Regionalliga: RB Leipzig vs. FC Energie Cottbus II 3:0

Auch solche Tage gibt es rund um den Fußball. Tage, an denen man völlig entspannt und ohne größere Sorgen um die drei Punkte zum Spiel geht und sich 90 Minuten lang auch keinerlei Sorgen einstellen. Zu konzentriert waren die RasenBallsportler und zu limitiert die Lausitzer Gäste, als dass an diesem Tag hätte etwas schief gehen können. Lediglich nach einer halben Stunde bestand der Ansatz einer Gefahr, dass die Partie falsch abbiegen könnte, als die RB-Innenverteidigung an der Strafraumgrenze fahrlässig den Ball vertändelte, der Gast aber statt eines Tores nur eine Ecke aus der Situation herausholte. Die Eckballbilanz sollte am Ende auch die einzige Bilanz sein, die (deutlich) an die Cottbuser ging.

Personell griff man auf Seiten von RB Leipzig gegen die Lausitzer auf dieselbe Startelf wie schon in der Vorwoche in Magdeburg zurück. Also mit Schinke und Kutschke statt mit Heidinger oder Röttger oder Kammlott. Macht auch Sinn, angesichts der Tatsache, dass man in Magdeburg gewonnen hatte, mag man denken. Andererseits hätte man sich auch gut vorstellen können, dass man nach dem emotionalen Vorwochensieg und der Tatsache, dass im Vorfeld der Cottbus-Partie wenig über den Gegner geredet wurde, durch kleinere Kaderveränderungen noch mal einen Reiz gegen mögliche Konzentrationsmängel setzt.

Das sah Alexander Zorniger als Coach von RB Leipzig aber offensichtlich anders und darf sich angesichts des Spielverlaufs auch Recht geben. Denn von der ersten Minute an lief das Spiel ausschließlich in Richtung des Gästetors. Mit viel Konzentration, Spielwitz und stellenweise Kombinationsklasse ging es 20 Minuten lang gen Cottbus-Tor. Zweimal Aluminium nach Schinke-Schuss und Rockenbach-Freistoß waren die Folge. Dass es nicht schon in dieser Phase klingelte, lag aber auch daran, dass die RasenBallsportler in einigen Situationen fast schon zu verspielt waren und hier noch den Kurzquerpass und dort noch den Doppelpass suchten, anstatt konsequenter dem Torerfolg zuzustreben.

Dem Anfangsdruck der ersten knapp 20 Minuten folgte dann eine Phase, in der das Passspiel von RB Leipzig etwas zu ungenau wurde, um große Gefahr heraufzubeschwören. Diese Phase muss Gäste-Coach Vasile Miriuta wohl gemeint haben, als er nach der Partie in der Pressekonferenz meinte, sein Team habe 30 Minuten lang gut gespielt. Was eine Übertreibung war, aber zumindest kassierte sein Team 30 Minuten lang kein Tor.

Gekommen, um (wieder einmal) das 1:0 zu schießen - Daniel Frahn kurz bevor das Spiel praktisch schon entschieden ist | GEPA-Pictures – Roger Petzsche

Nach 32 Minuten war es dann aber völlig verdient soweit und – na klar – Daniel Frahn markierte mit seinem 12.Tor im 12.Spiel die Führung. Genaugenommen war dieses Tor aber die erste Krönung des insgesamt und vor allem in den ersten 45 Minuten alle überragenden Dominik Kaiser. Wie er im zentralen Mittelfeld locker 40 Meter vor dem gegnerischen Tor den entscheidenden spielöffnenden Pass durch die Mitte(!) an allen vorbei auf Thiago Rockenbach spielt, ist großartig und exakt die Qualität, die es in der letzten Saison noch gar nicht (und gar nicht meint exakt gar nicht) gab. Dass Thiago Rockenbach (mit einem weiteren schönen Pass in die Spitze) und Daniel Frahn diese Situation veredeln, ist dabei natürlich umso schöner.

Überhaupt konnte man in der ersten Halbzeit gut beobachten, wie die Zahnräder so langsam ineinandergreifen. Ich hatte schon vor dem Spiel gemeint, dass man gerade in solchen Partien, wenn das Kribbeln und die Anspannung nicht ganz so groß sind, sehen kann inwieweit Spielidee und -system funktionieren. Das großartig herausgespielte 1:0 hat da wieder mal gezeigt, mit welch hoher Qualität und gelegentlich auch aus dem Nichts heraus RB Leipzig inzwschen in der Lage ist, Chancen zu kreieren und auch zu nutzen.

