RasenBallsport Leipzig vs. Eintracht Braunschweig II 4:0

Ganz im Sinne der sportlichen Achterbahnfahrt nach der Winterpause war der gestrige, klare Sieg von RasenBallsport Leipzig fast schon zu erwarten. Und auch ganz im Sinne der bisherigen sportlichen Leistungen erstaunt es nicht, dass man vielfach erkennen konnte, wie das Spiel der RasenBallsportler funktionieren KANN, aber nur selten zu sehen war, dass es tatsächlich funktionierte. Gleich 3 Standardtore sind statistischer Beleg für die spielerisch nicht durchgängig überzeugende, aber trotzdem immer überlegene und solide Leistung.

Erstaunen bereits zum Anpfiff. Zum ersten Mal hatte Tomas Oral auf eine Niederlage nicht mit personellen Änderungen reagiert, sondern die selben 11 RasenBallsportler aufs Spielfeld geschickt, wie gegen Magdeburg. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, denn wenn man eine Vorstellung und ein Konzept von seinem Team hat, dann sollte es auch nach Niederlagen halten. Persönlich finde ich die Spielerwahl im Einzelnen nicht vollständig plausibel. Insbesondere die in der RasenBallsport-Defensive als Doppel-Sechs agierenden Baier und Rosin finde ich nicht unbedingt die perfekte Mischung. Sei es drum, das ist letztlich ja auch Sache des Trainers und wo er mit seinem Team hin will.

Man muss insgesamt sagen, dass die erste Halbzeit eine zwar dominante, aber trotzdem zähe Angelegenheit war. Zu limitiert waren die spielerischen Mittel bei RasenBallsport Leipzig, um aus dem Spiel heraus Gefahr zu erzeugen. Eine schöne Schusschance durch Baier, hervorragend aufgelegt von Frahn war da schon das höchste der Gefühle der ersten Hälfte.

Gut sah das ganze immer dann aus, wenn es den RasenBallsportlern gelang Rockenbach und auch Baier, der offensiv mit in die Spielgestalter-Position rutschte, ins Passspiel zu integrieren. Das gelang zugegebenermaßen gerade in Hälfte 1 nur sehr bedingt. Zu oft standen beide zu offensiv auf Höhe der gegnerischen Abwehrkette, sodass den Abwehrspielern vermehrt nur die Wahl blieb mit langen Bällen die 40 Meter zwischen sich selbst und den Offensivkräften zu überbrücken. Bälle, die entweder zu lang waren oder für die körperlich nun nicht gerade für den Infight ausgerüsteten Rockenbach, Schinke und Kammlott schwerlich zu verarbeiten waren.

Auffällig auch, dass die Abstimmung zwischen den Herren Rockenbach und Baier alles andere als perfekt war. Häufig standen sie sich gegenseitig im Weg oder bewegten sich synchron in die Spitze und fielen als Anspielstationen aus. Ich hoffe nur, dass dies nicht taktischen Vorgaben folgte, sondern tatsächlich Anpassungsschwierigkeiten im Zusammenspiel darstellten.

Nicht verwunderlich also, dass das 1:0 einem Elfmeter folgte. Ein Elfmeter zudem, der aufgrund des leicht dilettantischen Verhaltens innerhalb der Braunschweiger Verteidigung eher ein Geschenk war. Das bald darauf mit dem Pausenpfiff folgende 2:0 war ein schöner Kopfball nach Freistoß aus dem Halbfeld. Und Standardtor Nummer 3 gleich nach der Pause fiel in Folge einer dieser oft belächelten, gechippten Ecken.

Damit war das Spiel eigentlich schon gegessen, ein Spiel an dem 90 Minuten lang eigentlich nur RasenBallsport Leipzig teilnehmen wollte. Keine Ahnung mit welcher Idee die Braunschweiger angereist waren, aber sie waren als Team zu keiner Zeit auch nur annähernd konkurrenzfähig. Und das gegen eine RasenBallsport-Mannschaft, die sich das fußballerische Feuerwerk noch für die Zukunft aufgehoben hatte. So hatte man vielfach den Eindruck, es handele sich um ein Testspiel gegen einen unterklassigen Gegner, bei dem ohne größere Anstrengungen und Fußballkunst die Tore schon irgendwann fallen.

