Gegen die bösen Geister

[Die Pressekonferenz vor dem Spiel RB Leipzig gegen den ZFC Meuselwitz ab 13 Uhr im Liveticker unter diesem Text. Angekündigt sind Thiago Rockenbach und Alexander Zorniger.]

Nimmt man das Tempo der bisherigen fünf Saisonspiele zwischen Mitte August und Ende September als Maßstab, dann geht es gerade Schlag auf Schlag, denn nur fünf Tage liegen und lagen zwischen dem Spektakel in Auerbach und dem Auftritt von RB Leipzig unter Flutlicht am morgigen Freitag (05.10.2012, 19 Uhr, Red Bull Arena) gegen den ZFC Meuselwitz. Macht insgesamt vier Tage Trainingsmöglichkeiten, um den Spielern noch einmal nahezulegen, dass Defensivorganisation auch in der Regionalliga Nordost ein wesentlicher Bestandteil des Erfolgs ist.

Ob man diese Qualitäten bereits gegen Meuselwitz benötigt, ist dabei durchaus fraglich, denn die Thüringer sind mit gerade einmal vier geschossenen Toren im Ligavergleich Abstiegskandidat. Dass sie mit diesen vier Toren trotzdem aus sechs Spielen bereits 10 Punkte geholt haben und damit im oberen Tabellendrittel stehen, wo sie auch zum Saisonende hin wollen, ist fast schon beeindruckend. Zumal man nach drei Spieltagen mit 1:9 Toren und nur einem Punkt noch Tabellenletzter war. Doch seither gewann man dreimal hintereinander mit 1:0. Wobei zu beachten bleibt, dass gerade die Heimgegner Plauen und Torgelow nun nicht gerade zu den schwierigsten Gegnern der Liga zählen.

Meuselwitz ist mit den letzten Ergebnissen quasi das Gegenkonzept zu den torfreudigen RasenBallsportlern, deren letzten drei Partien insgesamt 16 Tore bei einem Torverhältnis von 11:5 sahen. Dieses hässliche 0:1 kennt RB aber noch aus dem vergangenen Jahr, als der ZFC in Leipzig in einer entscheidenden Phase des Aufstiegskampfs durch ein frühes Tor alle drei Punkte aus Leipzig mitnahm, weil RB damals nicht in der Lage war, den Gegner entscheidend unter Druck zu setzen.

Man mag eigentlich nicht mehr an jenen 28.Spieltag der vergangenen Saison zurückdenken, als eines der trostlosesten Spiele der vergangenen Saison in der Red Bull Arena stattfand. Denn an diesem Tag offenbarte sich in aller Deutlichkeit, dass RB Leipzig im Begriff war, nicht am Wollen oder fehlenden individuellen Stärken oder einer schlecht umgesetzten Spielidee, sondern schlicht an einer fehlenden Spielidee zu scheitern und den Aufstieg in der Saison 2011/2012 zu verspielen drohte (und später ja auch verspielte). Ein hochgradig depremierendes Spiel und für mich damals der Anlass, mich in einem Abgesang auf die Taktik (Ball raus auf die Flügel und gucken, wie sich die Dribbler dort durchsetzen) zu üben.

Die BILD zitierte Fabian Franke bezugnehmend auf dieses Spiel mit der Aussage, dass man noch eine Rechnung offen habe. Ich empfinde das ga nicht so. Die einzige offene Rechnung in Bezug auf die vergangene Saison im Allgemeinen und das Spiel gegen Meuselwitz im Speziellen sollten die RasenBallsportler mit sich selbst haben, denn den Aufstieg hat ihnen nicht Meuselwitz geklaut, sondern haben sie sich selbst durch eine dürftige Rückrunde versaut.

Ganz im Gegenteil war es noch der ZFC Meuselwitz, der am vorletzten, für sie bedeutungslosen Spieltag dem Halleschen FC einen großartigen Fight bot und durch ein 1:0 (was auch sonst) den Leipziger Nachbarn damals den vorzeitigen Aufstieg vermieste (wovon RB wegen des eigenen 2:2 gegen Wolfsburg aber nicht profitieren konnte). Und das, trotzdem nur ein paar Tage bzw. fast schon Stunden später das viel wichtigere Thüringenpokal-Finale wartete, in dem man dann durch diese Energieleistung gegen Jena relativ chancenlos war.