Vielmehr noch und letztlich auch viel spannender aber zu beobachten, wie man bei Ballverlust tatsächlich inzwischen an einem Punkt ist, binnen kürzester Zeit den Gegner unter Druck zu setzen und einen geordneten, schnellen Gegenangriff sofort zu unterbinden und im besten Fall gar den Ball wiederzuerobern. Viele Situationen, in denen man aufspringen und ein ‘Genau so muss es sein’ rufen möchte. Das ist in der Entwicklung von Pressing und Gegenpressing (jeder darf das für sich gern einmal mit dem Auftreten am Anfang der Saison vergleichen) großes Kino. Wer bisher noch nicht von Zornigers Weg überzeugt gewesen sein sollte, müsste es spätestens bei solchen Eindrücken sein. Und das beste ist: Die Entwicklung steckt trotzdem erst in ihren Anfängen.

Nach dem 1:0 nahm das Spiel seinen ungefährdeten Lauf. Beim 2:0 assistierte der Cottbuser Rechtsverteidiger zusammen mit seinem Torwart netterweise durch mangelhafte Beteiligung am Spiel. Stefan Kutschke sagte mit seinem fünften Saisontreffer danke. In der zweiten Halbzeit machte Rockenbach dann früh das 3:0 durch schönen Schuss aus etwa 18 Metern. Alles was danach kam, war Schaulaufen, dessen Aussagekraft relativ gering ist. Cottbus kam gegen nun stellenweise recht locker agierende RasenBallsportler zu ein, zwei guten Chancen. RB Leipzig versuchte auf der anderen Seite weiterhin und manchmal zu verspielt, Tore herauszukombinieren. Stellenweise hatte die Partie Trainingsspielcharakter. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob bei RB Leipzig im Training auch so viele Möglichkeiten bestünden, sich den Ball hin- und herzupassen.

Pech hatten in dieser Partie ein wenig die Einwechselspieler. Nicht nur Kammlott, dessen sehenswerter Torabschluss nach knapp 70 Minuten nicht im Tor sondern drüber landete, sondern auch Röttger und Heidinger. Denn alle drei konnten in einem Spiel, dem ab der 60. Minute die letzte Ernsthaftigkeit und Konsequenz fehlte, nicht mehr recht glänzen. Die Luft war halt raus und da kann man als Einwechsler trotz einiger guter Aktionen wenig dran ändern.

Aber die Luft war insgesamt auch nicht so raus, dass man den RasenBallsportlern Fahrlässigkeit vorwerfen könnte (dass sich Cottbus nach 0:3-Rückstand und aussichtslos erscheinendem Spiel im April 2011 in Leipzig fast noch zu einem Unentschieden gekämpft hätte, wussten wohl auch sowieso die wenigsten der Aktiven). Man kontrollierte das Spiel ohne den letzten Einsatz in die Waagschale zu werfen. Was der Partie und den harmlosen Gäste abolut angemessen war.

Fazit: Es war sicherlich nicht der Zauberfußball, den die RB-Homepage gesehen haben will, aber die Konzentration mit der RB Leipzig den Abstiegskandidaten (der er für mich neben Torgelow nach diesem Spiel noch viel stärker ist als sowieso schon zuvor) eine Woche nach dem emotionalen Höhepunkt in Magdeburg bespielte, beeindruckte sehr, genau wie sehr viele offensive und defensive Ansätze. Dass Cottbus erstmals in dieser Saison mit mehr als einem Tor verlor, ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass RB unter Flutlicht sehr, sehr viele Dinge richtig machte. Dass der (gute, aber auch beschäftigungslose) Schiedsrichter Schwermer aus Magdeburg(!) keine einzige gelbe Karte verteilte, zeigt aber auch, dass das Spiel nicht unbedingt regionalligatypisch verlief. Trotzdem, der Sieg gegen Cottbus veredelte den Sieg in Magdeburg und lässt hoffen für den weiteren Verlauf der wartenden englischen Woche mit den Spielen in Bischofswerda (Sachsenpokal-Viertelfinale) und beim aktuellen Regionalliga-Zweiten FSV Zwickau.

Randbemerkung: So wie sich auf dem Platz genau in diesen Spielen, die nicht die ganz großen Knüller sind, zeigt, wie weit man ist, zeigt es sich auch auf den Rängen. Und da sah es im Fanblock hinter dem Tor, der ein Podest für Trommeln und Capo spendiert bekommen hatte, ähnlich gut aus wie auf dem Feld. Der Block B ist sicherlich (noch) keine Wand wie es der Block U in Magdeburg beispielsweise ist (dessen Auftritt kurz nach Spielbeginn letzte Woche ich in Lautsärke und Anblick immer noch recht beeindruckt im Kopf habe), aber aus der Ferne macht das, was sich da vernehmen lässt, schon sehr viel Spaß. Es ist laut und es ist angenehm und beispielhaft für die Entwicklung steht, dass inzwischen bei entsprechenden Gesängen nicht nur 50-100 Leute irgendwo unten im Block hüpfen, sondern ziemlich weite Teile des ganzen Blocks. Irgendwann einmal gestern Abend hatte ich ein klein bisschen Gänsehaut. Aber nicht wegen der Kälte..

