Auch gute Serien kennen schlechte Tage

Der Pokalsieg in Kamenz warf rund um RB Leipzig ein paar negative Berichte zur Spielleistung ab. „RB quält sich“ schrieb die LVZ (dabei quälten sie höchstens die Zuschauer), Zorniger sei sauer gewesen über die Leistung behauptete BILD (dabei war er relativ unaufgeregt unzufrieden) und die L-IZ verstieg sich zu der, angesichts der sportlichen Verhältnisse auf dem Platz, unglaublichen These, der Sieg in Kamenz sei schmeichelhaft gewesen. Alexander Zorniger brachte ist im Wirderspruch dazu viel unaufgeregter und sachlicher auf den Punkt bringen:

Die Mannschaft hat uns in den letzten Wochen viel Freude bereitet. Daher verzeihe ich ihr auch mal ein schwächeres Spiel wie heute. Durch die vielen Umstellungen war die Mannschaft natürlich nicht so eingespielt – aber ich hätte mir ehrlich gesagt dennoch ein wenig mehr erwartet. Aber mehr als aufsteigen konnte man heute nicht und das haben wir erreicht. Also abhaken und nach vorne schauen.

Es gibt sie halt diese Spiele, die zäh sind und die nicht von selbst laufen. Wenn das dann auch noch in einem Spiel passiert, in dem nicht jeder bei 100% agiert, wird es halt schwierig. Klar kann man sich wünschen, dass die RasenBallsportler zu einem Pokalauswärtsspiel zum Landesligisten Kamenz mit der selben Anspannung und Konzentration fahren, wie zu einem Auswärtsspiel nach Magdeburg. Aber das ist letztlich wegen der menschlichen Psyche auch ein absurder Wunsch. Schon allein die Tatsache, dass man alle gesunden Spieler spielen lässt, die sonst nicht so zum Zug kommen (angesichts der Klasse fällt es mir immer schwer, da von zweiter Reihe zu sprechen), setzt das psychologisch suboptimale Signal, dass man eine Aufgabe vor sich habe, die man schon irgendwie und auch mit geringerem Aufwand als normal erfüllen kann.

Klar, auch hier könnte man behaupten, dass sich die Spieler, die sonst weniger Einsatzzeiten haben, in diesen Spielen doch besonders zerreißen und zeigen müssten. Wogegen einerseits die erwähnte (vermutlich nicht bekämpfbare) Psychologie spricht und unzählige Beispiele in der Fußballgeschichte, in denen genau das nicht funktioniert hat. Schickt man ein völlig neues Team auf das Feld, das so vorher noch nie zusammen Fußball gespielt hat, dann gibt es immer Leistungsverluste. Auch Spieler der zweiten Reihe tun sich wesentlich leichter, sich zu zeigen, wenn sie in ein funktionierendes, eingespieltes Team hineingeworfen werden.

Und sowieso, der Pokal und seine eigen(artig)en Gesetze. Von 10 Partien der ersten Runde des DFB-Pokals 2012/2013, in denen es einen formalen Zweiklassenunterschied gab, gewann immerhin viermal das unterklassige Team. Nur dreimal gewann das höherklassige Team mit mindestens zwei Toren Differenz. Heißt, dass in lediglich 3 von 10 Fällen das zwei Klassen bessere Team vergleichsweise problemlos in die nächste Runde einzog. Und von den drei Spielen mit Zweiklassenunterschied in der aktuellen Achtelfinalrunde des Sachsenpokal zog in zwei Fällen der Favorit den Kürzeren. Nur RB Leipzig gewann sein Spiel..

Klar kann man sich immer mehr Qualität und Souveränität wünschen. Aber wir reden hier immer noch von Fußball und davon, dass dieser im Laufe einer Saison bessere und schlechtere Geschichten schreibt. Schlechte Spiele stecken in der besten Serie (auch bspw. der Chemnitzer vor zwei Jahren) drin und letztlich geht es darum, dass man auch an schlechten Tagen Mittel hat, den Sieg mitzunehmen. Dass man in Kamenz insgesamt nie Probleme bekam, ist eigentlich das gute Zeichen (auch wenn ein Spiel bei einem Landesligisten jetzt auch nicht die allerletzte Aussagekraft hat), dass ein paar Abläufe gestimmt haben und man auch mal ein solches Spiel über die Runden schaukelt (meiner Meinung nach durchaus eine Qualität). Wenn man dann noch die Klasse hätte, irgendwann ein zweites Tor nachzulegen, dann wäre es genau jenes entspannt-schnöde 2:0 geworden, das ich vor dem Spiel erwartete. Weil man mehr unter der Konstellation auch nicht unbedingt erwarten konnte.

Ich hatte es letztens in einer statistischen Analyse der letzten zwei Regionalliga-Jahre schon erwähnt, dass eines der vielen Probleme dieser Zeit war, dass RB Leipzig in engen Spielen im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittlich häufig in engen Spielen (also jene Spiele, die mit maximal einem Tor Differenz ausgehen) unentschieden spielte oder verlor. Dass man in dieser Saison von vier engen Spielen drei gewinnen konnte, nur eins unentschieden spielte (Union II) und bisher gar keins verlor, ist für mich jedenfalls eher ein positives Zeichen als ein negatives. Weil klar ist, dass man nicht maximal 36 Pflichtspiele (30 Liga-, 4 Sachsenpokal- und zwei Relegationsspiele) lang auf Topniveau spielen und den Gegner dominieren kann und die Qualität eben darin besteht, auch in schlechteren Spielen über die Qualität zu verfügen, entweder jederzeit ein Tor nachlegen zu können oder eben mal die Null hinten zu verteidigen.

Weswegen man nach dem Kamenz-Spiel den Ball auch mal flachhalten und festhalten kann, dass man diese Leistung nicht als Maßstab für die Zukunft heranziehen darf, sondern dass sich die RasenBallsportler an den Leistungen in der Regionalliga messen lassen müssen (wobei auch dort natürlich nicht alles Gold war [Union II, Neustrelitz, Rathenow, Auerbach], nur vergisst man das gern mal, wenn die Tabelle stimmt), dass man nicht wegen dieses Spiels die Bewertung der zweiten Reihe über das Knie brechen sollte, dass ein ziemlich ungefährdeter 1:0-Sieg nach schwächerer Leistung auch eine Qualität sein kann und dass im Pokal nur das Weiterkommen zählt. Pokalachtelfinalklappe zu, nach vorne schauen und Regionalligaklappe auf. So einfach ist es.

2 Gedanken zu „Auch gute Serien kennen schlechte Tage“

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