Zweitligatopelf

Eigentlich ist es ja ein eher fragwürdiges Geschäft, rund um den Fußball Bestenlisten erstellen zu wollen. Wobei die Fragwürdigkeit vor allem darin besteht, diesen Listen den Anschein der Objektivität geben zu wollen. Denn auf der einen Seite gibt es niemanden, der alle Spieler permanent im Saisonverlauf im Blick hat und auf der anderen Seite fehlt ein objektiver Bewertungskatalog, anhand dessen die Bewertung verobjektivierbar wäre. Das führt dann zusammengenommen dazu, dass meist Spieler in den Bestenlisten landen, die auch bei erfolgreichen Mannschaften spielen.

Sich zu diesem Zeitpunkt der Saison einer Zweitligatopelf zu widmen, ist aber sowieso nicht mehr als Spielerei. Und erhebt auch gar nicht den Anspruch, die besten oder überraschendsten oder zukunftsfähigsten Spieler zu versammeln. Die Auswahl soll eine rein subjektive sein und lässt somit auch Auswahlkriterien zu, die zum sportlichen Auftreten hinzukommen oder mit diesem gar nicht direkt in Beziehung stehen. Eine kleine Spielerei, die eher die persönlichen Eindrücke von bisher 26 Spielen zusammenfasst.

Fängt man bei den Keepern an, landet mit René Vollath die vielleicht beste Nummer 2 der zweiten Liga in der Topelf, weil er einerseits in zwei Einsätzen beim KSC gezeigt hat, dass er ein sehr guter Keeper und vor allem auf der Linie und im Eins gegen Eins unheimlich schwer zu bezwingen ist. Und weil er andererseits etwas tut, was man eigentlich nur jedem Profi (und auch jedem Fan) empfehlen kann. Vollath ist seit letztem Jahr Schiedsrichter und pfeift als solcher nebenbei in der Kreisklasse. Weil er früher öfters gelb wegen Meckerns gesehen hatte und ihm dann gesagt wurde, er solle es doch mal selbst versuchen. Gutes Experiment, sowohl für die Zukunft des arg belasteten Schiedsrichterwesens als auch für das Verständnis von Spielern für Schiedsrichterentscheidungen.

Ein wenig skurril ist es schon, was sich da in Kaiserslautern in der Innenverteidigung mit Willi Orban und Dominique Heintz zuträgt. Dass dieser nicht unwichtige Mannschaftsteil eines ernsten Aufstiegskandidaten von 21- bzw. 22jährigen Spielern besetzt werden, ist schon ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher, dass der eine (Orban) in Kaiserslautern geboren wurde und nie einen anderen Verein kennengelernt hat und der andere (Heintz) 40 km entfernt in Neustadt geboren wurde und bereits mit acht Jahren zum 1.FC Kaiserslautern kam. Und nun bilden die U21-Nationalspieler ein hervorragendes Zweitligastammduo, das der wahrscheinlich spielstärksten Mannschaft der Liga defensiv Halt und offensiv Aufbauqualitäten gibt. Mehr Lob für die Nachwuchsarbeit und mehr Beweis für deren Sinnhaftigkeit geht nicht.

Rechts hinten landet mit Jean Zimmer ein weiterer Spieler aus Kaiserslautern, aber nicht weil er quasi dieselbe Karriere wie Orban und Heintz hinter sich hat, sondern weil er mit seiner Austrainiertheit und eher geringen Körpergröße fast schon quadratisch wirkt und man immer mit offenem Mund zurückbleibt, wenn er als laufender Turbometer übers Feld pflügt und dann mit grandioser Schusstechnik den gegnerischen Torhüter malträtiert.

Eine Zweitligatopelf ohne Axel Bellinghausen ist möglich, aber sinnlos. Ein Spieler, der wirkt als wäre er einem Rambo- oder Rocky-Film entsprungen (ob auf der Seite des Guten oder Bösen ist dann wohl Frage des Standpunkts) mit seinem Auftreten irgendwo zwischen beeindruckend und beängstigend, faszinierend und verstörend. Großartiger Typ, der seine Seite und seine Gegenspieler Minute für Minute ohne Schonung seiner selbst bearbeitet.

