Regionalliga: SV Meppen vs. RB Leipzig 0:1

Tja, so ist es eben im Fußball. Da steht es bei Bayern gegen Gladbach lange 0:0 und dann kommt Manuel Neuer, sorgt für einen Klopps und schwupps steht es 0:1 und es wird ein Bayern-Fehlstart. Bayern ist in der Tabelle schon wieder der Verfolger und Neuer steht vorerst unter besonderer Beobachtung.

In Meppen stand es gegen RB Leipzig auch lange 0:0. Pascal Borel bewahrte in der einen oder anderen 1:1-Situation mit beeindruckender Ruhe sein Team vor dem Rückstand. Irgendwann ließ er dann aber einen recht harmlosen Fernschuss vor die Füße des Gegners abprallen. Der den Ball aber nicht im Tor unterbrachte. Und so schoss dann RB in der Schlussminute das 1:0. Der Saisonstart war urplötzlich ein gelungener und der Torwart nicht der Depp, sondern der Matchwinner.

So nah beieinander liegen sie eben die fußballerischen Realitäten. Bis kurz vor dem Schluss hießen die wohl schon geschriebenen, potenziellen medialen Schlagzeilen “RB Leipzig bleibt in Auftaktspielen weiter sieglos” oder “RB Leipzig mit Fehlstart in die Saison” oder ähnliches. Nach dem Spiel bleibt es bei Dusel, Glück, Freude, Abgezocktheit oder beim BILDesken Besiegen des Fluchs, zum Saisonauftakt nicht gewinnen zu können. Erstaunlich, wie eine Minute das Storytelling und die Interpretation eines Spiels verändern kann.

Man könnte natürlich nach der Partie darauf verfallen, festzustellen, dass das eben eine Spitzenmannschaft auszeichne, so kurz vor dem Ende noch das Tor und den Sieg perfekt zu machen. Dass hier die Cleverness gesiegt hat und auch die bessere Kondition und Konzentration. Man kann aber auch mit Peter Pacult und Timo Röttger feststellen, dass RB einfach ein mieses Spiel gemacht hat, dass die Fehlerquote in der Offensive viel zu hoch war, um erfolgreich Fußball zu spielen. Dass der 1:0-Sieg nicht Ausdruck einer Spitzenmannschaft, sondern schlicht und einfach Glück war. Dass man nicht von Cleverness sprechen kann, wenn der Gegner bei einem Standard in der 90. Minute gleich drei Gegenspieler nicht deckt und diese Auszählen können, wer den Ball nun schließlich und endlich versenken darf. Es ist wohl von allem ein bisschen und ein Schuss vor den Bug zur rechten Zeit für alle, die nach dem Wolfsburg-Spiel schon wieder dachten, man könne die Gegner allesamt mit zwei, drei Toren Differenz und locker besiegen.

Denn das, was in Meppen passierte, wird in diesem Jahr noch desöfteren passieren. Ein hochmotivierter Gegner mit lautstarkem Publikum, die sich zusammen irgendwie in das Spiel reinfighten, während die RasenBallsportler noch dabei sind, das Spiel zu beruhigen. Hier ein gewonnener Zweikampf, da eine erkämpfte Ecke und schon ist dieses Momentum da, um dem Favoriten das Leben schwer zu machen. Zumal der Meppener Goalie sehr früh eine sehr gute Chance von Thiago Rockenbach auf sehr schöne Art und Weise vereitelt. Danach läuft es dann eben so, wie man es vor dem Spiel schon ein wenig erahnen durfte. Beim SV Meppen geht es wie von selbst, bei RB Leipzig wächst die Verwunderung darüber, dass man das Spiel nicht in den Griff bekommt mit jedem Fehlpass und jedem verlorenen Zweikampf. Bis zur Schlussviertelstunde, in der die Gäste dann dank professioneller Saisonvorbereitung und breiter Bank doch noch Zugriff auf das Spiel kriegen. Was dann doch für den letztlichen Sieg der Klasse einer Spitzenmannschaft spräche. Wozu auch passt, dass Meppen zwar überdurchschnittlich gespielt haben mag, aber in der Chancenverwertung maximal untere Regionalliga-Qualität besaß.

