, das ab der kommenden Saison eingeführt werden soll und bei dem Anhänger bevorzugt werden, die auch in der Vergangenheit schon bei vielen Spielen unterwegs gewesen sind.

Klingt nach viel Aufwand (wenn man denn wirklich vor Ort stichprobenhaft kontrolliert, ob diejenigen, die die Tickets erwerben, auch diejenigen sind, die zum Auswärtsspiel reisen) und nach einem System mit einigen Lücken (falls man denn keine Kontrollen durchführt). Gerade bei einem Verein, bei dem die Auswärtsdauerkarte nur für eine niedrige bis maximal mittlere dreistellige Anzahl an Leuten interessant wäre, hätte man da vielleicht auch andere Lösungen finden können (wobei auch eine Auswärtsdauerkarte nicht vor Missbrauch gefeit wäre). Aber vielleicht hätten dann auch nur Tausende nach einer Auswärtsdauerkarte angestanden, um das Spiel bei den Bayern besuchen zu können (dabei haben die noch nicht mal ein so richtig hübsches Stadion). Wer weiß das schon.

Der Unmut darüber, beim Ticketverkauf für das Bayern-Spiel leer ausgegangen zu sein, ist durchaus nachvollziehbar. Vor allem wenn es tatsächlich Leute trifft, die in der Vergangenheit eher viel unterwegs waren. Was ich nicht einschätzen kann, ob dem so ist. Fakt ist jedenfalls, dass es in dieser Saison die Ausnahme bleiben wird. Selbst Dortmund im Februar dürfte kein so großes Interesse auslösen, wenn man an die Erfahrungen in der Vergangenheit mit Spielen im Ruhrpott oder Richtung Ruhrpott denkt. Aber vielleicht täusche ich mich da ja auch. Schon der Verkauf von 7.500 Tickets für das München-Spiel binnen nicht mal drei Tagen kam ja eher unerwartet. Am Ende bleibt es halt die (individuell unschöne) Ausnahme und die (noch) nicht ausverkauften Auswärtsblöcke in Leverkusen, Freiburg und Ingolstadt der Normalfall.

Mit dem Bayern-Spiel gibt es auch praktisch erstmals in der RB-Vereinsgeschichte die Situation, dass das Angebot an Karten bei einem Auswärtsspiel die Nachfrage deutlich übersteigt. Wenn es eine knappe Ware gibt, für die Leute bereit sind, mehr auszugeben, als sie ursprünglich gekostet hat, findet sich auch immer und garantiert jemand, der diese Gewinnspanne mitnehmen will und entsprechend die Tickets auf den üblichen Schwarzmarktkanälen anbietet. Das fünffache des Normalpreises zu verlangen (ob man das dann auch kriegt, sei mal dahingestellt), ist da durchaus nicht unüblich.

Das ist das eine. Das andere ist im Zusammenhang mit den Vorverkaufsphasen bei RB Leipzig, dass OFC-Mitglieder als Erstkäufer dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Tickets für das Bayern-Spiel auf dem Schwarzmarkt landen. Und entsprechend auch die moralische Empörung größer wird, weil dann ja scheinbar echte Fans des Vereins die Tickets verkauft hätten, also jene, die doch eigentlich nicht Geld auf Kosten anderer Fans verdienen sollen wollen dürften (oder so).

Grundsätzlich kann ich die Empörung ein wenig verstehen, weil eben dadurch auch Leute leer ausgehen, die im Stadion gut aufgehoben wären. Auf der anderen Seite ist es eben so, wie oben geschrieben. Ein knappes Gut mit einem höheren Verkaufswert als Einkaufswert wird halt auch immer Wege finden, auf denen es den Verkaufswert erzielt. Das mag im Umfeld von RB Leipzig komisch sein, weil es viele, viele Auswärtsspiele gab, bei denen man die Tickets kostenlos über der Stadt hätte abwerfen können, ohne dass das von Interesse gewesen wäre. Aber das ist sie dann halt auch, die schöne neue Bundesliga-Welt.

Und Fan und normales Mitglied der Gesellschaft geht nun mal auch Hand in Hand. Und mit dem Weiterverkauf eines Tickets ein paar Euro einzustreichen, mag zwar für andere blöd sein, ist am Ende aber auch nur eine Art individuelle Geschäftsidee. Aus England hörte ich irgendwann und irgendwo mal die Geschichte, dass Fans beispielsweise eine Dauerkarte erwerben und diese bei manchen Spielen für einen wesentlich höheren Preis verkaufen. Und sich dabei die Dauerkarte gegenfinanzieren und vielleicht noch einen Euro, äh ein paar Pfund mitnehmen. Schlimm? Hmm.

Ist halt letztlich eine Frage, die man im Rahmen der aus den Ticketbedingungen folgenden Regularien verfolgen kann. Wenn man denn an die Leute und die Tickets herankommt, um die es geht. Das dürfte im Einzelfall nicht ganz einfach sein. Dass jemand Tickets mit Strichcode oder genauem Platz ins Netz stellt, dürfte die Ausnahme sein, wenn die Verkäufer nicht blöd sind. Und abgesehen davon ist es dann halt schwer, an die Leute heranzukommen. Da müsste man dann schon Testkäufe und ähnliches durchführen. Was wiederum in der Masse extrem aufwändig ist.