Es ist nicht nur diese sportlich-faire Nachbarschaftshilfe, die scheinbar Zeugnis von einem entspannt-freundschaftlichem Verhältnis zwischen RB und ZFC ablegt. Auch auf oberster Ebene und in Person von ZFC-Präsident Hubert Wolf ist man RB zugeneigt. Und mir ist es noch sehr angenehm erinnerlich, dass im ersten Aufeinandertreffen 2010 locker 200 oder 300 Meuselwitzer zwischen den RB-Anhängern auf der Haupttribüne hockten. Davon ab sind die sportlichen Duelle als Nachbarschaftsfights hart umkämpft. In bisher vier Partien hat sich der ZFC bereits vier Punkte gesichert. Ein turbulentes 3:3 (das sich mit dem Ausgleich kurz vor Schluss gegen neun Leipziger aber wie eine Niederlage anfühlte und den vorzeitigen Klassenerhalt verhinderte) und eben das 1:0 aus dem April diesen Jahres.

Interessanterweise steht aus der Startelf des Sieges nur ein Spieler nicht mehr im Kader des ZFC. Doch gerade der Abgang von Philipp Riese zum Drittligisten Arminia Bielefeld riss zusammen mit dem Karriereende des zuletzt nicht mehr oft spielenden alten Kämpen Karsten Oswald ein ziemliches Loch in das zentrale Mittelfeld. Weniger schwer zu verkraften waren da sicherlich bspw. die Abgänge des in den Status des ewigen Talents gerückten Ex-Lok-Stürmers Tommy Kind, der in Meuselwitz in 41 Regionalliga-Partien gerade mal zweimal traf (jetzt aber in Markranstädt durchstartet) und Keeper Oliver Dix (zum VfB Auerbach).

Im Gegenzug haben sie sich mit Sebastian Albert einen aus RB-Sicht alten Bekannten für irgendwas zwischen rechter Verteidigung und rechtem Mittelfeld gesichert. Gespielt hat Albert, der zwischen 2010 und 2011 insgesamt 16 Spiele für RB Leipzig bestritt, aber bisher kaum. Was viel überraschender auch für den eigentlichen Königstransfer des Sommers gilt, nämlich für Martin Hauswald, der bis 2011 noch nicht irrelevanter Bestandteil des Drittligisten Rot-Weiß Erfurt war und letzte Saison in Trier etwas unterging. In Meuselwitz ist er nach dem dritten Spieltag (wegen Verletzung) auch aus der Startelf gerutscht und kommt seitdem maximal zu Kurzzeiteinsätzen.

Taktisch scheint sich der ZFC Meuselwitz nach dem Riese-Abgang einem 4-1-4-1 gewidmet zu haben. Was – wird es tatsächlich relativ getreu interpretiert – für das 4-1-3-2 von RB Leipzig gar nicht mal ungünstig ist, denn vor der Viererabwehrkette entstehen durch den Verzicht auf einen zweiten Sechser doch einige Räume in der Spielfeldmitte. Und gerade da liegt ja ein Fokus des Spiels von RB Leipzig. Wichtig ist dabei nur, dass man die Bälle an der Viererkette im Mittelfeld (möglichst ohne Ballverlust) vorbei bekommt. Gelingt es wird es gut. Gelingt es nicht, dann kann es auch schnell mal sehr schlecht sein, weil die eigene hoch agierende letzte Verteidigungslinie dann gegen einen hoch angreifenden Gegner in missliche Kontersituationen gerät. Aber Ballsicherheit im Spielaufbau war bis zu einem bestimmten Punkt in des Gegners Hälfte bisher eigentlich eine Stärke von RB Leipzig.

Sich nicht in den Weg der Angriffe der RasenBallsportler wird sich jedenfalls Torwartneuzugang Chris Flader stellen können, der sich zuletzt einen Finger gebrochen hat und wohl dem Ex-Stammkeeper Norman Teichmann wird weichen müssen (ja, das ist der, der auch schon im April im Tor stand und unüberwindbar war). Wieder mit dabei bei den Meuselwitzern ist nach abgelaufener Rot-Sperre allerdings Sturm-Wirbelwind Sebastian Gasch, der nach allen Erfahrungen immer nur sehr schwer und nie zu 100% unter Kontrolle zu kriegen ist.