Man könnte darüber lamentieren, dass doch Profis so ein Spiel anders bestimmen müssten, aber ich halte das für Quatsch. Profis sind Menschen und als Menschen fahren sie nach Meppen eben mit einer anderen Fokussierung als in die Red Bull Arena zum DFB-Pokal. Das hat noch nicht mal etwas mit geringer Wertschätzung des Gegners zu tun. Man weiß, dass Meppen alles geben wird. Man weiß auch, dass das Publikum laut sein wird. Man weiß, dass man hellwach sein muss. Man wiederholt die ganze Woche, dass man nur an Meppen denke. Und doch bleibt das ganze Denken rational und wird nicht wie im DFB-Pokal zu einem inneren Bedürfnis. Ein inneres Bedürfnis wird das Spiel aber für die Meppener, ein Gefühl, das sie diese Saison auch nicht mehr oft haben werden. Der zentrale Unterschied in den Motivationslagen ist auf den Fußballplätzen der Republik so oft und so auffällig zu sehen, dass man bei einer Ansetzung wie SV Meppen gegen RB Leipzig zum Saisonauftakt nur darauf warten kann, dass er eintritt.

Von dieser Warte her, ist das 1:0 der RasenBallsportler das Beste was in dieser Partie passieren konnte. Womit wir wieder mal bei Professionalität wären. Denn professioneller Fußball läuft darauf hinaus, durch Training Fertigkeiten zu erwerben, mit denen man den Gegner auch schlagen kann, wenn der eben mal 120% gibt, man selbst aber aus genannten Gründen nicht über 100% hinauskommt. Spielsystem, indivduelle Klasse, Kondition etc. Und in diesem einen Spiel hat sich das ganze dann doch irgendwie ausgezahlt. Was für das psychologische Moment zu Saisonbeginn von unschätzbarem Wert ist. Mit einem Unentschieden wäre man sofort hintendran gewesen. Dieser Sieg bringt erst mal ein wenig Ruhe und die Gewissheit, dass man 90 Minuten lang Waffen hat, um den Gegner zu schlagen. Man sollte sich nur nicht darauf ausruhen, zumal man letztes Jahr in Kiel ein ähnliches Erlebnis mit einem Sieg kurz vor Toresschluss hatte, ohne dass dies nachhaltige Folgen gehabt hätte.

Im nächsten Spiel, im ersten Heimspiel wartet mit dem ersten Tabellenführer HSV II (7:1 gegen Meuselwitz) und deren schnellen Offensivspielern jedenfalls eine Mannschaft gegen die eine hohe Fehlerquote im Spielaufbau schnell mal negativ spielentscheidend werden kann. Ein Sieg in diesem Spiel wäre jedoch schön, um ein mögliches Überraschungsteam und somit potenzielle Konkurrenz im Kampf um den Aufstieg gleich mal auf Distanz zu halten. Auch eine Situation, in der RB Leipzig in der vergangenen Saison nie war. Schöne neue Welt..

Fazit: Man darf sich da durchaus dem allgemeinen Tenor anschließen. Hauptsache drei Punkte. Wenn man nicht vergisst, dass man noch viel tun muss, um über die Saison gesehen die Nummer 1 der Regionalliga Nord zu werden. Ich vermute, dass Peter Pacult das seinen Spielern in diesen Tagen auch in aller Ruhe verklickern wird. Vielleicht sieht man davon ja schon was am nächsten Samstag gegen den HSV. Ich jedenfalls bin schon sehr gespannt auf das Liga-Heim-Debüt.

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Tore: 0:1 Röttger (89.)

Aufstellung: Borel – Müller, Ernst, Franke, Kocin – Rost (63. Geißler), Lagerblom – Röttger, Rockenbach (82. Kammlott), Heidinger (68. Kutschke) – Frahn

Zuschauer: 4.530

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2 Gedanken zu „Regionalliga: SV Meppen vs. RB Leipzig 0:1“

  1. Ich weiß es ist einige Jahre zu spät aber ich wohne neben Meppen und würde mir echt gerne ein Highlight-Video davon ansehen. Wäre da eventuell noch irgendwo tief in irgendeinem Archiv was davon zu finden? :D

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