Testspiel: RB Leipzig vs. 1.FC Bitterfeld-Wolfen 8:0

Testspiele sind Testspiele sind Testspiele. Eine Tautologie, die noch einmal viel stärker für Testspiele gilt, die direkt im Anschluss an kraftraubende Ausdauereinheiten stattfinden. Spiele, nach denen ein Peter Pacult gesagt hätte, dass sich alle gut bewegt haben und er zufrieden ist. Spiele, nach denen Alexander Zorniger sagt, dass man “trotz der schweren Beine guten Fußball gespielt” habe, er sehr zufrieden sei und es so weitergehen könne.

Viel mehr gibt es sportlich zum Spiel eines besseren Drittligisten gegen einen schlechteren Sechstligisten (Bitterfeld-Wolfen ist in der Verbandsliga Sachsen-Anhalt Drittletzter), das mit dem 8:0 ein standesgemäßes Ergebnis hatte, eigentlich nicht zu sagen. Denn der Wert eines solchen Spiels direkt im Anschluss an ein dreitägiges Lauftrainingslager mit Krafttrainingseinschüben und nachdem am Vormittag noch mal ordentlich gepowert wurde, besteht wohl vor allem darin, das Laufen mit spielerischen Mitteln zu verlängern und dem nervtötenden Gebolze von Kondition auch noch ein spielerisches Element beizumengen.

In diesem Sinne war das Spiel gegen den 1.FC Bitterfeld-Wolfen, der 2012 aus dem VfL Eintracht Bitterfeld hervorging und in die Lücke stieß, die die Insolvenz des bekannteren FC Grün-Weiß Wolfen hinterließ, ein erfolgreiches. Denn die eingesetzten Spieler zeigten sich engagiert in einem Spiel, das sich jeweils nur in der Hälfte der Gäste abspielte.

Während in der ersten Halbzeit Erik Domaschke im Tor von RB Leipzig immerhin noch einmal mehr oder minder ernsthaft eingreifen musste, war Benjamin Bellot in Hälfte 2 komplett beschäftigungslos. Sodass es zu einem Spiel wurde, wie es manchmal (bei allem Respekt) gegen unterklassige Teams typisch ist. Die beiden Innenverteidiger spielen an der Mittellinie eine Art Ballholer und bringen die vom Gegner nach vorne geschlagenen Bälle (wenn sie nicht schon zuvor zurückerobert wurden) zurück ins Spiel, das die anderen acht in des Gegners Hälfte betreiben.

Diese Form des Spiels lässt insgesamt nur wenig Rückschlüsse in Bezug auf das Funktionieren von Spielideen zu, weil das Spiel letztlich reichlich atypisch ist. Trotzdem erkennt man natürlich gerade bei Ballverlust und dem folgenden Gegenpressing oder dem Umschalten nach Ballgewinnen, worauf das Spiel hinauslaufen soll.

Beide Halbzeiten sahen jeweils vier Tore. In der ersten Hälfte versuchte man es oft mit dem flachen Ball in die Tiefe auf die schnellen Poulsen und Luge, in der zweiten sah es etwas verspielter und gelegentlich zu verspielt aus.

Durchspielen durften (bzw. nach den Strapazen der Vortage sollte es besser mussten heißen) Christian Müller, was den Ausfall des Neuzugangs Mikko Sumusalo anzeigte und Denis Thomalla, was den fehlenden Backup für Henrik Ernst anzeigte.

Letzteres klingt auf den ersten Blick witzig, denn Thomalla hat man mit der Sechserposition von Ernst bisher nicht in Verbindung gebracht. Aber gegen Bitterfeld-Wolfen durfte Thomalla eine Halbzeit lang den klassischen Sechser mit nur geringem Offensivgeist spielen. Was positiv gesehen für Thomallas Flexibilität spricht. Man kann es aber auch im Hinblick auf die Gerüchte um eine Verpflichtung der Wolfsburger Stürmer Federico Palacios-Martinez und Stefan Kutschke als Test interpretieren, was man denn eigentlich mit dem eventuell überbesetzten Sturm noch so anstellen könnte. Vielleicht war es auch einfach nur ein Experimtent ohne Hintergedanken. Angesichts des Spielverlaufs ist es jedenfalls schwierig irgendetwas in Thomallas Auftritt hineinzuinterpretieren, auch wenn Ernst nach der Pause in selber Rolle deutlich präsenter wirkte.

Auffällig gerade weil mit Morys und Sumusalo zwei Spieler verletzungsbedingt fehlten und mit Judt, Schulz und Papadimitriou drei Spieler in der Winterpause wegfielen, dass es Thiago Rockenbach nicht einmal in den Testspielkader schaffte (er aber laut LVZ mit ins Trainingslager fahren wird). Wofür man offiziell noch nicht mal eine Verletzung als Begründung heranzog. Was letztlich nur bedeuten kann, dass Rockenbach ganz am Ende der Nahrungskette angekommen ist und die medialerseits kolportierte Vertragsauflösung tatsächlich kurz bevor steht. Vielleicht hat er ja auch schon einen neuen Verein an der Angel und will sich nicht mehr verletzen, bevor er nicht einen neuen Vertrag unterschrieben hat.