Bei Auswärtstickets kommt dann noch hinzu, dass es eigentlich Sache des Heimvereins wäre, den Ticketmissbrauch auf der Basis der eigenen Geschäftsbedingungen zu verfolgen. Dem FC Bayern München dürfte es aber egal sein, auf welcher Schwarzmarkt-Plattform die Tickets am Ende landen. Hauptsache die 7.500 Tickets sind verkauft. Eher macht sich der Klub noch darüber Gedanken, ob er die Differenz zwischen dem Preis, den er selbst nimmt und dem Preis, der auf auf dem Schwarzmarkt erzielt wird, selber einstreicht, indem man die Ticketpreise irgendwann erhöht. Ansonsten sind Gästetickets auf dem Schwarzmarkt ja nichts, was den FC Bayern anhebt, weil es kein Problem mit dem eigenen Anhang zur Folge hat und ihnen kein wirtschaftlicher Schaden entsteht.

Klar, der nüchterne Blick auf Verkaufs- und Weiterverkaufswerte hilft natürlich nicht weiter, wenn du vor dem Rechner sitzt und feststellst, dass eine Stunde nach Beginn des Vorverkaufs Tickets im Netz landen, während du selbst vielleicht am Ende leer ausgehen wirst. Aber es wird nach Lage der Dinge nicht die letzte Auswärtsfahrt zu den Bayern sein. Und in der Zukunft werden die Probleme, die es jetzt aufgrund der fehlenden Bonussysteme für Vielfahrer gibt, vielleicht oder sicherlich kleiner.

Insgesamt werden die Probleme mit der Verfügbarkeit von Auswärtstickets vielleicht ja aber in Zukunft auch größer (nur halt verschoben auf Leute, die sowieso eher selten Spiele abseits von Leipzig besuchen). Weil die Zahl der mit dem Verein Reisenden größer wird. Von daher lächelt man vielleicht mal in ein paar Jahren über diesen ersten Ausbruch von größerer Nachfrage nach Auswärtstickets als es verfügbare Tickets gibt und stupsen uns mit einem leichten ‘Weißt du noch’ in die Seite. Also gleich nachdem zum zwanzigsten Mal leicht gelangweilt die Geschichten über die guten alten Zeiten in Karlsruhe, Rathenow, Torgelow, Meuselwitz oder Burghausen ausgetauscht wurden..

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Dreimal mehr RB-Fans als einst zu 1860 München reisen zum FC Bayern München. | GEPA Pictures - Roger Petzsche
GEPA Pictures – Roger Petzsche

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7 Gedanken zu „Später wird alles besser“

  1. 1. Deien Beiträge lese ich immer mit Freude und Genuß.
    2. ich würde Wetten, dass die Karten für das Dortmundspiel genauso nachgefragt werden :-)
    3. Auch wir als OFC haben Probleme, entsprechend der Ankündigung, an Karten zu kommen. Ist wohl noch die Pupertätsphase des Ticketing.

    Ein geruhsames Wochenende. Kai

  2. Im Gegensatz zu Dir, bin ich nicht der große Auswärtsfahrer (in jeder Liga so 2-3), dazu will ich die Touren immer mit einem Aufenthalt verbinden bzw Freunde besuchen.

    Was ich noch am Montag gelesen habe, war, daß in der Phase II, jeder registrierter Besitzer zusätzlich noch 3 Karten erwerben konnte. Durftest Du das als OFCler am Montag auch?

    In das Bild passt, daß eben jetzt über ViaNoGo Karten im 4er-Pack angeboten werden: [broken Link]

    Da ist echt einiges dumm gelaufen. Der 21.12. ist mein 1. Urlaubstag und da wollten wir auch 2 Tage in Muc bleiben. Jetzt kann ich in der Tat überlegen, Urlaubstage für LEV oder Freiburg zu ändern. Mal schauen.

    Aber das ist eben auch 1. Bundesliga, mit allen seinen Erfahrungen.
    Ich denke gegen den BVB wird es auch so werden, da ja der Anstoß an einem Samstag erfolgt. Aber vielleicht gibt es Vereinsseitig ein paar Neuerungen, damit es fairer zu geht.

    1. Für das München-Spiel gab es eigentlich für jeden nur zwei Tickets. Ist aber von Spiel zu Spiel unterschiedlich. Dass man in Phase II für die Bayern vier Tickets hätte kaufen können, glaube ich nicht. Als ich am Mittwoch Vormittag noch mal kurz eingeloggt war, wäre das jedenfalls nicht gegangen.

  3. Ärgerlich ist es schon, wenn ein Geschäft daraus gemacht wird, die Tickets im Netz weiter zu verkaufen, und gleichzeitig Fans leer ausgehen. Nichts gegen Notverkäufe, wenn jemand krank wird oder keinen Urlaub bekommt. Aber was soll der Verein tun?
    Nostalgie ist schön. Gern denkt man an Zeiten zurück, als man mit ein paar tausend Leuten im Winter in der arschkalten RB Arena war. Heute sieht man rund um einen Leute, die man bis vorige Saison noch nicht gesehen hat und die sich erst einmal die Abseitsregel erklären lassen müssen. Auswärts wird es nicht anders sein. Aber die Entwicklung war absehbar. Man kann sie bedauern, ändern kann man sie nicht.

  4. Also für München gab es 4 Tickets, war auch so angekündigt. Ging aber nur, wenn gerade ein neuer Block frei geschaltet wurde.
    Für Dortmund bitte Sonderzüge bereit stellen!

  5. Das Ticketsystem ist auch dahingehend unglücklich, dass Dauerkartenbesitzer und Leute, die irgendwann mal im Online Portal unterwegs waren, auf eine Stufe gestellt werden. Für mich auch nicht optimal gelöst.

  6. Es werden sich reichlich “Fans” so Ihre eigenen Auswärtsfahrten finanzieren. Klappt halt nur bei BVB
    Bayern, Schalke.
    Ist ärgerlich. Wird man dann sehen in München wie viel
    im Gästeblock so garnicht für RB sind.
    Ich schätze mal 1/3 mindestens kann das gut werden.

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