Auf RB-Seite stehen noch jeweils Fragezeichen hinter Sebastian Heidinger und Juri Judt. Können beide spielen, dann ist es dufte, wenn nicht, dann bricht die gesamte linke Seite weg und es gäbe viel Raum für Besetzungsspekulationen. Gehen wir mal davon aus, dass beide ran können, dann bliebe als einziges Fragezeichen die Wahl zwischen Schulz und Röttger auf der Position rechts neben oder vor Kaiser. Aber warten wir mal ab, wer sich bis Freitag wohl so alles fit meldet.

Nominell ist das Spiel RB Leipzig gegen den ZFC Meuselwitz ein Spitzenspiel. Erster gegen Vierter. Aber das geht letztlich – bei allem Respekt – über das Nominelle nicht hinaus. Ich würde Meuselwitz für etwas stärker halten als Halberstadt, aber auch nicht für viel stärker als Neustrelitz oder Auerbach. Also letztlich eine Aufgabe, die man in einem Heimspiel lösen können muss. Zumal es aktuell so aussieht, dass über die Saison gesehen mit dem 1.FC Magdeburg nur ein Konkurrent übrig bleiben könnte. Bzw. die Magdeburger die einzigen sind, die aktuell überhaupt als Konkurrent um den Relegationsplatz in Frage kommen. Denn Jena und Zwickau sind aktuell bereits geschmeidige sieben Punkte und ein paar Tore von RB Leipzig weg und – wieder bei allem Respekt – Halberstadt, Meuselwitz oder Auerbach werden in dieser Saison definitiv nicht Erster.

Fazit: Wie schon gegen Halberstadt gilt auch hier, dass man die Aufgabe nicht schwerer schreiben muss als sie ist (zumal Meuselwitz gestern, also zwei Tage vor dem Spiel gegen RB, noch im Thüringen-Pokal ran musste). Die drei 1:0-Siege des ZFC sind den RasenBallsportlern aber hoffentlich genauso Warnung, wie das nominelle Spitzenspiel Ansporn und die Niederlage in der letzten Saison Stachel im Fußballherz. Nicht alle Flutlicherinnerungen mit RB Leipzig sind glückliche Erinnerungen (Kiel, Meuselwitz) und doch geht atmosphärisch nicht viel drüber über dieses Erlebnis. Und sowieso, wenn der Skispringer stürzt, sollte er sofort wieder auf die Schanze klettern und das Erlebnis abschütteln. Wenn RB ein wichtiges Flutlichtspiel gegen den ZFC Meuselwitz ziemlich desaströs verbockt hat, was steht dann logisch an? Na klar, rauf auf den Rasen und die bösen Geister abschütteln..

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Pressekonferenz vor dem Spiel RB Leipzig gegen den ZFC Meuselwitz mit Alexander Zorniger und Thiago Rockenbach

13.28

Das war es mit einer sehr launigen Pressekonferenz (falls es noch irgendwo einen Mitschnitt gibt im Laufe des Tages, schaut ihn euch an, die witzigen Stellen kriegt man in einem Schriftliveticker kaum rüber..). Die Aussagen zu den einsatzfähigen Spielern habe ich nur mit halbem Ohr mitbekommen. Ich interpretiere es so, dass Heidinger unsicher ist, Judt aber wohl spielen wird und die Bank (Ernst, Karikari, Kammlott) Druck macht (gleichwohl kaum Chancen hat, sich in die Startelf zu spielen.)

Morgen dann auf dem Rasen, was das Reden wert ist. An den drei Punkten sollte kein Weg vorbeiführen. Sag ich mal so.

13.22

Zorniger zum Problem der frühen Defensivtore in der letzten Saison: Wird nicht besonders angesprochen, weil es keinen Sinn macht, Dinge negativ zu formulieren (‘Pass auf, dass wir kein frühes Tor kriegen.’). Aber in dieser Saison laufe das schon besser. “Wir arbeiten ab Dienstag, Mittwoch auf das nächste Spiel hin und stellen das Team darauf ein.” Gegen ein Konterteam wie Meuselwitz macht es keinen Sinn, wenn alle nach vorne rennen und darauf muss man die Mannschaft einstellen.

13.20

Zorniger zur Liga: “Magdeburg habe ich noch nicht gesehen. Sie machen aber einen guten Job. Wenn man defensiv gut steht, dann hat man schon mal eine gute Basis. Mit Petersen haben sie einen guten Mann. Man muss schauen, wie es bei ihnen weiterläuft. Jetzt muss man abwarten wie sie mit ihrer neuen Rolle als Spitzenteam umgehen. Aber die Liga ist ein Marathon und wir sind derzeit bei Kilometer 8.”