Am anderen Ende der Glücklichkeitsskala dürfte sich Vincent Rabiega befunden haben. Denn der 18jährige Offensivmann aus der A-Jugend durfte erstmalig mit den Profis zusammen auflaufen und den rechten Stürmer spielen. Auch hier gilt, dass ein solches Testspiel wenig Aussagekraft hat, aber Rabiega schien ob seines ersten Auftritts im Kreise der Großen noch ein wenig mit Nervosität und Anpassungsproblemen zu kämpfen. Was nun tatsächlich nicht verwunderlich wäre.

Erwähnenswert vielleicht noch, dass Kapitän Frahn auch in diesem Test gegen einen Sechstligisten torlos blieb. Was für ihn in Testspielen gegen unterklassige Clubs nicht unbedingt untypisch ist, aber angesichts der langen Periode der Torlosigkeit vor der Winterpause eben doch seine eigene Note bekommt. Zumal Frahn insgesamt eher unauffällig agierte.

Getroffen, und das führt zu einer anderen bemerkenswerten Statistik, hat Frahn dann doch noch. Nämlich per Fernschuss über den nicht eben flachen Zaun hinter dem Tor am Cottaweg-Spielfeld. Womit er nicht der einzige war, denn insgesamt erstaunliche fünfmal beförderten Heidinger (zweimal), Hoheneder, Poulsen und Frahn den Ball über den Zaun Richtung Parkplatz bzw. Gedenkhügel des Leidens. Ob man sich so nach den harten Trainingstagen im Spiel ein paar Sekunden des Verschnaufens organisieren wollte oder ob man an den Vortagen einfach zu viel Playoff-Football aus der NFL gesehen hatte und von den dortigen Fieldgoal-Versuchen begeistert war, ist nicht überliefert.

Fazit: Es war ein sportlich nicht sonderlich aussagekräftiger Aufgalopp ins neue Jahr und ein Spiel, das angesichts der Trainingseinheiten zuvor eine erstaunliche Lockerheit versprühte und den Zuschauern ein paar schöne Tore präsentierte. Sportlich ernster wird es aber erst im Trainingslager in der Türkei zugehen, das am Donnerstag beginnt und in dessen Rahmen am Samstag gegen den FC Vaduz aus der Schweizer zweiten Liga das nächste Testspiel stattfindet. Trotzdem, der Anfang im Fußballjahr 2014 ist gemacht und geglückt. Alles weitere kommt dann Schritt für Schritt.

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Tore: 1:0 Luge (3.), 2:0 Thomalla (17.), 3:0 Luge (25.), 4:0 Luge (35.), 5:0 Fandrich (49./FE), 6:0 Kammlott (78.), 7:0 Thomalla (80.), 8:0 Röttger (90.)

Aufstellung 1.Halbzeit: Domaschke – Müller, Hoheneder, Franke, Jung – Kimmich, Thomalla, Kaiser – Poulsen, Frahn, Luge

Aufstellung 2.Halbzeit: Bellot – Müller, Willers, Sebastian, Heidinger – Fandrich, Ernst, Röttger – Kammlott, Thomalla, Rabiega

Zuschauer: etwa 500 – 600 am Cottaweg

Links: RBL-Bericht, RB-Fans-Bericht

6 Gedanken zu „Testspiel: RB Leipzig vs. 1.FC Bitterfeld-Wolfen 8:0“

  1. Du musst noch “Fieldgoal” Heidinger in die Aufstellung am Ende zaubern. ;-)

    Für Rabiega natürlich schön, aber wie es aussieht wird er wohl nicht mit nach Belek fahren (bisher wurde ja nur von Bredlow berichtet) und seine Position dürfte bald von Martínez geschluckt werden.

    Was Frahn angeht, der vermisst einfach Kutschke :-), wobei ich bezüglich seiner Flaute ja denke, dass dies auch ein wenig der Gegnerqualität geschuldet ist (nicht umsonst haben die und seine Torquote Ähnlichkeiten mit der letzten Saison, wo Frahn auf eine Vielzahl von ambitionierten Teams getroffen ist, damals mit Babelsberg in der letzten Regiosaison vor Drittligaeinführung), wird spannend, ob er in der RÜckrunde wieder an seinen schönen Saisonstart anknüpfen kann, oder nicht.

    1. Danke für die Ergänzung – hätte ich ja im Text auch besser aufpassen können ;-)

    1. Versprochen. (Aber immerhin war der Joke nicht deckungsgleich formuliert. Und sowieso unterschiedliche Zielgruppen. Und überhaupt: Von meinem Professor habe ich früher gelernt, dass Redundanz ein unheimlich wichtiges Stilmittel beim Erstellen von Texten ist. ;-))

  2. @Rumpel: Was mich bei Frahn etwas sorgt, ist die Tatsache, dass er auf die Flaute offenbar damit reagiert, Sachen machen zu wollen, die nicht die seinen sind. Sich fallen lassen und dann mit Ball am Fuß Gegenspieler ausdribbeln zum Beispiel. Frahn ist ein großartiger One-Touch-Goalgetter, sprich er kann aus vielerlei Positionen direkt und ohne Ballannahme abziehen und Tore erzielen oder auch mal vorbereiten (eine Art Makaay light). Darauf sollte auch weiterhin sein Fokus liegen, auch wenn es mal nicht läuft. Und die Kutschke-Unterstützung kriegt er ja vielleicht bald. ;-)

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