Schön, dass mit laufender Spielzeit die Aktionen bei RasenBallsport Leipzig immer flüssiger wurden. Da wurde tatsächlich der eine oder andere Ball direkt und schnell gespielt. Nicht immer glückten die Versuche, aber in einer Vielzahl von Situationen wurden tatsächlich Chancen durch den Einsatz spielerischer Mittel erarbeitet. Auch hier bleibt aber zu konstatieren, dass man einen Eindruck gewann, wie es gehen KANN, aber oft auch gerade Überzahlsituationen viel zu überhastet und/ oder ungenau abgeschlossen wurden.

Was Mut macht für die Zukunft ist die Tatsache, dass RasenBallsport Leipzig tatsächlich eine positive Entwicklung zeigt. Das mag angesichts der Rückrundenresultate sarkastisch klingen, ist aber überhaupt nicht so gemeint. Schon die ersten 20 Minuten gegen Holstein Kiel haben gezeigt, dass RasenBallsport Leipzig in ein taktisches System hineinwächst, das zur Mannschaft passt. Gegen schwache Braunschweiger wurde dies noch deutlicher.

Ballbesitz und -kontrolle werden genau dann effektiv, wenn er sich nicht nur im Hin- und Herschieben in der eigenen Viererkette äußert, sondern sich über die Mittelfeldschaltzentralen Baier und Rockenbach Richtung gegnerischer Strafraum verlagert und dort die hochtalentierten Offensivkräfte Frahn, Kammlott und auch Schinke in Stellung bringt. Die zentralen Spielgestalter Baier und Rockenbach weiter in das Passspiel zu integrieren und gleichzeitig nicht die defensive Ordnung zu verlieren, das wird die weitere Aufgabe bei RasenBallsport Leipzig sein. Wenn man den Weg geht und nicht schon wieder anfängt zu denken, dass man schon einen Teil des Wegs geschafft hat, dann war das gestrige Spiel ein kleiner Vorgeschmack auf eine schöne Zukunft.

Fazit: Es war kein berauschender Fußballabend, aber auf jeden Fall einer, der große Lust gemacht hat auf die nächsten 90 Minuten am Sonntag (Nach-)Mittag gegen den HSV. Es war ein kleiner, aber durchaus auch feiner Schritt aus der Krise. Fortsetzung erwünscht. Ende der Achterbahnfahrt auch.

Randbemerkung 1: Bisher war es ja eher so, dass das Spieldrumherum dem sportlichen Geschehen auf dem Platz überlegen oder zumindest gleichwertig war. Dass das zuschauertechnische Ambiente in der Red Bull Arena weit unter dem sportlichen Niveau liegt, war gegen Braunschweig eine Premiere in der RasenBallsport-Regionalligasaison. 1.278 Zuschauer lagen selbst unter meinen Minusschätzungen von 1.600. Die nächsten sportlichen Großereignisse vor großen Zuschauermengen werden sich die RasenBallsportler hart erkämpfen müssen. Die letzten Wochen haben fantechnisch einiges Porzellan zerschlagen. Die 1.300 Zuschauer, die trotz DFB-Pokal-Halbfinale an einem kalten Mittwoch-Abend gekommen sind, darf man deshalb getrost als harten RasenBallsport-Kern bezeichnen. Dass sich die Kurvenbesucher in Block B nicht von der sehr leeren Arena beeindrucken ließen und von Anfang an das beste aus dem Spiel machten, nämlich die eigene Mannschaft unterstützen, sei ihnen hoch angerechnet. Sie selber honorierten ihre Anstrengungen nach der Nennung der Zuschauerzahl mit einem „Wir sind die wahren Fans“-Selbstschulterklopfen. Sei er ihnen gegönnt, der Titel.