Lichtblicke:

  • Dominik Kaiser: Da führt diesmal nun gar kein Weg dran vorbei. Vor allem in der ersten Halbzeit war Dominik Kaiser uneingeschränkter Spieler des Tages. Aber auch in der zweiten Halbzeit reichte es noch zu einer sehr guten Leistung. Unglaublich die Öffnung des Spiels vor dem 1:0 mit der er die Torvorvorlage beisteuerte. Die Treffer 2 und 3 legte er dann der Einfachheit halber direkt auf. Sowieso lief fast jeder Angriff über Kaiser, dessen Präsenz und Passsicherheit fast durchgängig überragend war. Und als sei dies alles noch nicht genug, räumte er im Defensivzweikampf so ziemlich alles ab, was auch nur ansatzweise in seine Richtung lief. Phasenweise eine unfassbare Vorstellung, die mit Liga 4 überhaupt nichts mehr zu tun hatte. In der Form möchte man einen Dominik Kaiser nicht missen und schon gar nicht über einen längeren Zeitpunkt ersetzen müssen..

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Tore: 1:0 Frahn (32.), 2:0 Kutschke (36.), 3:0 Rockenbach (58.)

Aufstellung: Coltorti – Müller, Hoheneder, Franke, Judt – Schinke (73. Heidinger), Kaiser, Schulz (61. Röttger) – Rockenbach – Kutschke (61. Kammlott), Frahn

Zuschauer: 6.171 (davon etwa 30 Cottbuser)

Links: RBL-Bericht [broken Link], RBL-Liveticker [broken Link], RB-Fans-Bericht, MDR-Bericht [broken Link], FCE-Bericht [broken Link]

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Bild: © GEPA pictures/ Roger Petzsche

4 Gedanken zu „Regionalliga: RB Leipzig vs. FC Energie Cottbus II 3:0“

  1. Von mir hat auch Schulle ein Lob verdient. Er und Kaiser sind momentan die Sechser. Bei Paul Schinke wechseln noch Licht und Schatten. Manchmal wirkt er schläfrig und die Laufwege mit den anderen Mitstreitern sind besser abzustimmen. Sein Passspiel aus dem Fussgelenk ist allerdings eine Augenweide. Große Klasse sein fast ansatzloser Lattenschuss.
    Tolle Leistung der Mannschaft. Man merkt und sieht eine Entwicklung. Genau das was man in der letzten Saison vermisst hat.

  2. Bei der Aussage zum Schiri bin ich ganz bei dir. So unaufgeregt, sicher und immer auf der Höhe des Geschehens, mit dem richtigen Gespür, wann man auch mal keine gelbe Karte zücken muss (manchmal sieht es halt schlimmer aus, als es tatsächlich ist) habe ich in der Regionalliga selten einen Schiedsrichter erlebt. Kompliment an Ihn.
    Am gestrigen Abend hat mich eigentlich nur eines genervt, und das leider nicht zum ersten Mal: Ein permanent hinter mir nörgelnder Rentner, welcher offenbar entweder beschwipst (dezent ausgedrückt) oder halbblind oder jenseits aller Realitäten wandelnd, nervende Negativkommentare zum Spiel unserer Mannschaft von sich gab. Ich denke für die Regionalliga war es ein ziemlich gutes Spiel. Ich jedenfalls hatte Gefallen daran. :-)

    1. … lass mich raten: bevor der Herr nörgelte muss er aber immer erst im Programm nach dem Spielernamen suchen und “…. müssen mehr kämpfen… ” war jeder 2. Satz…. :-)
      Der Sektor A kennt mehrere solcher Bundetrainer… Ich sitze immer Block 10…

  3. Da verweise ich doch gleichmal auf meinen “Im Fokus”: https://www.rb-fans.de/artikel/20121117-spielbericht-cottbus-fokus.html

    Wobei der offizielle Spielbericht da falsch liegt, Schulz bereitet das 3:0 vor (der Pass auf Schulz kam von Kaiser), ich hatte mich gestern Abend schon gewundert, dass ich dies so falsch gesehen haben sollte, die Bilder im SIO bestätigen Gott sei Dank meine Augen. ;-)

    Sonst Schulz gestern auch extrem abgeklärt, damit auch enorm wichtig für unser Spiel.

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