Nichts ist mehr zweite Liga als die Position der zentralen Sechs, die nur doppelt an die fußballerischen Zwillinge Markus Karl und Dominic Peitz vergeben werden kann. Groß gewachsene (1,92 bzw. 1,96 m) und erfahrene (29 bzw. 30 Jahre) Spieler, die in der Mittelfeldzentrale abräumen sollen und abräumen in der Luft und am Boden auch als Essenz ihres Jobs verstehen. 10 bzw. 9 gelbe Karten in 26 bzw. 22 Pflichtspielen diese Saison zeugen davon. Wer an den beiden vorbei will, muss in Kauf nehmen, dass es weh tun kann..

Als zweiter Mann neben dem Karl-Peitz-Zwilling in der Mittelfeldzentrale bietet sich Reinhold Yabo an. Einerseits wegen seiner großartigen Mischung aus Robustheit, Technik, Dynamik und Offensivkraft. Und andererseits natürlich auch, weil er den eher ungewöhnlichen Weg bestreitet und als gewähltes Mitglied im Gemeinderat der Stadt Karlsruhe sitzt.

Die eine Mittelfeldaußenbahn geht mal eben an Marc Schnatterer. Der auch nach dem Aufstieg von der dritten in die zweite Liga wieder zu den Topscorern gehört. Wirkt immer lieb und nett, teilt aber auf dem Feld gut aus und talkt seine Gegenspieler nach Zweitkämpfen auch gerne mal zu.

Die andere Mittelfeldaußenbahn geht an Dominick Drexler vom VfR Aalen. Nur teilweise weil er einen Petrik-Sander-Ähnlichkeitswettbewerb gewinnen könnte. Zu größeren Teilen auch, weil sich dahinter ein technisch hervorragender Offensivspieler verbirgt, dem man immer gern beim Kicken zuschauen mag. Wenn er denn kickt und nicht gerade rotgesperrt oder verletzt auf der Tribüne hockt.

Die Position des leicht hängenden, zentralen Stürmers geht in der Topelf an Omer Damari. Nicht nur, weil er einer von nur zwei Profis aus Isreal in der zweiten Liga bzw. im gesamten deutschen Profifußball ist. Sondern weil er mit seiner Ballführung, Spielübersicht und Komplettheit die meisten Offensivspieler der zweiten Liga noch mal ein Stück überragt. Damari wirkt an guten Tagen als würde er über seinen Gegenspieler schweben und Ballet tanzen, während um ihn herum robust Holz gehackt wird.

Platz Nummer 11 im Zweitligatopteam geht an Charlison Benschop, der mit seiner robusten und auf Schnelligkeit ausgerichteten Spielweise und seiner guten Chancenverwertung im Sturm sehr auffällig und spektakulär agiert. Benschop wird über kurz oder lang in der Bundesliga landen und das ist auch der Ort, wo sein physisches Spiel auf hohem Niveau auf Dauer hingehört.

Gecoacht wird das Team natürlich von Markus Kauczinski, auch wenn die Konkurrenz bspw. mit einem Weiler, Hasenhüttl oder Runjaic durchaus eine gute ist. Aber Kauczinski überzeugt durch die entscheidende Prise mehr an Abgeklärtheit trotz Emotionalität. Ein sachlicher Typ, der selten klagt und sein Team in aller Ruhe und unter Nutzung der nicht immer enormen Möglichkeiten des Vereins zum Optimum hin entwickelt. Macht Spaß seinem Team zuzugucken, macht aber auch Spaß ihm selbst zuzuhören. Und dazu ist Kaucziniski noch Zorniger-Freund. Das sagt doch alles über seine Qualitäten..

Topelf: Vollath – Zimmer, Heintz, Orban, Bellinghausen – Schnatterer, Peitz-Karl, Yabo, Drexler – Damari, Benschop; Trainer: Kauczinski

3,5 mal Karlsruhe, 3,5 mal Kaiserslautern, zweimal Düsseldorf, je einmal Heidenheim, Aalen und Leipzig. Das ist natürlich eine ideologisch fragwürdige Verteilung, aber es geht ja an dieser Stelle vor allem um fußballerische Fragen..

Tiefenpsychologisch interessanter da schon, dass drei Spieler den gleichen Vornamen tragen, der aber immer anders geschrieben wird. Konsequent wäre die Topelf ausgewählt worden, wenn auch noch Dominik Kaiser zur Sammlung aus Dominic, Dominick und Dominique dazugekommen wäre. Nächste Saison klappt das vielleicht..

2 Gedanken zu „Zweitligatopelf“

  1. Feine Sache RBB!!!
    Nur die MS-Position sehe ich anders. Damari kam erst zur WP und hat wieviele Spiele und Tore gemacht? Für mich ganz klar vorne Stroh-Engel von DA.
    Sonst eine Topf-Elf!

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