Randbemerkung 2: Das Catering mal wieder. Diesmal in seinen beidseitigen Extremen. Anfangs gab es quasi eine 1:1-Betreuung. Angestellte, die froh waren, mal einen Kunden zu Gesicht zu kriegen. Leute, die mit Bauchladen durch leere Stuhlreihen gehen mussten, um ihr Bier oder ihre Brötchen an die wenigen Besucher loszuwerden. In der zweiten Halbzeit wechselte man dann hinüber ins andere Extrem und schloss kurzerhand die Cateringstände auf der rechten Seite der Haupttribüne, was – nun ja – kleinere Irritationen zur Folge hatte. Irgendetwas in der Mitte wäre schön, würde ich sagen. Also 90 Minuten lang Getränke und Essen zu kriegen und nicht 45 Minuten lang das Vollprogramm und dann 45 Minuten lang nichts. Oder man macht es wie zu Beginn der Saison und öffnet die Haupttribüne von vornherein nur auf einer Seite. Bei 1.300 Zuschauern wäre das sicherlich eine sinnige Maßnahme gewesen..

Randbemerkung 3: Rost, Müller, Geißler. Wohl dem, der solche Spieler einwechseln kann. Dass die Tiefe des RasenBallsport-Kaders in dieser Saison noch gar keine (positive) Rolle gespielt hat, ist eines der tiefen Mysterien dieser Spielzeit.

Lichtblicke:

  • Carsten Kammlott: ich bin immer noch sehr begeistert von der Entscheidung, ihn zum rechten Flügelflitzer zu machen. Elfmeter in der Folge seiner Schnelligkeit. Diverse gefährliche Situationen inklusive Lattentreffer inszeniert. Im 1:1 immer eine Gefahr für den Gegner. Freistöße, Ecken, Elfmeter drohen neben Toren immer, wenn Kammlott in Ballbesitz kommt. Was noch öfter sein könnte, wenn wie oben beschrieben, Baier und Rockenbach mehr in das Spiel eingebunden werden und Kammlott anspielen, aber auch so macht der junge Mann in seiner neuen Rolle sehr viel Spaß. Besonders bejubelt wurde deshalb auch sein schönes Tor (von Timo Rost auch schön vorbereitet) zum 4:0, das das I-Tüpfelchen war auf diesen Kammlott-Tag
  • Fabian Franke: Das erste Mal, dass ich ihn 90 Minuten lang sehen durfte. Machte seine Sache auf der linken Verteidigerposition sehr ordentlich. Defensiv sicher gegen einen nicht sehr fordernden Gegner, offensiv immer bemüht, technisch ziemlich sauber für einen Defensivspieler und auch mit der einen oder anderen Flanke. Rutschte für die letzten 15 Minuten dann auf die Innenverteidigerposition, wo er mir fast noch besser gefiel. Antizipierte die Situationen, trat heraus aus der Kette, wenn er musste und blieb in der Kette, wenn nicht. Im Aufbauspiel sehr ansehnlich. Und dazu auch scheinbar nicht der Langsamste. Fabian Franke sähe ich gerne wieder. Gehört mit zum Part Hoffnungsschimmer bei RasenBallsport Leipzig.
  • Ingo Hertzsch: ja, seine begrenzten Fähigkeiten beim Spielaufbau sind natürlich nicht verschwunden und ein bisschen wirkt er wie das Antiprinzip zu Fabian Franke. Trotzdem, seine Robustheit und Kompromisslosigkeit im Spiel und seine Leaderfunktion im Team, die er auch auf dem Platz zeigt, machen ihn extrem wertvoll.
  • Daniel Frahn: gar nicht so sehr für die gestrige Leistung, eher schon für seine derzeitige Konstanz als Goalgetter. 5 Tore in 4 Spielen sind eine echte Duftmarke. Die Selbstsicherheit, mit der er den Elfmeter zum 1:0 versenkte, ist wohl Folge des derzeitigen Laufs des Stürmers. Weiter so bitte.