13.17

Rockenbach: “Meuselwitz ist ein sehr aggressiver Gegner, der uns das Leben schwer machen will. So wie alle Mannschaften in der Liga. Wir müssen 100% konzentriert sein und alles geben.”

Zorniger: Dass Meuselwitz gestern im Pokal spielen musste, ist für morgen und ihre Fitness kein Thema. “Wir wissen, dass sie die 90 Minuten in den Beinen haben und wir wollen, dass sie das ab der ersten Minute spüren. Sie sind aber körperlich sehr robust, haben schnelle Leute vorne drin. Sechs Spieler über 1,85 m. Sie haben schon ihre Waffen.”

Zorniger: Laufanalysen gibt es noch nicht (Laufstrecken etc.). “Quantitative Spielanalysen muss man auch immer interpretieren. Nur weil man 13 km läuft, heißt es noch lange nicht, dass man gut gespielt hat.” “Rockenbach ist zusammen mit Frahn und Kutschke im Spiel gegen den Ball der erste Block. Und da arbeiten wir daran.” “Ich bin froh, dass ich Rockenbach hab. Er macht einen sehr ordentlichen Job.”

13.12

Zorniger: Das Paket Kutschke/ Frahn funktioniert sehr gut, was für Kammlott ein Problem ist. “Wir haben eine sehr, sehr gute Bank.”

Verpflichtung von Domaschke nur bis Jahresende ist ein deutliches Zeichen an Bellot, dass man auf ihn setze und er sich Zeit lassen kann, mit dem fit werden. In der aktuellen Situation ist Bellot klare Nummer 2 und wird es auch wieder werden.

13.10

Zorniger: Hat sich vor der Domaschke-Verpflichtung bei einem “Kollegen” erkundigt. Probetraining war nicht unbedingt das entscheidende. “Er hat den Eindruck gemacht, dass er unbedingt zu RB Leipzig will.” “Jetzt haben wir hinter Coltorti noch einen dahinter, auf den ich mich verlassen kann.” Hamrol könne man ein, zwei Spiele bedenkenlos bringen. (Klingt insgesamt danach, als wäre Hamrol aktuell sicher Nummer 3). Wegen der U23-Regel wird Hamrol aber auf der Bank sitzen, solange Coltorti spielt und nicht verletzt ist. “Mache mir keine Sorgen, Hamrol reinzuwerfen.” “Domaschke wird entweder Nummer 3 sein oder Nummer 1.” Sprich, wenn sich Coltorti verletzt, ist Domaschke drin, wenn nicht, dann ist Domaschke nicht im Kader und Hamrol auf der Bank.

13.06

Rockenbach: “Letzte Saison habe ich linke Außenbahn gespielt und war ganz weit weg von Torgefahr. Deswegen kommt mir die aktuelle Position näher am Tor sehr entgegen.” (angesprochen auf seine vielen Vorlagen und Tore)

13.05

Rockenbach “Auerbach war ein schweres Spiel. Wir haben es wieder geschafft, ein Tor mehr als der Gegner zu schießen und das ist das wichtigste.”

Zorniger: “Auerbach hatte eine gute Offensivabteilung, aber sie war nicht besser als unsere. Und darauf bauen wir gerade auf. Fakt ist, dass wir erster sind und die beste Offensivabteilung haben. Jetzt müssen wir am Spiel gegen den Ball arbeiten.” “Wie uns unsere Fans unterstützt haben, vor allem fast nicht beleidigend, das ist für unsere Jungs wichtig.”

13.02

Die Gladiatoren betreten die Kommunikationsarena. Zorniger, Rockenbach und Shoukry sind da. Alle, die was von wissen wollen auch. Gleich geht es los.

12.56

So, da simmer wieder. Ein Tag vor dem nächsten Spiel. Im Moment sieht es nach einem Flutlicht-Regenspiel morgen aus. An der Favoritenstellung von RB ändert das natürlich nichts. News von heute noch: Erik Domaschke bekommt als Keeper einen Vertrag bis zum Jahresende (also bis zur Winterpause). Danach wird entschieden, wie es weitergeht. Guter Keeper (früher FC Sachsen, anschließend Leverkusen), dessen Problem aber Coltorti heißt. Sehe ihn nur als Zwischenstation in Leipzig.

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