Schattenblicke:

  • Paul Schinke: wurde relativ früh im Spiel ausgewechselt. Meiner Meinung nach zu Recht. Sehr engagiert, sehr bemüht, aber auch sehr glücklos. Man ahnt, was in ihm steckt und manchmal tut seine Unbekümmertheit auch gut, aber gestern war aus meiner Sicht der Fehleranteil zu hoch.
  • Thiago Rockenbach: ähnlich wie bei Paul Schinke. Man sieht und ahnt, was dieser Mann für RasenBallsport Leipzig wert sein kann. Wenn seine Klasse aufblitzt, wird es warm ums Fußballerherz. Gestern aber auch mit vielen Fehlern, vielen falschen Entscheidungen und ohne Glück. Aber, das wird schon noch.

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Tore: 1:0 Frahn (41./ FE), 2:0 Rosin (45.), 3:0 Frahn (47.), 4:0 Kammlott (90.)

Aufstellung: Gäng – Sebastian, Hertzsch, Kläsener (73. Rost), Franke – Rosin, Baier – Kammlott, Rockenbach (78. Müller), Schinke (55. Geißler) – Frahn

Zuschauer: 1276

Links: RBL-Bericht [broken Link], RBL-Liveticker [broken Link], RB-Fans-Bericht [broken Link], MDR-Bericht [broken Link], Brauschweig-Bericht [broken Link]

6 Gedanken zu „RasenBallsport Leipzig vs. Eintracht Braunschweig II 4:0“

  1. Ergänzend zu deinen Ausführungen vielleicht noch folgendes angemerkt. Die 4er Kette stand passiv sehr gut, aber beim Umschalten in die Offensive wirkte vor allem Kläsener sehr ängstlich, manchmal schon fast hilflos. Der Blick ging dann sehr oft zurück zum Abwehrpartner, statt nach vorn in Richtung Mittelfeld. In der Folge gab es dann das hilflose und gefährliche Hin- und Herschieben des Balls vor dem eigenen Strafraum und ein, zumindest anfänglich, wildes Rotieren im Mittelfeld um vielleicht wieder eine Lücke zu öffnen. Schade, weil oftmals die Lücke schon da war, aber schlicht übersehen wurde oder man sich nicht zugetraute dahin zu spielen. Ängstlich halt.

    1. Das sah ich ähnlich, man hatte fast das Gefühl beim umschalten auf Angriff war er selber überrascht das die Offensive anrollt und wurde prompt hastig ausgebremst.
      Gerade am Ende mit einigen schnelle und richtig schönen Angriffen, flutschte es ansehnlich, aber Kläse hatte da nicht den großen Anteil dran. Sei es drum, hoffentlich alle bissl Selbstvertrauen geholt und einsetzen gegen den HSV. ABER der HSV ist eben nicht die Eintracht!

  2. Wobei ich die defensive Leistung der Abwehr nicht zu hoch hängen würde, immerhin ging es gegen eine Mannschaft, die seit dem ersten Spieltag sage und schreibe ein einziges Tor in der Fremde geschossen hatte und auch nicht durch Profis verstärkt wurde. Zu Min. 50% geht die ausgestrahlte Sicherheit m.E. auf die Kappe der überaus schwachen Offensive der Braunschweiger.

  3. Naja, Thomas Kläsener spielt aber schon solange wie ich ihn kenne in dieser Art. Und zwei, drei seiner Diagonalpässe übers ganze Feld auf Kammlott sahen auch recht hübsch aus. Insgesamt ist es aber sicher wahr, dass sich die Defensive und die Defensivorganisation der Mannschaft erst noch wird beweisen müssen. Da ist doch der HSV am Sonntag genau die richtige Aufgabe..

  4. Danke für den Review auf das Catering.

    Wir werden uns deiner Kritik annehmen und besser auf die Verteilung aufpassen.

    Grüße.
    CF

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